Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

444
Prioritätsobligationen - Prise
Stammaktien etwas zugeteilt wird; vielleicht auch so,
daß sie bei der Liquidation vor den übrigen Stamm-
aktien befriedigt werden. Welcher Art der Vorzug ist,
ergiebt sich aus den Bestimmungen des Gesellschafts-
vertrags, denn nach Art. 209 a des Handelsgesetz-
buches bedürfen derartige Bestimmungen der Aus-
nahme in den Gesellschaftsvertrag. Natürlich können
auch bestehende Aktiengesellschaften unter Änderung
des Gcsellschastsvertrags und Wahrung der dafür
vorgeschriebenen Formen P. ausgeben. Vorzugs-
rechte in Bezug aus Abstimmungen werden den P.
gegen den Widerspruch einzelner Inhaber von
Stammaktien nicht eingeräumt werden dürfen.
Prioritätsobligationen, bisweilen Bezeich-
nung für die von Aktiengesellschaften ausgegebenen
Obligationen (s. d.), weil sie ein Vorzugsrecht auf
Zahlung der Zinsen aus dem Reingewinn haben,
bevor eine Dividende für die Aktionäre zur Ver-
teilung gelangt, und weil sie vor denselben den
Anspruch auf Tilgung aus dem Reingewinn und
aus dem Gesellschaftsvermögen haben; häusiger,
weil die hintereinander ausgegebenen Obligationen
nach den bei der Emission ausgesprochenen Bedin-
gungen an verschiedenen Stellen rangieren, die
früher ausgegebenen vor den fpäter ausgegebenen.
In diesem Falle werden sie in Serien geteilt, die
gewöhnlich mit Buchstaben (I^it. ^, V u. s. w.) be-
zeichnet werden. ftionsurteil.
Prioritätsurteil, s. Priorität und Kolloka-
Prioritätsverfahren, s. Priorität, Liquida-
tions- und Prioritätsverfahren und Prüfungs-
verfahren.
Pripet, russ. I^ipM, poln. ?r^p66, auch ?i-^-
ZN66, rechter Nebenfluß des Dnjepr in Westruhland,
entspringt aus Sümpfen und kleinen Seen fast an
der Westgrenze des Gouvernements Volhynicn, geht
anfangs nordöstlich, dann östlich durch den südl. Teil
des Gouvernements Minsk, zuletzt südöstlich und
mündet im Gouvernement Kiew, nabe an dessen
Nordgrenze. Er ist 810 Km lang, fließt langsam
durch ungeheure Wälder und Sümpfe und durch
spärlich oder gar nicht bewohnte Gegenden. Der
P. ist sehr wasserreich und schiffbar von Pinsk an
abwärts auf 585 km; dort gehen auch Dampfschiffe.
Außerdem ist er durch den Oginskischen Kanal (s. d.)
mit dem Niemen und durch den Dniepr-Vugkanal
(s. d.) mit der Weichsel verbunden. Stromabwärts
gehen: Schiffbauholz, Faßdauben, Teer, Steine,
Branntwein; stromaufwärts: Salz und Getreide.
Das Flußgebiet des P. beträgt 121220 ^m. Neben-
flüsse sind links: Iazolda, Slutsch, Ptitsch; rechts:
Styr, Goryn, Ubort, Usch u. a.
Prischtina, Stadt in der Türkei, s. Pristina.
Priscianus, mit dem Beinamen Cäsariensis
(von seiner Vaterstadt Cäsarea in Mauretanien), lat.
Grammatiker, ein Zeitgenosse des Cassiodor, lehrte
im 6. Jahrh. n. Chr. zu Konstantinopel die lat.
Sprache. Er schrieb u. d. T. "In8tiwtioii68 Fi-am-
maticas" das gründlichste und umfassendste Werk
über die lat. Sprache in 18 Büchern, von denen die
16 ersten Bücher die einzelnen Redeteile, die zwei
letzten "1)6 00N8trncti0N6" die Wortfügung oder
Syntax behandeln. Außerdem giebt es von ihm
noch sechs andere kleinere grammatische Abhand-
lungen und zwei hexametrische Dichtungen: "ve
1kuä6 im^ör^toriZ ^na8ta8ii" und eine freie Be-
arbeitung der "?6ri6F68i8" des Dionysius Pcrie-
getes. Am besten wurden die grammatischen Schrif-
ten in Keils "(Fi-HiuinÄtici latini", Bd. 2 u. 3
(Lpz.1855-59), vonHery und Keil bearbeitet. Eine
Ausgabe des Gedichts "vs lauäk ^nk8w8ii" und
der "?oi'i6Z68i8" besorgte zuletzt Bührens in den
"I'o6tk6 I^tini ininore8", Bd. 5 (Lpz. 1883).
Priscilla, s. Aquila und Priscilla.
Priscillian, Stifter einer gnostischen Partei
(s. Gnosis) in Spanien, trat nach der Mitte des
4. Jahrh, mit seinem an die Lehren des Marcion
(s. d.) und der Manichäer (s. d.) erinnernden System
hervor und gewann durch Sittenstrenge und Bered-
samkeit sogar Bischöfe für sich. Von einer Synode
zu Saragossa exkommuniziert (380), wußte er zu-
nächst dieses Urteil rückgängig zu machen und seinen
! Hauptfeind, den Bischof Ithacius, zur Flucht zu
nötigen. Indes fand der letztere bei dem Usurpator
Maximus zu Trier Gehör und erwirkte, daß die
Priscilli anist en verkästet und ihr Anführer trotz
! seiner Appellation an Maximus 385 in Trier hin-
^ gerichtet wurde. Ungeachtet aller Verfolgungen er-
! losch die Sekte erst um 600. Die schriftliche Hinter-
! la^senschaft P.s wurde von Scheps aufgefunden und
! im 18. Bande des "Ooi-pu8 ^i-i'pwi-uin 6ccl68ia8ti-
cornm wtinoruin" (Wien 1888) herausgegeben. -
Vgl. Mandernack, Geschichte des Priscillianismus
(Trier 1851); Paret, P., ein Reformator des
> 4. Jahrh. (Würzb. 1891).
! Prise (frz.), das nach Seekriegsrecht /s. d.) als
j Seebente (s. d.) weggenommene feindliche und das
! wegen Konterbande (s. d.) oder Bruchs einerBlockade
! (s. d.) aufgebrachte neutrale Gut, Schiff, Ladung
I oder beides. Als gute P. im rechtlichen Sinne
I gilt dies jedoch erst nach erfolgter Kondemnation
! durch ein Prisengericht, und zwar ist völkerrecht-
! lich auch für die Neutralen die Prisengerichtsbarkeit
' des Kriegführenden anerkannt, von dessen Kriegs-
! schiff die P. aufgebracht ist. Dieses hat zu dem
i Ende die P. in einen Hafen seines Staates zu ^üh-
! ren und dort bei der zuständigen Behörde mit Ein-
! reichung der Schiffspapiere des weggenommenen
^ Schiffs und der Nachweise über die Umstände der
^ Wegnahme anzuzeigen. Hierauf entscheidet das
! Prisengericht entweder von Amts wegen, oder wenn
^ der Eigentümer der P. die Rcchtmäßigkeit der Weg-
nahme bestreitet, im sog. Rellameverfahren auf
! tontradiktorische Verhandlung, und zwar in erster
Reihe nach den Gesetzen und Verordnungen seines
j Staates. Indes sind die neutralen Staaten an
völkerrechtswidrige Urteile der Prisengerichte nicht
gebunden und können gegen die dadurch bewirkte
Schädigung ihrer Unterthanen den Anspruch auf
Rechtsgewährung mit allen völkerrechtlich zulässigen
Mitteln verfolgen. Für die von der Wissenschaft
und den beteiligten Kreifen angestrebte Einrichtung
internationaler Prisengerichte sind die in Ägypten
errichteten Internationalen Gerichte (s. d.) ein leicht
zu übertragendes Vorbild. Für Preußen war durch
Verordnung vom 20. Juni 1864 ein ausführliches
Prisenreglement erlassen, wonach in Prisensachen
die Berufung gegen die Entscheidungen des Pris cn -
> rats an den aus 7 Mitgliedern (wovon 4 Mitglieder
des Obertribunals) bestehenden Oberprisenrat
l gehen. Das Neichsgesetz vom 3. Mai 1884 hat die
Einrichtung von Prisengerichten vorgesehen, die Ein-
^ setzung derselben, das Verfahren und die fönst erfor-
, derlichen Anweisungen aber kaiserl. Verordnung
vorbehalten. Auf Grund dessen ist aus Anlaß der
ostafrik. Blockade 15. Febr. 1889 eine Verordnung
ergangen, welche ein Prisengericht erster Instanz in
Sansibar, gebildet durch den Generalkonsul als Ein-