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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Pflug

wichtig, weil bei diesen die Tief- und Flachstellung des P. hiermit verbunden werden muß.

Es lassen sich die verschiedenen Pflugwerkzeuge folgendermaßen einteilen: 1) Unvollkommene P. oder Haken (Hakenpflüge), die den Boden bloß aufwühlen; hierzu gehört auch der Untergrundpflug, welcher in einer vom P. aufgeworfenen Furche folgt und die Sohle derselben noch um 15‒20 cm tief lockert, ohne den gekrümelten Boden an die Oberfläche zu bringen. 2) Vollkommene P., welche ihn zugleich wenden und mischen. Letztere teilen sich wieder in a. Steilwender mit kurzer Spannung oder steiler Schraubenwindung des Streichbretts; b. Flachwender mit völlig geradem oder langgespanntem, in gedehnter Krümmung gewundenem Streichbrett; c. Krümelpflüge, die das losgeschnittene Erdreich nur zerkrümeln und mischen. Beispiele der ersten Bauart sind der Hohenheimer, der Dombaslesche, der Thaersche, der engl. Schwingpflug (s. Tafel: Landwirtschaftliche Geräte und Maschinen Ⅰ, Fig. 7); der zweiten: die engl. Pflüge von Ransomes, Howard, Busby, die deutschen Pflüge mit geradem Streichbrett; der dritten: der böhmische Ruchadlo, der Wanzlebener P. u. s. w. Als Tiefkulturpflüge (Fig. 10) bis zu 40 cm sind bekannt der erwähnte Wanzlebener P. und der Sacksche Universalpflug, der nach Abnehmen des Schars auch als Grubber oder Häufelpflug dienen kann. Im allgemeinen werden die P. ferner eingeteilt: A. Nach der vorhandenen oder fehlenden Unterstützung des Grindels (Pflugbaums) in a. Schwingpflüge (Fig. 7) ohne jede Stütze; b. Stelzpflüge mit einer Stelze oder einem Schuh als Stütze des Vordergrindels; c. Räder- oder Karrenpflüge. Letztere teilen sich wieder in solche mit Vordergestell oder Pflugkarre und in solche mit am Grindel befestigten Laufrädern, B. Nach dem Umlegen des Feldes in Beete oder in glatte Flächen in d. Beetpflüge mit festem Streichbrett, also bloß nach einer Seite hin wendend, und e. Glattpflüge oder Kehrpflüge, auch Wendepflüge (Fig. 12) genannt, weil das Streichbrett auf jeder Seite des P. umgestellt werden kann (für hügeliges Terrain), mit versetzbarem Streichbrett oder Pflugkörper, die Furche neben Furche ohne Trennung legen. C. Nach der Anzahl der Schare in f. einscharige P.; g. Doppelpflüge; h. mehrscharige P. (Fig. 6). Endlich D. nach der Zahl der Streichbretter in entgegengesetzter Richtung nebeneinander in i. Doppelstreichbrettpflüge; k. mehrscharige Häufelpflüge (Fig. 1). Es dienen dieselben zum Anhäufeln der Kartoffeln und Rüben, indem sie Kämme und Furchen auf dem Acker bilden. Unter Schälpflügen versteht man entweder die mehrscharigen P., welche zur Stoppelumkehrung benutzt werden, oder seicht gehende P. zum vollständigen Umkehren alter Wiesen- oder Weidenarbe.

Die Bewegung des P. geschieht durch Gespanne (Ochsen oder Pferde), neuerdings aber auch mittels der Dampfkraft (s. Dampf-Bodenkultur). Der hierbei angewendete Balancierpflug hat 3 oder 5 Pflugkörper, welche auf einen im stumpfen Winkel zusammenstoßenden eisernen Rahmen befestigt sind, so daß, wenn der eine Schenkel durch das Gewicht des Führers herniedergedrückt ist und arbeitet, der andere frei nach hinten über dem Boden schwebt. (S. Tafel: Dampf-Bodenkultur, Fig. 1.) P. für besondere Zwecke sind der Drainier- oder Maulwurfspflug (s. Tafel: Drainierung, Fig. 10) und der Weinbergspflug, ein schmal gebauter einspänniger P., der zur Lockerung des Bodens zwischen den Rebenreihen dient und durch Einsetzen von Grubberzinken zum Krümeln des Bodens und Vertilgung des Unkrauts sowie durch Anbringung von Häufelscharen zum Anhäufeln der Weinstöcke benutzt werden kann. Die Tiefe der Pflugfurche richtet sich nach den Kulturpflanzen; 5‒15 cm heißt flaches oder frühes Pflügen, 15‒20 gewöhnliches und 20‒40 cm tiefes Pflügen, von 30 cm an bezeichnet man die Umkehrung des Bodens als Rajolen (Rigolen). Die Breite der gewöhnlichen Pflugfurche ist 20‒30 cm, breiter beim Flachpflügen, bei der Tiefkultur schmaler. Die Arbeitsleistung der P. richtet sich nach der Tiefe und der Bodenbeschaffenheit; die mittlere Leistung eines zweispännigen P. ist zu 0,5 ha in 10 Arbeitsstunden anzunehmen, mit dem vier- oder sechsspännigen Rajolpflug werden höchstens 0,3 ha umgewendet. Die Preise der P. sind selbstverständlich nach Konstruktion und Material sehr wechselnd; ein Rajolpflug mit Karre etwa 27‒30 M.; englische P. mit Schälschar ganz aus Eisen 90 M.; desgleichen deutsche ganz von Stahl und Eisen konstruierte Rajolpflüge; ein gewöhnlicher P. mit eisernem Streichbrett und Stahlschar etwa 20 M.; Häufelpflug von Eisen 30 M.; mehrscharige P. 50‒70 M.; Untergrundspflug oder Wühler 15‒40 M.

Die Erfindung des P. ist in das graue Altertum zurückzuführen, und viele Abbildungen auf Münzen und Wandgemälden aus Ägypten, Griechenland und Italien zeigen seine allmählichen Wandlungen und Verbesserungen. Die ältesten Pflugkonstruktionen sind alle Haken, wie sie z. B. noch heute im Orient üblich sind; sie bestehen aus einem gekrümmten Baum- oder Wurzelast ohne Streichbrett vorn an der Spitze, die die Schar vorstellt, mit Eisen beschlagen und mit einer Sterze zum Führen versehen. Das nach vorn gehende obere Ende des gekrümmten Astes wurde mit dem Joch der Zugtiere verbunden. Die Römer kannten schon Streichbretter (aures) zum Seitwärtsdrücken der gelockerten Erde. Der gallische P. zeigt gleich bei seinem Auftreten ein versetzbares Streichbrett und ein Rädervorgestell. Durch das ganze Mittelalter hindurch ist dieser gallische oder deutsche P. teils mit hölzernem feststehendem, teils in Gebirgsgegenden mit versetzbarem Streichbrett in Gebrauch. Die slaw. Völkerschaften benutzen den Haken, der teilweise auch noch in Deutschland in Gebrauch ist (Mecklenburg) und sich in eigentümlicher Form in Ostpreußen als die zweischarige Zoche (s. d.) erhalten hat. Der große Fortschritt im modernen Pflugbau geschah in England um das Ende des 18. Jahrh. Das Streichbrett wurde aus Eisen konstruiert und mit der Windung eines Schraubenmuttersegments vergehen, wodurch eine vollständige Wendung des durch die Schar abgeschnittenen Erdstreifens ermöglicht wurde. Die neuesten Verbesserungen des P. bestehen im Ersatz der Holzteile durch Schmiedeeisen oder Stahl, Anordnung mehrerer Pflugkörper in einem Gestell und rationellere Windung des Streichbrettes aus gepreßten Stahlplatten, um je nach Bedarf die Pflugarbeit den verschiedenen Bodenarten anzupassen, d. h. den Boden mehr zu krümeln und zu mürben, oder die Furchen glatt umzukehren und nebeneinander zu legen.

Vgl. Rau, Geschichte des P. (Heidelb. 1845); Ritter von Kleyle, Der P., der Anhäufler und der