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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Österreichisch-Ungarische Monarchie (Geologisches. Gewässer)

Das Rückgrat und die Verbindung der einzelnen Länder der Ö. M. bildet das Alpensystem im weitern Sinne mit dem größten Teil der Ostalpen (s. d.), den Karpaten (s. d.) und einem Teile der Dinarischen Alpen (s. Dinara). Von den mächtigen Senkungsgebieten, die den Innenrand des Systems begrenzen, gehören hierher nur die ungar. Tiefebenen (s. unten). Außerhalb des genannten Systems, davon getrennt durch das tertiäre ober- und niederösterr. Hügelland und die Marchebene, liegt das böhm. Massiv, das Böhmen gegen Deutschland abschließt, und im S. der Karst (s. d.), mit dem die ähnlich gebaute Halbinsel Istrien (s. d.) durch den Tschitschenboden zusammenhängt.

Die größten Ebenen dehnen sich in Ungarn aus, wo sich die große ungar. Tiefebene längs der Donau und Theiß über 93600 qkm erstreckt. Durch den Bakonyer Wald und das Vertesgebirge ist von dieser die kleine ungar. Tiefebene geschieden, welche sich längs der Raab und Waag ausbreitet, während sich jenseit des Leithagebirges und der Kleinen Karpaten das Wiener Becken und das Tullner Feld sowie die Marchebene hinzieht. Ebenen von geringerer Ausdehnung begleiten auch die Elbe, die Weichsel und ihre Zuflüsse sowie den Dnjestr in Galizien, ferner die Drau und die Save an ihrem Unterlaufe in Kroatien und Slawonien. (Hierzu: Physikalische Karte von Österreich-Ungarn.)

Geologisches. Sämtliche Formationsgruppen sind in der Ö. M. vertreten. A. Die archäischen Formationen bilden teils als Gneis- oder als krystallinische Schiefer die wesentlichste Formation der Centralalpen in ihrem ganzen Zuge von der Schweiz bis zum Wechsel und Bachergebirge, ferner abwechselnd mit Granit, Porphyr und andern ältern Massengesteinen das hercynisch-sudetische Gebirgsmassiv, das sich nördlich von der Donau über das ganze südl. Böhmen ausbreitet. Ferner bilden diese Formationen das Erz-, Fichtelgebirge, die Sudeten, den Böhmisch-Mährischen Höhenzug, in dem Karpatensystem die Tatra, das Ungarische Erzgebirge, den größten Teil der Gebirgsumrandung Siebenbürgens, insbesondere die Transsylvanischen Alpen und das Siebenbürgische Erzgebirge. An vielen andern treten diese Formationen isoliert auf und sind fast überall reich an Erzen und nutzbaren Mineralien. B. Von den paläozoischen Formationen sind hervorzuheben: 1) Die Silurformation, welche namentlich in Böhmen (das berühmte Silurbecken zwischen Prag und Klattau, 141 km lang, zwischen Přibram und Rakonitz 59 km breit, mit den Blei- und Silbererzlagern von Přibram) als Grauwackenzone in den Nordalpen (der Erzberg bei Eisenerz in Steiermark), ferner in den Südalpen in Kärnten und Krain und in Ostgalizien sowie Siebenbürgen vorkommt. 2) Die Devonformation tritt namentlich im Mährischen Gesenke, bei Olmütz und bis Lösch bei Brünn auf, in den Alpen am Semmering und Wechsel und in der Umgebung von Graz, dann in Galizien. 3) Die Steinkohlenformation ist hauptsächlich verbreitet im mittlern und westl. Böhmen (Schlan-Rakonitz-Kladnoer Becken, das Pilsener Becken und die benachbarten Ablagerungen bei Miröschau, Manetin, Radnitz), dem nordöstl. Böhmen (Schatzlar-Schwadowitzer Revier als Teil des preuß. Gleiwitz-Waldenburger Beckens), in Mähren (Rossitzer Revier), Schlesien (Ostrau-Karwiner Revier, ein Flügel des großen oberschles. Beckens), in Galizien (bei Jaworzno, Dombrowa und Siersza), Steiermark (bei Turrach), Ungarn (bei Eibenthal im Banat). 4) Die Dyasformation (und zwar das Rotliegende) kommt in Böhmen am Fuße des Riesengebirges (die "versteinerten Wälder" bei Radowenz, s. d.), im Pilsener Becken, bei Budweis, nördlich von Prag, in Mähren zwischen Senftenberg und Krumau, als Verrucano in den Alpen, als rote Sandsteine in den Karpaten vor. C. Mesozoische Formationen. 5) Die Triasformation bildet zum größten Teil die mächtigen Kalk- und Dolomitmassen der nördl. und südl. Kalkalpen und enthält die Salzstöcke von Ischl, Aussee, Hallstatt, Hallein, Hall in Tirol, die Blei- und Zinkerze von Bleiberg und Raibl in Kärnten, die Quecksilberlager von Idria in Krain u. s. w. Die Triasgebilde treten auch vielfach in dem Karpatensystem auf und bilden das Plattensee- und Bakonyer Waldgebirge. 6) Die Rhätische Formation ist sehr bedeutend in den nördl. und südl. Alpen, namentlich als Dachsteinkalk im Dachstein, Predil, Mangart, Triglav oder als Hauptdolomit in den Süddolomiten Tirols. 7) Die Juraformation tritt in den nördl. Kalkalpen, in Mähren und in den Karpaten, insbesondere im Krakauer Gebiete auf, und in Ungarn, wo die Kohlenlager von Fünfkirchen und Steyerdorf (Banat) dem Jura angehören. 8) Die Kreideformation kommt in ebendenselben Gebieten, dann in Böhmen und Schlesien vor und bildet zum größten Teile das Karstplateau. Auch gehören ihr der Wiener Sandstein und die kohlenführenden Gosauschichten an. Eine große Verbreitung hat die Kreideformation in Ostgalizien, wo sie mit jener in Rußland zusammenhängt. D. Känozoische Formationen. 9) Die Eocänformation nimmt als Nummulitenkalk und als Flysch großen Anteil an der Gebirgsbildung der Nord- und Südalpen, des Karst und der Dinarischen Alpen Dalmatiens sowie der Karpaten (Karpatensandsteine). 10) Die Neogenformation füllt einen großen Teil der Becken zwischen den Gebirgen aus und bildet insbesondere das Becken von Wien. Sowohl die Basaltgebirge Böhmens als die Trachyte Ungarns haben diese Formationen an vielen Stellen durchbrochen, welche die altberühmten Gold- und Silberbergbaue bei Kremnitz, Schemnitz, Nagy-Banya, Felsö-Banya und im Siebenbürgischen Erzgebirge enthalten. Dieser Formation gehören auch die Salzlager von Galizien (Wieliczka) und Siebenbürgen und die zahlreichen Braunkohlenablagerungen insbesondere in Böhmen, Steiermark und Ungarn an. 11) Die Diluvial- und Alluvialformation erfüllt die Flußthäler und die bereits oben erwähnten Ebenen der Monarchie.

Gewässer. 1) Flüsse. Es entspringen in Österreich folgende Hauptflüsse Europas: Elbe, Oder, Weichsel, Dnjestr und Etsch. 75 Proz. der Monarchie gehören zum Flußgebiete der Donau. Der Rhein berührt nur an der westl. Grenze Österreich und hat in Vorarlberg ein kleines Flußgebiet. Der Dnjepr hat durch seinen in Ostgalizien entspringenden Zufluß Styr nur geringen Anteil an der Monarchie. Die Donau (s. d.) fließt von Passau bis Orsova (1372 km) mitten durch das Reich und nimmt hier ein Flußgebiet von 407418 qkm ein, d. i. fast die Hälfte ihres gesamten Stromgebietes. Die Elbe (s. d.) entwässert Böhmen. Die Oder (s. d.) verläßt bald, nachdem sie vorher die Oppa aufgenommen, das Reich. Die Weichsel bildet den Grenz-^[folgende Seite]