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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Nomenklatur – Nomotheten

Nomenklatūr (lat.), die Gesamtheit der auf einem Gebiet als Bezeichnungen geltenden Namen oder Benennungen; auch Namenverzeichnis ohne weitere Erklärung.

Nomen proprĭum oder Eigenname, s. Name und Personenname.

Nomentānus, Beiname des Johannes Crescentius (s. d.).

Nomĭna, Mehrzahl von Nomen (s. d.); im Rechnungswesen soviel wie Geld-, Schuldposten; N. actīva, ausstehende, N. passiva, zu zahlende Gelder.

Nomināl... (lat.), den Namen betreffend, nur dem Namen (nicht der Sache) nach; Gegensatz: Real....

Nomināldefinition, s. Definition.

Nominalismus (mittellat.), die philos. Ansicht, nach welcher die Allgemein- oder Gattungsbegriffe (Universalia) nichts Dingliches bezeichnen, sondern nur die Bedeutung der Benennung einer Klasse von Einzeldingen nach einem gemeinsamen Merkmal haben. Diese Meinung findet sich schon im Altertum bei den Cynikern, deren Haupt Antisthenes (s. d.) sie im Gegensatz zur Platonischen Ideenlehre entwickelte, dann bei den Stoikern, die sie von den Cynikern übernommen zu haben scheinen. Der Name entstand erst gegen Ende des 11. Jahrh., als Roscellin (s. d.) mit der Behauptung auftrat, die allgemeinen Begriffe (Universalien) seien nicht Sachen, sondern bloße Worte und Namen (nomina rerum oder flatus vocis), und das Einzelne sei das wahre Seiende. Dagegen behaupten die Realisten, die allgemeinen Begriffe seien der Wirklichkeit nach in den Dingen gegründet; dieselben würden als Realität dem Verstande gegeben und seien die Sachheit selbst. Die Lehre Roscellins wurde zu Soissons 1092 verdammt, und die Realisten wurden nun die herrschende Schule, die sich jedoch über denselben Streitpunkt wieder in Thomisten (s. Thomas von Aquino) und Scotisten (s. Duns Scotus) teilte. Im 14. Jahrh. wurde der N. erneuert durch den Franziskaner Wilhelm von Occam, einen Schüler des Duns Scotus, welcher dem N. den Sieg verschaffte. Später war namentlich England der Sitz des N.; die großen engl. Philosophen, wie Bacon, Hobbes, Locke, Berkeley, Hume, huldigten ihm zum Teil in extremer Weise. – Vgl. Baumgarten-Crusius, De vero scholasticorum nominalium et realium discrimine (Jena 1821); Exner, Über N. und Realismus (Prag 1842); Köhler, Realismus und N. in ihrem Einfluß auf die dogmatischen Systeme des Mittelalters (Gotha 1858); Barach, Zur Geschichte des N. vor Roscellin (Wien 1866); Löwe, Der Kampf zwischen dem Realismus und N. im Mittelalter (Prag 1876). (S. auch Scholastik.)

Nominālwert, Nennwert, der einer Münze oder einem Kreditpapier von dem Ausgeber beigelegte Wert, also gleichsam die äußere Bezeichnung, die er ihnen verleiht; dieser Betrag kann erheblich abweichen von dem Werte, welchen die Gegenstände ihrem innern Gehalte nach besitzen oder welchen der Ausgeber selbst dafür erhält (Emissionskurs) oder welchen die genannten Gegenstände im Verkehr behaupten (Marktpreis, Kurswert). Im Gegensatz zum N. nennt man den innern Wert der Münzen Real- oder Sachwert; er ergiebt sich, wenn man das in einer Münze enthaltene Edelmetall nach dem jeweilig geltenden Gold- oder Silberpreise berechnet.

Nominālzinsfuß, der sich aus dem Betrage der Zinsen im Verhältnis zum Nennwerte des betreffenden zinstragenden Papiers ergebende Zinsfuß; die Höhe der wirklichen Verzinsung ergiebt sich ↔ aus dem Verhältnis der Zinsen zum Emissionskurs, für den spätern Erwerber oder Kauflustigen aus dem Verhältnis der Zinsen zum Kurswerte des Papiers.

Nomĭna sunt odiōsa (lat.), s. Exempel.

Nominatio auctoris, s. Auctores nominatio.

Nomination (Nominatĭo regĭa, lat.), dem Namen nach Ernennung, der Sache nach Präsentation der Bischöfe durch das Staatsoberhaupt; denn erst mit der Einsetzung durch den Papst wird das bischöfl. Amt selbst erworben. Die N. besteht konkordatsgemäß in Bayern, Frankreich und Österreich, während sie prot. Staaten nicht gewährt wird. Das Staatsoberhaupt darf nur eine Person, welche den kirchenrechtlichen Erfordernissen genügt, zum Bischof «ernennen» (präsentieren). Der Papst ist bei Vorhandensein der kanonischen Voraussetzungen dann rechtlich verpflichtet, die Institution zu erteilen («dabit institutionem»); doch sind diese Erfordernisse teilweise so unbestimmter Art, z.B. besondere Tüchtigkeit, daß die Entscheidung doch so gut wie vollständig in das willkürliche Ermessen des Papstes gestellt ist, was sich wiederholt unter Pius IX. und auch unter Leo XIII. bei bayrischen N. zeigte.

Nominatīv (lat.), derjenige Casus, der im Satze das grammatische Subjekt bezeichnet oder das Prädikat, wenn dieses ein Nomen ist. (S. Casus.)

Nominéll, soviel wie Nominal (s. d.).

Nominieren (lat.), namhaft machen, ernennen (s. Nomination).

Nomokānon (grch.), in der griech. Kirche eine Sammlung auf kirchliche Verhältnisse bezüglicher Verordnungen, welche einerseits von den Synoden, andererseits von den Kaisern erlassen waren. Die berühmteste dieser Sammlungen ist die nach dem Patriarchen Photius von Konstantinopel benannte, aber schon aus dem 7. Jahrh. stammende und von Photius um 883 vollständiger herausgegebene. Dieselbe ist im 11. Jahrh. nochmals überarbeitet worden. Die beste Ausgabe ist von Kardinal Pitra in «Iuris ecclesiastici graecorum historia et monumenta» (Rom 1868). – Vgl. Zachariä von Lingenthal, Die griech. Nomokanones (in den «Mémoires de l’Académie impériale des sciences de St. Pétersbourg», 1877).

Nomokrătie (grch., «Gesetzesherrschaft»), im Gegensatz zu Autokratie (s. d.) die Regierungsform, der zufolge auch die Inhaber der Macht unter dem Gesetz stehen und nur dessen Vollstrecker sind.

Nomophylăkes (grch., «Gesetzeswächter»), eine in verschiedenen Staaten des alten Griechenland vorkommende Behörde, welche über die Aufrechterhaltung der gesetzlichen Vorschriften besonders in den beratenden Versammlungen zu wachen hatte.

Nomos (grch.), Name eines Verwaltungsbezirks im alten Ägypten (s. d., Bd. 1, S.241b) sowie (N. oder Nomarchie) im jetzigen Griechenland (s. d., Bd. 8, S.317b).

Nomos (grch., «Satz», «Weise»), ein Musikstück bei den alten Griechen, das auf der Kithara (Lyra) oder Flöte (Aulos) mit oder ohne Begleitung eines Sängers vorgetragen wurde und ursprünglich in 7 Teile zerfiel; zu seiner künstlerischen Ausgestaltung hat am meisten Terpander (s. d.) beigetragen. Auch Spätere, wie Kallimachus, haben vielleicht die alte Form des N. nachgeahmt.

Nomothēten (grch., «Gesetzgeber»), im alten Athen Name eines seit dem 5. Jahrh. v.Chr. meist am Beginn des attischen Jahres aus der Gesamtheit der Geschworenen (Heliasten) ausgewählten Aus-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 401.