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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Phalaris – Phänomen

von den innern lederartig glänzenden Spelzen fest umschlossen, dienen zum Futter für Canarien- und andere Vögel. Die gleiche Verwendung finden auch einige andere ebenfalls in Südeuropa wachsende Arten, wie P. aquatica Ait. und P. paradoxa L.

Phalăris, ein Herrscher (Tyrann) von Akragas (Agrigent) auf Sicilien; seine Regierung wird in die J. 570‒554 v. Chr. gesetzt. P.’ Gestalt ist von der Überlieferung durch allerhand romanhafte Züge entstellt, man wirft ihm Grausamkeit vor; er soll die Verurteilten in einem ehernen Stier gebraten haben, darunter den Erfinder des Marterwerkzeugs selbst. Der Stier wurde dann angeblich von den Karthagern bei der Eroberung von Akragas geraubt und von Scipio bei der Zerstörung Karthagos (146 v. Chr.) dort wieder aufgefunden. Unter P.’ Namen sind 148 Briefe erhalten (hg. von Hercher in den «Epistolographi graeci», Par. 1873), deren Unechtheit von Bentley in seinen «Abhandlungen über die Briefe des P., Themistokles u. s. w.» (deutsch von Ribbeck, Lpz. 1857) nachgewiesen worden ist.

Phalēron, Demos (Gau) von Athen, an der flachen Bucht östlich neben dem Peiraieus, die den Athenern bis auf Themistokles’ Zeit als Hafen diente; heute ein von Athen aus viel besuchtes Seebad.

Phallus (grch. Phallos), bei den alten Griechen das männliche Glied, das, als Sinnbild der Zeugungskraft in der Natur, in den Religionen des Orients mit Ausnahme des Parsismus und in der altägypt. Religion eine große Rolle spielte und als Gegenstand des Kultus bei öffentlichen Festen und Prozessionen umhergetragen wurde. Am dauerndsten hat sich der P. als Symbol im Kultus des attischen Dionysos erhalten, an dessen Festen ein großer hölzerner P. in Prozession vorgetragen wurde. Zugleich diente Römern wie Griechen bis in die spätesten Zeiten der P. als Schutz gegen den bösen Blick. Von diesem Aberglauben rühren die noch zahlreich vorhandenen, als Amulette oder Talismane getragenen Phallen her. Über den ind. Phallusdienst s. Lingam.

Phallus L., eine zu den Gasteromyceten (s. d.) gehörende Gattung ansehnlicher Fleischpilze, deren hutförmiger Sporenträger anfangs von zwei durch Gallertmasse getrennten Häuten (der äußern und innern Peridie) umhüllt ist. Hierher gehört der seit dem Altertum seiner Gestalt und seiner angeblichen Kräfte halber berühmte Eichelpilz, Gichtmorgel oder Stinkmorchel (P. impudicus L., s. Tafel: Pilze Ⅱ, Giftige Pilze, Fig. 9), der in Wäldern und Gärten unter Hecken wächst. Anfangs, solange der Sporenträger in das weißgefärbte Peridium eingeschlossen ist, gleicht der Pilz einem Ei. Später zerreißt die Hülle an der Spitze, und es tritt ein dicker, hohler, weißlicher Stiel hervor, der an der Spitze den glockigen Hut trägt, dessen mit grünlichem Schleim bedeckte Außenfläche netzartige Vertiefungen zeigt. Hierauf fließt der zähe Schleim, in dem die Sporen eingebettet liegen, tropfenförmig ab, wobei der Pilz Leichengeruch verbreitet. Er wird für giftig gehalten und galt früher als ein Mittel gegen die Gicht und als Aphrodisiacum. Eine zweite, seltenere Art, P. caninus Huds., die sich an faulen Stämmen, besonders unter Haselgesträuch findet, hat einen mit dem Stiel fest verwachsenen, oberseits platten Hut und ist geruchlos.

Phanagorīa, eine von kleinasiat. Teiern gegründete griech. Kolonie auf der gleichnamigen Insel (jetzt Taman) im kimmerischen Bosporus (jetzt Straße von Kertsch), ein bedeutender Handelsplatz und Hauptstadt des Bosporanischen Reichs. Die Umgegend ist bekannt durch wertvolle Grabfunde.

Phänakistoskōp (grch.), s. Stroboskop.

Phanar, Phanarioten, andere Schreibung für Fanar und Fanarioten (s. d.).

Phanariotĭkos, der heutige Name des Acheron (s. d.).

Phanĕrobranchiāta, s. Perennibranchiata.

Phanĕrogāmen (grch.), eine der beiden großen Abteilungen des Pflanzenreichs. Der Name rührt von Linné, der so alle Gewächse der 1. bis 23. Klasse seines Systems nannte, weil sie deutliche Staubgefäße und Stengel besitzen, die mit mehr oder weniger ansehnlichen Kelch- und Blumenblättern in jenen Gebilden vereinigt sind, die man allgemein als Blüte bezeichnet. Das eigentlich Charakteristische der P. beruht jedoch darin, daß aus den im Fruchtknoten vorhandenen Samenknospen sich wirkliche Samen entwickeln, in denen der durch die Befruchtung gebildete Embryo oder Keim längere oder kürzere Zeit eingeschlossen bleibt und dann bei der Auskeimung zu einer neuen Pflanze heranwächst. Man hat deshalb vorgeschlagen, die P. lieber als Samenpflanzen oder Spermaphyten zu bezeichnen; doch ist der alte Name so eingebürgert, daß die ebenerwähnten wie auch einige andere neuerdings vorgeschlagenen Benennungen kaum in Gebrauch kommen werden. Die P. zerfallen in die Angiospermen (s. d.) und Gymnospermen (s. d.).

Phanĕroglōssa., s. Zungentragende Froschlurche.

Phanĕromēre Gesteine, s. Gesteine.

Phänolŏgie (grch.), der Zweig der Botanik, der sich mit der Beobachtung des Eintretens einzelner Entwicklungsphasen in der Pflanze beschäftigt. Im besondern sind es die Dauer der Vegetationsperiode, die Zeit der Blattentfaltung, des Aufblühens, der Fruchtreife u. s. w., die Anhaltspunkte für phänologische Beobachtungen geben. Es ist selbstverständlich, daß bei denselben Pflanzenspecies unter verschiedenen Bedingungen des Standortes, Klimas u. s. w. sich jene Entwicklungsphasen zeitlich sehr verschieden gestalten werden. Man hat neuerdings vielfach versucht, Untersuchungen über die sich hieraus ergebenden Fragen in ausgedehntern Bezirken anzustellen und die in phänologischer Hinsicht bemerkenswerten Zonen graphisch zu veranschaulichen. Die P. bildet einen Teil der Pflanzengeographie.

Phänomēn oder Phänomĕnon (grch., «das Erscheinende» oder «die Erscheinung»), die gegebene Thatsache, die erklärt, d. h. auf ihr Gesetz zurückgeführt werden soll, zugleich aber die Grundlage der wissenschaftlichen Erkenntnis bildet. Sofern nun im Gesetz erst die Wahrheit dessen, was erscheint, erkannt wird, unterliegt das P. vor der Erkenntnis des Gesetzes der theoretischen Untersuchung. So ist die tägliche Bewegung der Sonne um die Erde als P. unzweifelhaft; aber die Erklärung dieser Erscheinung (durch die Theorie des Kopernikus und deren Begründung in den Gesetzen Newtons) ergiebt, daß der scheinbaren Bewegung als wirkliche Thatsache die Bewegung der Erde um ihre eigene Achse zu Grunde liegt. So erhält die Erscheinung oder das P. in der Erkenntnistheorie die neue Bedeutung des nicht an sich oder absolut Wahren oder Realen, das aber stets auf ein an sich Reales (das «Ding an sich», s. Ding) zurückweise. Sofern das Ding an sich der Erscheinung im Denken entgegengestellt wird, heißt es Noumenon (s. d.) und bildet die intelligible Welt; wogegen das P. auf dem