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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Norwegen

Fiskevär), welche oft nur aus wenigen Wohnhäusern bestehen, die aber, wenn sie zu ansehnlichern Ortschaften erwachsen, vom Storting zu Städten erhoben werden. Im Innern des Landes müssen sich die Ansiedelungen der Landbauer ebenfalls nur auf gewisse Punkte beschränken, wo Boden und Klima den Ackerbau gestatten. Aber auch diese Plätze gewähren selten Raum für größere Ansiedelungen, und es giebt nur bei den Bergwerken, Hüttenwerken, Sägemühlen u. dgl. größere Anhäufungen menschlicher Wohnungen (Dörfer). Die übrige Bevölkerung wohnt in isolierten Höfen und Gütern, die in manchen Gegenden meilenweit getrennt, in den engen Thälern aber gewöhnlich nahe aneinander liegen. Mehrere dieser Gehöfte sind zu einem Kirchspiel (Sogn) verbunden, von denen wiederum gewöhnlich mehrere eine Pfarrei (Prestkald) bilden. Ein Kirchspiel oder eine Pfarrei bildet eine Kommune oder Gemeinde (Herred), die ihre innern Angelegenheiten selbständig verwaltet, aber den obersten Behörden von dieser Verwaltung Rechenschaft ablegt.

Landwirtschaft. Infolge der durchaus gebirgigen Natur und nördl. Lage des Landes sind seine Produkte nicht sehr mannigfaltig. Der Ackerbau wird von etwa der Hälfte der Bevölkerung als Hauptbeschäftigung betrieben; doch vermögen nur einige der südl. Ämter und von den nördlichen die beiden Throndhjem die Bedürfnisse ihrer Bewohner zu befriedigen; Hedemarken, Akershus, Smålenene und Kristiansamt haben in ihrer Produktion gewöhnlich Überschuß. Die übrigen Landstriche bedürfen selbst in guten Jahren der Zufuhr vom Auslande. Die Getreideeinfuhr beträgt im jährlichen Durchschnitt beinahe die Hälfte des Bedarfs. Acker- und Wiesenland wird auf etwas über 900000 ha oder nicht ganz 3 Proz. des ganzen Areals geschätzt. Das Klima gestattet den Ackerbau überall, wo die Höhe des Landes nicht unüberwindliche Hindernisse in den Weg legt. Es waren angebaut (1892) mit Weizen 4245 ha, mit Roggen 13372, mit Gerste 49409, Hafer 93003, Kartoffeln 35769 ha. Sehr beschränkt sind Obst- und Gartenbau. Zwar reifen in den südl. Thälern sowie in geschützten Stellen an den Fjorden der Westküste bis über den 64. Grad hinaus noch edle Obstarten, aber der Gesamtertrag ist gering. N. besaß (1891) 150873 Pferde, 1005203 Rinder, 1412488 Schafe, 272721 Ziegen, 120937 Schweine und 167774 Renntiere. In den Gegenden, die für den Ackerbau nicht geeignet, bildet die Viehzucht einen selbständigen Nahrungszweig und wird im Gebirge, wie in den schweiz. Alpen, in Sätere (Sennereien) auf halbnomadische Weise betrieben. Die norweg. Pferde sind klein, aber kräftig, besonders die des Gudbrandsdalen. Die Zucht des Rindviehs, das ebenfalls kleinen Schlags, wird bis in den äußersten Norden betrieben. Die Schafe sind fleischig, tragen aber nur grobe Wolle. Während der letzten Jahre ist die Viehzucht und die Butter- und Käsebereitung (360 Meiereien) in hohem Grade verbessert worden; doch ist auch hier Einfuhr notwendig.

Forstwirtschaft. Der Gewinn, den in dem südlichen N. die trotz der schlechten Forstwirtschaft noch immer bedeutenden Wälder gewähren, ist ansehnlich; 67905 qkm sind mit Wald bewachsen. In den Fjelden herrscht arktische Flora, meist eintönig und arm an Arten, das Gestein oft weithin nur mit grauen Flechten bedeckt; aber an sieben im Lande zerstreuten Flecken ist eine bunte Dryas-Formation bis nach dem berühmten Dovrefjeld entwickelt. An der Küste im milden Seeklima reichen kultivierte Holzgewächse merkwürdig weit nach Norden. An der entwaldeten Westküste brennt man Torf, und auch die Einfuhr von Steinkohlen, besonders aus England, nimmt alljährlich zu. Die Wälder bestehen vorzugsweise aus Kiefern (73 Proz.) und Tannen, daneben aus Eichen, Eschen, Erlen und Birken, im Amte Jarlsberg und Laurvik kommen sogar Buchen vor. Eine Menge Pelztiere (Bären, Wölfe, Füchse, Luchse, Vielfraße, Fischottern u. s. w.) sowie Seehunde an den Küsten gewähren eine ansehnliche Ausbeute für den Handel. Von viel geringerer Bedeutung ist die Jagd der einheimischen grasfressenden Tiere, des Elens, Renntiers, Hirsches u. s. w., und des kleinern Vogelwildbrets (z. B. Schneehühner). Zu erwähnen ist ferner die Jagd auf Walrosse, auch Walfische, Eisbären u. s. w., welche bei Spitzbergen getrieben wird. Gewinnreich ist auch die Einsammlung der wertvollen Dunen der Eidergänse und anderer Wasservögel. Viele centraleurop. Tiere erreichen in den verschiedenen Teilen N.s ihre Nordgrenze, doch gehen sie im allgemeinen weiter nach Norden als in dem benachbarten Schweden.

Fischerei. Eine der Hauptnahrungsquellen ist die Fischerei; sie liefert neben den Waldprodukten den wichtigsten Ausfuhrartikel. Der Fang wird im Innern des Landes auf den vielen Seen und Flüssen zum Hausbedarf, an der ganzen Küste in den zahlreichen Fjorden und innerhalb des schützenden Gürtels der Schären getrieben, ist aber vorzüglich als Hochseefischerei auf Kabeljau oder Dorsch und Hering von Bedeutung. Hauptsächlich findet die Seefischerei in den Monaten Februar und März zwischen den Lofoten und dem Festlande in dem großen Vestfjord, dem besten Fischplatz Europas, statt. Ende Januar versammeln sich hier aus allen Gegenden 20-30000 Fischer mit mehr als 5000 Booten, welche nach besondern Gesetzen ihr Geschäft betreiben und ein eigentümliches Leben auf den rauhen, öden Felsinseln führen. Weniger wichtig ist die Sommerfischerei des Kabeljaus, welche man Loddefischerei nennt, weil der Lodde (Mallotus villosus Müller) dann an die Küste kommt und von dem Kabeljau (Dorsch) gejagt wird. Die Heringsfischerei im Januar und Februar hat jetzt beinahe ganz aufgehört, während der Fang im Sommer sehr wichtig geworden ist. Außerdem erstreckt sich der Fang noch auf andere Fische (z. B. Heiligbutten, Lachse, Lengen, Makrelen, Anchovis u. s. w.), sowie auf Austern, Hummern und Krabben. Im ganzen beschäftigt die Fischerei auf Kabeljau und Hering (1891) 125966 Personen. Gefangen wurden (1892) 63 Mill. Dorsche, 460000 hl Frühjahrs- und Winterhering und 935000 hl Fetthering, ferner Makrelen im Werte von 600000 Kronen und 3409 Wale, die 52000 t Thran ergaben. Beim Seehundsfang wurden 98786 Felle und 18900 Fässer Speck erbeutet.

Die Industrie im engern Sinne hat eine nur geringe Entwicklung. 1890 wurden in sämtlichen Fabriken 60000 Arbeiter beschäftigt, davon 14000 bei der Veredelung von Holzwaren, 8000 in der Textilindustrie, 4000 in der Metallindustrie, 4000 in Ziegeleien u. s. w. Es gab 1892: 54 Holzschleifereien, 16 Fabriken stellten Holzmasse auf chem. Wege dar; die Papiermühlen lieferten 25000 t Papier, von den 374 Sägewerken und Hobeleien