Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Prag'
zertsaal, den Ausstellungen des Kunstvereins und der Bildergalerie der Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde, das
städtische Museum im kleinen Stadtpark und das böhm. Gewerbemuseum, 1873 von Vojta Náprstek gestiftet. Ferner besteht
ein königl. Böhmisches Landesarchiv, 1862 gegründet, mit etwa 1000 Urkunden vom 12. bis Ende des 15. Jahrh., und eine
Sternwarte. Die Universitätsbibliothek zählt (1892) 211131 Bände, 3848 Handschriften und 1602 Urkunden, die Bibliothek
des Böhmischen Museums 171500, die Bibliothek der beiden Technischen Hochschulen 23000, die Bibliothek des
Landeskulturrats 32000, die des Gewerbevereins 39500, die Náprsteksche Bibliothek 40520 Bände. In P. erschienen (1891)
208 Zeitungen und Zeitschriften, darunter 157 in czech. Sprache, und 642 czech.
Originalwerke sowie 131 czech. Übersetzungen, ferner 164 deutsche Originalwerke und eine Übersetzung. Die wichtigsten
Tagesblätter sind die «Bohemia» (s. d.), die autonome «Politik»,
«Národni Politika», die altczech. «Hlas Národa»,
die amtliche «Prager Zeitung» mit ihren Beilagen, und die
«Národni Listy» (s.d.).
Wohlthätigkeitsanstalten. P. besitzt 9 öffentliche Krankenhäuser mit 2261 Betten,
1 Landesirrenanstalt mit 1370 Betten, 5 Privat- und interne Krankenhäuser, 1 Gebär- und Findelanstalt, 2 Kinderspitäler,
1 städtisches und 5 Privat-Waisenhäuser, 2 städtische Armenhäuser und 1 städtisches Siechenhaus, 2 geistliche
Pfründenanstalten, 6 israel. Versorgungsanstalten, 1 Taubstummeninstitut und 1 Anstalt zur Versorgung erwachsener
Blinder, 1 Privaterziehungsanstalt für blinde Kinder, 1 Idiotenanstalt, 2 Erziehungsanstalten für bestrafte und
vernachlässigte Jugend, 1 Privat-Asylhaus, 1 Landeskorrektionsanstalt, je 1 städtisches Armenhaus in Karolinenthal und
in Smichow, die Blindenversorgungsanstalt Francisco-Josephinum in Smichow, 16 städtische Kinderbewahranstalten und 1
private in P., 7 städtische und 1 private in den Vororten, 10 Krippenanstalten, 21 Asyle für arme Schulkinder.
An Theatern bestehen das Deutsche Landestheater, das Neue deutsche Theater, das
Böhmische Nationaltheater, ein czech. Theater in Smichow, außerdem in der Stadt Königliche Weinberge zwei Sommertheater
(je ein deutsches und czechisches) und in Karolinenthal ein Theater Varieté.
Industrie und Handel. Hauptsitz der Industrie ist Holesowitz-Bubna, ferner die
Vororte Smichow, Karolinenthal und Lieben, Hauptsitz des Handels die Altstadt. Es bestehen zahlreiche Brauereien und
Mühlen, Eisengießereien und Metallwarenfabriken, Baumwollspinnereien und Druckereien, Lohgerbereien, Handschuhfabriken
und chem. Fabriken, sowie große Werkstätten der österr.-ungar. Staatseisenbahngesellschaft. Der Handel erstreckt sich
hauptsächlich auf Zucker (jährlicher Umsatz etwa 300 Mill. Fl.), Mühlen- und Rohprodukte, Manufakturwaren, Eisen,
Maschinen, Glas und Glaswaren und Handschuhe. Der Geldverkehr wird unterstützt durch eine Börse sowie durch die Filialen
der Österreichisch-Ungarischen Bank, der Österreichischen Kreditanstalt, der Anglo-Österreichischen Bank, der Unionbank
und des Bankvereins in Wien, sowie durch die Landesbank, die Hypothekenbank des Königreichs Böhmen
(1893: 112,75 Mill. Fl. Aktiva), die Landwirtschaftliche Kreditbank, die
Živnostenská banka, die böhm. Escompte-, die böhm. Union-Bank und die Erste
Pfandleih-Gesellschaft, ferner durch zwei Sparkassen und 26 Vorschußkassen. ↔
Verkehrswesen. P. hat sieben Bahnhöfe und liegt an den Linien
Wien-Brünn-P.-Bodenbach (540 km) der Österr.-Ungar. Staatsbahn, P.-Eger (239 km) und P.-Hostiwitz (20 km) der
Buschtiehrader Eisenbahn, P.-Brüx-Moldau (163 km) der Prag-Duxer Bahn, P.-Georgswalde-Ebersbach (198 km) der Böhm.
Nordbahn, P.-Pilsen-Furth i. Walde (191 km) der Böhm. Westbahn, P.-Mittelwalde (209 km) der Österr. Nordwestbahn,
P.-Gmünd (186 km) und P.-Modřan (16 km) der Österr. Staatsbahnen. Der gesamte Güterverkehr umfaßte (1892) 2493359 t,
darunter 700894 t abgegangen. Der Wasserverkehr wird gefördert durch die Prager
Moldau-Dampfschiffahrtsgesellschaft (1894: 13 Dampfer) und die Österr. Nordwestdampfschiffahrtsgesellschaft
(1894: 41 Dampfer und 160 Frachtkähne). Zahlreiche Pferdebahnlinien
(18,5 km) durchziehen die Stadt und verbinden dieselbe mit den Vororten. Die Stadt hat 10
Post- und Telegraphenämter, die (1892) 15284900 Briefe, 5672700 Postkarten,
882200 Warenproben, 3210000 Pakete ohne Wertangabe und 13427800 Zeitungsnummern beförderten. Der Wert der Geld- und
Wertsendungen betrug 667 Mill. Fl., die Zahl der beförderten Depeschen 2814928. Das Stadtfernsprechnetz umfaßt 257 km
Leitungen. Außerdem bestehen 10 unterirdische Telephonleitungen mit 2351 km Drahtlänge.
Vergnügungsorte und Umgebung. Öffentliche Promenadenplätze sind die Sophien- und die
Schützeninsel, der auf der östl. Lehne des Laurentiusberges gelegene große Garten der Hasenburg (300 m) mit
Drahtseilbahn (400 m lang) aus der Stadt und einem Aussichtsturm des böhm. Touristenklubs, der Kaisergarten und die
Choteksanlagen auf dem Hradschin und die Kronprinz-Rudolfs-Anlagen auf dem Belvedere, mit Drahtseilbahn und weiter
Fernsicht; ferner am rechten Moldauufer die Anlagen auf dem Rudolfs- und Franzensquai, die Parkanlagen auf dem
Karlsplatz, die Čelakowskýanlagen am neuen Nationalmuseum, der Große und Kleine Stadtpark, die Anpflanzungen auf dem
Žižkaberge, die neuen Stadtparks in den Königlichen Weinbergen und in Smichow. Auch die schönen Gärten des Grafen
Waldstein und der Fürsten Lobkowitz und Kinsky, letzterer in Smichow, und die der böhm. Gartenbaugesellschaft sind
zugänglich, ebenso der große, dem Lande gehörige Park («Baumgarten») in Bubenč und der Stern- (Tier-) garten am Weißen
Berge mit dem ehemaligen königl. Lustschloß, später Pulvermagazin, seit 1875 restauriert.
Geschichte. P. entwickelte sich unter dem günstigen Einfluß seiner Lage und als Sitz
der Herrscher Böhmens aus vier Burgflecken, von denen die jetzige Altstadt von jeher der bedeutendste war. Zu diesen
Burgflecken gesellte sich M dem Ende des 11. Jahrh. auch eine deutsche Kolonie auf dem Boden der jetzigen untern
Neustadt. Um 1235 erhielt die Altstadt deutsches Stadtrecht und Mauern, 1257 die Kleinseite (d.h. die kleine Stadt P. im
Gegensatz zur größern Stadt P. = Altstadt), während der Hradschin schutzunterthänig blieb und in der Altstadt sich
allmählich eine privilegierte Israelitengemeinde entwickelte (Judenstadt). Ottokar II. war eifrig bestrebt, P. als
Landeshauptstadt zu verschönern und zu vergrößern, und baute auch die Königsburg um. 1348 erhielten die Prager Städte
einen neuen Zuwachs durch die Anlage der Neustadt, welche rasch ausgebaut und von ihrem Gründer, Kaiser Karl IV., mit
Kirchen und
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 353.