Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

490
Oberammergau - Oberbayern
Oberammergau, Dorf im Bezirksamt Gar-
misch des bayr. Reg.-Bez. Oberbayern, im Ammer-
gau, rechts an der Ammer (Amber), in einem Thale
des Ambergebirges, an der Nebenlinie Murnau-
Garmisch-Partenkirchen der Lokalbahn-Aktiengesell-
schaft, hat (1890) 1366 kath. E., Posterpedition, Te-
legraph, eine Oberförsterei, sowie Fabrikation von
Schnitzarbeiten in Elfenbein und Holz. Westlich
von Ö. auf einem Hügel am Fuße des Sonnen-
bergs erhebt sich eine gewaltige Kreuzigungsgruppe
(Christus mit Maria und Johannes), ein Werk
Halbigs in München aus dem I. 1875, ein Ge-
schenk König Ludwigs II. O. ist bekannt durch die
dramat. Darstellungen aus der Leidensgeschichte
Christi (s. Vauernspiele, Mysterien und Passions-
spiele), die seit einem von den Vorfahren bei der
Pest von 1634 gethanen Gelübde alle 10 Jahre (zu-
letzt 1890) während des Sommers im Freien aufge-
führt werden. Sie beruhen auf der Passion Seb.
Wilds (s. d.). Etwa 500 Personen wirken bei der
Aufführung mit. Das Theater wird am nördl. Ende
des Ortes aufgeschlagen. Die Mittclbühne und seit
neuester Zeit auch der Zuschauerraum (6000 Per-
sonen fassend) sind bedeckt. Die Darstellung dauert
7-8 Stunden, öfters ohne Unterbrechung. Das
Ganze ist halb Gottesdienst, halb Volksfest. Auch
in den Jahren, die zwischen den Passionsaufführun-
gen liegen, werden die Kräfte dafür künstlerisch ge-
schult und in jedem Sommer eine Reihe theatralischer
Aufführungen veranstaltet, in denen meistens alt-
testamentliche Legenden behandelt sind. - Vgl. E.
Devrient, Das Passionsschauspiel in O. (3. Aufl.,
Lpz. 1880); Stern, Die Passionsspiele in O. (ebd.
1878); Aug. Hartmann, Das Oberammcrgauer
Passionsspiel in seiner ältesten Gestalt zum ersten-
mal herausgegeben (ebd. 1880); H. Holland, Die
Entwicklung des deutschen Theaters im Mittelalter
und das AmmergauerPassionsspiel (2. Aufl., Münch.
1890); K. Trautmann, O. und sein Passionsspicl
(3. Aufl., Vamb. 1890); G. Huyssen, Das Ober-
ammergauer Passionsspiel geschichtlich, religiös und
ästhetisch beleuchtet, mit Vorwort von Fabri (2. Aufl.,
Barm. 1890); Kelber, Das kath. Passtonsspiel in O.
und das prot. Christusdrama (Stuttg. 1890); Ge-
samttext des Oberammergauer Passionsspiels von
1890 (Münch. 1890); D. A. Ludwig, Das Ober-
ammergauer Passionsspiel (Davos 1891).
Oberamt, in Württemberg das unterste Ver-
waltungsorgan; die O. bilden Amtskorporationen,
welche durch die Amtsvcrsammlungen (zusammen-
gesetzt aus Repräsentanten der Oberamtsstädte
und der übrigen Orte) vertreten werden, mit be-
ratenden Funktionen. Zugleich verwalten sie das
Vermögen der Korporation; der vorstehende Beamte
ist der Oberamtmann. In H oh enz ollern haben
der Obcramtmann, die Amtsversammlung und der
Amtsausschuß ähnliche Funktionen wie in Preußen
der Landrat, die Kreisversammlung und der Kreis-
ausschuß. In Preußen und einigen kleinern nord-
deutschen Staaten werden die Titel Amtmann, Ober-
amtmann, Amtsrat an verdiente und angesehene
größere Landwirte verliehen, da früher der Amt-
mann und Oberamtmann auf der von ihm verwal-
teten oder erpachteten Domäne die Polizei ausübte.
Oberamtsbezirk, s. Bezirk.
Oberamtsrichter, s. Amtsrichter.
Oberamtstierärzte, s. Tierheilkunde.
Oberappellationsgericht, Obertribunal,
Oberhofgericht, der höchste Gerichtshof für Civil-
und Strafsachen in den einzelnen deutschen Staaten.
Ein solcher bestand zum Teil schon zur Zeit des alten
Deutschen Reichs in denjenigen Staaten, welche
von der Rechtsprechung der Reichsgerichte durch ein
Privilegium äe non appLiIanclo erimiert waren,
teils wurden sie nach Art. 12 der Deutschen Vundes-
akte, welcher den einzelnen Ländern die dritte In-
stanz garantierte, eingerichtet. Es bestanden das (bis
1848 Geheime) Obertribunal und der, später mit dem
Obertribunal vereinigte Rheinische Kassationshof zu
Berlin; das O. und der Kassationshof für den Rhein-
kreis (später Oberster Gerichtshof) zu München, das
O. zu Dresden, das zu Celle, das Obertribunal zu
Stuttgart, das Oberhofgericht zu Maunheim, das
O. zu Cassel, das O. und der Kassationshof zu Darm-
stadt, das O. zu Wiesbaden, das zu Wolfcnbüttel,
der Oberste Gerichtshof zu Luxemburg, das O. zu
Kiel, das zu Oldenburg, und für Österreich der Oberste
Gerichtshof zu Wien. Als gemeinschaftliches O. für
die thüring. Staaten (später auch Anhalt) das zu
Jena, für die beiden Mecklenburg das zu Rostock,
früher zu Parchim, für Anhalt und Schwarzburg bis
1848 das zu Zerbst, für die vier Freien Städte das
zu Lübeck. Infolge der Ereignisse des 1.1806 wurde
für die preuß. neuen Provinzen zunächst ein O. zu
Berlin errichtet, welches später mit dem Obertribunal
vereinigt wurde. Infolge der 1. Okt. 1879 ins Leben
getretenen Iustizgesetze (s. d.) wurden die sämtlichen
höchsten Gerichtshöfe der zum Deutschen Reich gehöri-
gen Einzelstaaten aufgehoben; nur behielt Bayern
sein Oberstes Landesgericht für diejenigen Civil-
sachen, für welche nicht bereits das Reichsober-
handelsgericht (s. d.) zuständig gewesen war. Eine
Auswahl der Entscheidungen ist veröffentlicht, u. a.
für das Obertribunal Berlin: Oppenhoff, Recht-
Mcchung des Obcrtribunals in Strafsachen (20Bde.,
Berl. 1861-79); Entscheidungen des Obertribu-
nals (83 Bde., ebd. 1837-79);'Striethorst, Archiv
für Rechtsfälle aus der Praxis des Obertribunals
(100 Bde., ebd. 1851-80); Rehbein, Die Entschei-
dungen des vormals Preußischen Obertribunals
(4 Bde., ebd. 1884 - 95; 2. Aufl., ebd. 1896 fg.);
vgl. ferner Seuffert, Archiv für Entscheidungen der
obersten Gerichte in den deutschen Staaten (in Civil-
sachen; München seit 1847).
Oberbaden, Stadt, s. Baden (Bd. 2, S.274K).
Oberbahnämter, s. Eisendahnbehörden.
Oberbarnim, Kreis im preuß. Neg.-Bez. Pots-
dam, hat 1213,47 likm und 1890: 84018, 1895:
87173 (42951 männl., 44222 weibl.) E., 5 Städte,
97 Landgemeinden und 64 Gutsbezirke. Sitz des
Landratsamtes ist Freienwalde a. O. (s. d.).
Oberbau, s. Kochbau.
Oberbayern, früher Isarkreis, Regierungs-
bezirk im Königreich Bayern, besteht aus dem alten
Herzogtum O., dem Bistum Freising, der abgesondert
an der Loisach gelegenen Grafschaft Werdenfels, der
gefürsteten Propstel Verchtesgaden, der Grafschaft
Haag, der Herrfchaft Hohen-Waldeck und Teilen
des Erzbistums Salzburg, und grenzt im O. an
Oberösterreich und im S. an Salzburg und Tirol.
Die Hauptflüsse sind die Isar mit Loisach, Amper
und Wurm, Inn mit Leitznach (Mangfall), Isen,
Alz (Traun) und Salzach, Lech und Donau; die be-
deutendsten Seen sind Chiemsee, Wurm- oderStarn-
berger See, Tegern-, Königs-, Walchen-, Schlier-,
Kochet-, Ammer-, Staffel- und Eibsee. Der nördl.
Teil ist Flachland mit torfreichen Mooren bei Dachau,
Maisach, Erding und Freising; der ganze Süden ist