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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Nordhausen-Erfurter Eisenbahn - Nordische Litteratur und Sprache

Kaiser Ottos I., ein Kloster. Die Stadt N. war reichsfrei und gehörte zum Niedersächsischen Kreise. Durch den Reichsdeputationshauptschluß verlor es 1803 seine Selbständigkeit und kam an Preußen. 1807 fiel es an das Königreich Westfalen und 1813 wieder an Preußen. - Vgl. Förstemann, Urkundliche Geschichte der Stadt N. (Nordh. 1828-40); ders., Kleine Schriften zur Geschichte der Stadt N. (Tl. 1, ebd. 1855); Lesser, Histor. Nachrichten von der ehemals Kaiserlichen und des Heiligen Römischen Reichs Freien Stadt N. (umgearbeitet und fortgesetzt von Förstemann, ebd. 1860); Girschner, N. und Umgegend (ebd. 1891); Beschreibende Darstellung der ältern Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen. Heft 11: Die Stadt N. (Halle 1887); Eckart, Gedenkblätter aus der Geschichte der ehemaligen freien Reichsstadt N. (Lpz. 1895); Lemcke, Führer durch N. und Umgebung (2. Aufl., Nordh. 1896).

Nordhausen-Erfurter Eisenbahn (69,11 km), 1867 genehmigte und 17. Aug. 1869 eröffnete Bahn, die 1887 nebst der 1874 eröffneten und 1882 von der Nordhausen-Erfurter Eisenbahngesellschaft erworbenen Saale-Unstrut-Bahn Straußfurt-Großheringen (52,77 km) verstaatlicht und der königl. Eisenbahndirektion zu Frankfurt a. M. unterstellt wurde.

Nordhäuser Korn, ursprünglich ein in Nordhausen, welches seit langen Jahren Sitz einer ausgedehnten Branntweinbrennerei ist, hergestellter reiner Kornbranntwein (s. d.). Der Ruf des N. K. ist darin begründet, daß vielfach noch nach altem Verfahren erst ein schwächerer Branntwein (Lutter) hergestellt wird, der nachher durch eine zweite Destillation (Wienen) verstärkt wird; es wird dadurch das eigentliche Aroma des Kornbranntweins besser erhalten. Meistenteils ist der als N. K. verkaufte Branntwein Kartoffelspiritus, dem durch Zusatz von Kornfuselöl oder allerhand künstlichen Gemischen ("Nordhäuser Korngrundstoff", "Nordhäuser Kornessenz", "Nordhäuser Kornwürze") ein dem echten N. K. ähnlicher Geschmack gegeben wird. Besonderer Wert wird bei dem echten N. K. auf das Alter der Ware gelegt, da ein abgelagerter, auf dem Fasse gereifter N. K. mildern Geschmack annimmt.

Nordhäuser Schwefelsäure, s. Schwefelsäure.

Nordholland, Provinz der Niederlande, die Halbinsel im W. vom Zuidersee und die Inseln Terschelling, Vlieland und Texel umfassend, bedeckt 2770 qkm mit (1892) 877896 E., d. i. 311 auf 1 qkm, davon 57 Proz. in Mittel- und Großstädten. 56 Proz. des Bodens sind Wiese, Wald nur 2,3, Feld nur 14 Proz. Gewaltige Dünen und Deiche schützen die fruchtbare Marsch vor Überflutung. Moore sind nicht selten (s. Haarlemer Meer). Landwirtschaft und Viehzucht sind hoch entwickelt, daneben Gartenbau, Leinenindustrie, Schiffbau und seine Nebengewerbe, Brennerei u. s. w. Die größten Städte sind: Amsterdam, Haarlem, Hoorn und Alkmaar. Geschichte s. Holland.

Nordhorn, Stadt im Kreis Grafschaft Bentheim des preuß. Reg.-Bez. Osnabrück, 5 km von der niederländ. Grenze, an der Vechte und dem Ems-Vechte-Kanal, aus dem hier der Südnordkanal abzweigt, an der Nebenbahn Bentheim-Neuenhaus (Bentheimer Kreisbahn), Sitz eines Hauptzollamtes, hatte 1890: 1899, 1895: 2041 E., darunter 497 Katholiken und 39 Israeliten, Post, Telegraph, Rektoratsschule; Baumwollspinnereien, drei Baumwollwebereien, Pappschachtel-, Mostrichfabrik, eine Cichoriendarre, Mahl- und Schneidemühlen, Ölmühle, Molkerei, Schiffbau und Handel mit Holz, Torf, fetten Schweinen, Kälbern, Schinken, Butter und Eiern.

Nordische Litteratur und Sprache. Unter den nordischen Sprachen versteht man die Sprachen der german. Bevölkerung des skandinav. Nordens. Sie gehören daher zu den german. Sprachen und bilden unter diesen, als die nordgermanischen (s. Germanische Sprachen, Bd. 7, S. 866 a) oder skandinavischen oder nordischen, gegenüber der gotischen und den deutschen, eine eigene Abteilung; mit der gotischen und den niederdeutschen (sächsischen, englischen, holländischen u. s. w.) stehen sie in ihren sog. tonlosen Konsonanten auf gleicher (der zweiten) Lautstufe; eigentümlich ist ihnen die Neigung für Suffixe, die im angehängten Artikel und im Passivum zu Tage tritt, wie andererseits der Mangel mancher, allen übrigen german. Sprachen gemeinsamen Präfixe: be-, ge- u. s. w. Unter dem Namen nord. Sprachen begreift man die schwedische, die dänische, die norwegische und die isländische. Diese Sprachen sind aus einer gemeinsamen Muttersprache hervorgegangen, die man das Urnordische zu nennen pflegt. In finn. Lehnwörtern und Runeninschriften sind Reste des Urnordischen erhalten. Erst seit dem 10. Jahrh. spaltet sich diese gemeinsame Sprache des Nordens in mehrere Zweige.

Die physischen wie die histor. Verhältnisse der skandinav. Länder und Inseln haben später jede ihrer Sprachen in mehr oder minder eigentümlicher Weise sich entwickeln lassen. Die isländische Sprache, d. i. die Sprache, welche man bei der Einnahme der Insel (874-930) mit aus Norwegen brachte und welche hier seit dem Ende des 12. Jahrh. durch umfängliche litterar. Anwendung zu fester Ausbildung gedieh, wird noch jetzt fast ganz in derselben Form gebraucht, wie sie sich in der isländ. Litteratur des 13. und 14. Jahrh. vorfindet. Die dänische Sprache empfängt teils infolge der Nachbarschaft, teils durch die Hansa, die Reformation, das oldenb. Regentenhaus, durch deutsche Litteratur und Wissenschaft so frühzeitig, so andauernd und in so intensiver Weise Einwirkung deutscher Sprache, der plattdeutschen wie der hochdeutschen, daß sie, wenig zwar auf grammatischem, um so mehr auf lexikalischem Gebiet den mindest nord. Charakter sich bewahrt hat. In geringerm Grade hat diesen deutschen Einfluß unter teilweise ähnlichen Verhältnissen die schwedische Sprache erfahren. Die norwegische Sprache ist bis zu Ende des 13. Jahrh. im Südwesten fast genau dieselbe wie die isländische, im Norden wie die schwedische, doch sie verliert als Schriftsprache bald ihre Ursprünglichkeit.

Fälschlicherweise bezeichnet man die Sprache der Litteraturdenkmäler des 13. und 14. Jahrh. als altnordische. Diese Bezeichnung müßte auch das Altdänische und Altschwedische mit umfassen, allein die Sprachdenkmäler dieser beiden Zweige, die sich schon in den ältesten Zeiten von den norwegisch-isländischen unterscheiden, begreift man fast nie in jenem Ausdruck. Was man Altnordisch nennt, ist namentlich die alte Sprache Islands und der westl. Bezirke Norwegens. Die alten Isländer selber nannten diese Sprache entweder im Bewußtsein ihrer Herkunft die norrœna, d. h. die norwegische (nicht nordische), demzufolge die heutigen norweg. Grammatiker sie die altnorwegische (oldnorsk) nennen, oder mit einem den lat. Autoren des Mittelalters entlehnten Ausdruck: dönsk tunga, wörtlich zwar: dän. Zunge, dem Gebrauche nach jedoch