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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Nordischer Krieg

Erst der Wikingerzeit gehört die Ausbildung der Valhöll an. Hierher führten auf Odins Beseht die Walkyren (Valkyrjur) die auf dem Walfelde Gefallenen, wo heiteres kampfreiches Männerleben ihrer harrte. Darum scheuten die Männer den Tod an Krankheiten (den Strohtod) und verwundeten sich lieber mit dem Ger, um nach Valhöll zu gelangen. Eigentümlich ist, daß die Wirksamkeit der Schicksalsgöttinnen, der Nornen, sich an den Göttern selbst wenig äußert. Es wird mehr von ihrem Einflusse auf menschliches Leben berichtet, so daß wohl anzunehmen ist, daß über sie in älterer Zeit viel verloren gegangen ist.

Die Formen der Götterverehrung waren auch im nord. Heidentume Gebet und Opfer. Je nach Wichtigkeit und Zweck brachte man Frucht-, Tier- oder Menschenopfer. Am höchsten stand unter den Tieren auch in dieser Hinsicht das Roß; der Genuß des Pferdefleisches galt daher nach der Bekehrung für heidnisch, um so mehr, als die heimlichen Heiden am schwersten hiervon ließen. In die Hauptzeiten des Jahres: zu Winteranfang, zu Mittwinter und im Sommer (Anfang oder Mitte), sielen die großen Festopfer für Segen im Felde, im Hause und im Kriege. Alle neun Jahre feierten die Schweden die höchsten und größten Opfer zu Upsala. Jeder Gott hatte sein geweihtes Tier, das bei seinen Tempeln gehegt ward. Der Gottheit selbst gehörte nur ein bestimmter Teil, das übrige Fleisch verzehrten die Opfernden im heiligen Schmause und spendeten dabei auch ein Trankopfer aus dem Erinnerungsbecher (minnis full, minnis horn, minnis veig, minnis öl). Jedes Familienhaupt brachte für sein Haus zu Zeiten Opfer; für die Gemeine oder den Gau thaten es die Vorsteher, für den Staat der König. In jedem Bezirke (fylki, herad) scheint ein öffentliches größeres Heiligtum bestanden zu haben, ebenso für ganze Länder. In dem prächtigen Tempel zu Upsalir war die Verehrung von Odin, Thor und Frey vereint, deren Bilder in dem prächtigen Bau standen. Auch sonst existierten Bildsäulen der nordgerman. Gottheiten, die man bei Übersiedelung nach andern Ländern mitzunehmen pflegte, ebenso kleine, als Amulett getragene Nachbildungen. Vor dem Bilde stand ein Gefäß mit Opferblut (hlautbolli) und einem Weihwedel. Einen besondern Priesterstand gab es nicht; der Oberste des Bezirks war zugleich Priester und leitete die ganze Opferfestlichkeit. Von Seherinnen (völur, spâkonur) und Zauberern war der Norden voll.

Die Grundzüge der N. M. sind die Erzeugnisse eines sang- und liederreichen Volks. Die Hauptmenge der Vorstellungen und Gestalten entspringt aus den Eindrücken der Natur, ein Teil aus sittlichen Begriffen. Die Phantasie schafft die Gestalten, und die Lust am Fabulieren findet die epischen Fäden, durch die sie miteinander in Beziehung gesetzt werden. Die physik. Methode in der Erklärung der Mythen geht zwar von dem richtigen Gedanken aus, daß die Natur die Hauptquelle der Mythen ist, allein sie irrt sehr stark darin, daß sie die Mythologie zu einer geheimen Astronomie und Physik macht. Diese Richtung ist unter Einfluß der Naturphilosophie des 19. Jahrh. mehr ausgebildet worden. Mone (Geschichte des Heidentums im nördl. Europa, 2 Bde., Lpz. und Darmst. 1822-23) und Finn Magnusen (Eddalæren og dens Oprindelse, 4 Bde., Kopenh. 1824-26; Priscae veterum borealium mythologiae lexicon, ebd. 1828) lösen die Mythen geradezu in symbolisierte astron. Lehren auf. Älter als diese Methode der Auslegung ist die euhemeristische, welche die Mythe in Geschichte zu wandeln strebt. Saxo Grammaticus und Snorre Sturluson waren Euhemeristen. Im 18. Jahrh. vertrat namentlich Suhm diese Auffassung. Genauere kritische Quellenkenntnis und richtigere Erwägung der mythenbildenden Vorgänge haben in unserer Zeit auch in Skandinavien richtigere mytholog. Anschauungen hervorgerufen. Ganz auf die entgegengesetzte Seite trat S. Bugge, indem er viele nord. Mythen für antik-christl. Mischung erklärte; er rief dadurch im Norden wie in Deutschland eine förmliche wissenschaftliche Revolution hervor.

Vgl. Munch, Nordmændenes Gudelære in Hedenold (2. Aufl., Krist. 1847); Keyser, Nordmændens Religionsforfatning i Hededommen (ebd. 1847); N. M. Petersen, Nordisk Mythologi (Kopenh. 1849; 2. Aufl. 1862); K. Maurer, Die Bekehrung des norweg. Stammes zum Christentum (2 Bde., Münch. 1855-56); H. Petersen, Om Nordboernes Gudedyrkelse og Gudetro i Hedenold (Kopenh. 1876); Rydberg, Undersökningar i Germanisk Mythologi (2 Bde., Stockh. 1886-90); S. Bugge, Studien über die Entstehung der nord. Götter- und Heldensagen (deutsch von Brenner, Münch. 1881-89); Mogk, German. Mythologie (in Pauls "Grundriß der german. Philologie", Bd. 1, Straßb. 1891); E. H. Meyer, German. Mythologie (Berl. 1891). Außerdem behandeln die deutschen Mythologien von Grimm und Simrock auch die nordische (s. Deutsche Mythologie).

Nordischer Krieg, der gleichzeitig mit dem Spanischen Erbfolgekriege (s. d.) im Norden und Osten Europas 1700-21 geführte Krieg zwischen Schweden auf der einen und Polen, Sachsen, Rußland und Dänemark, zuletzt auch Preußen und Hannover auf der andern Seite. Als 1697 der erst 15jährige Karl XII. zur Regierung von Schweden gelangte, vereinigten sich auf Antrieb des livländ. Edelmanns Patkul August II. von Sachsen und Polen, Peter I. von Rußland und Friedrich IV. von Dänemark zu einem Angriffskriege gegen Schweden. Karl XII. (s. d.) kam jedoch seinen Feinden zuvor. Zuerst wendete er sich gegen die Dänen und zwang Friedrich IV. durch einen Angriff auf Kopenhagen zu dem Frieden von Travendal 18. Aug. 1700. Hierauf eilte Karl mit 20000 Mann gegen die Russen und Polen, die auf Patkuls Vorschlag im Febr. 1700 Livland und im September Ingermanland angegriffen hatten, landete bei Pernau und warf sich, da das poln.-sächs. Heer vor ihm zurückwich, vorerst auf die Russen, deren 40000 Mann starke Armee er bei Narwa 20. Nov. mit seinem kleinen Heere von 8000 Mann schlug. Dann wendete er sich gegen die Polen und Sachsen, besiegte dieselben 19. Juli 1701 in der Nähe von Riga, brachte dadurch Kurland in seine Hände, eroberte nach den siegreichen Schlachten bei Klissow (19. Juli 1702) und Pultusk (1. Mai 1703) nach und nach ganz Polen und ließ nun zu Warschau 2. Juli 1704 an Augusts Stelle, den die Polen der Krone verlustig erklären mußten, den Wojwoden von Posen, Stanislaus Leszczynski, zum Könige wählen. Nach dem Siege seines Generals Renskiöld über die Sachsen unter Schulenburg bei Fraustadt, 13. Febr. 1706, drang er durch Schlesien in Sachsen ein und nötigte den König August im Frieden zu Altranstädt, 24. Sept. 1706, auf die poln. Krone zu verzichten.