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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Quäkerpoet - Qualität

innere Licht wieder zur Wirkung im einzelnen gelangt. Da nun dieses innere Licht über jeden Menschen kommt, so haben die Q. keinen besondern geistlichen Stand und verweigern Zehnten und andere Abgaben an Kirche und Klerus. Ihr öffentlicher Gottesdienst übertrifft an Einfachheit den Kultus jeder andern Sekte. In schmucklosen Bethäusern kommt die Gemeinde zusammen und jeder harrt schweigend, bis sich irgend jemand von ihnen, sei es Mann oder Weib, dazu berufen fühlt, zu predigen oder zu beten. Kindertaufe und Abendmahl verwerfen sie und erkennen statt der Wassertaufe nur die innere Geistestaufe, statt des leiblichen Essens und Trinkens beim Abendmahl nur die Teilnahme des innern Menschen an dem geistigen Leibe, d. h. dem Worte Christi, an. Ihre Moral verwirft den Eid, den Kriegsdienst und alle Lustbarkeiten, wie Theater, Jagd, Tanz, Spiel und auch Romanlektüre. Die Kleidung bestand früher bei den Männern in einem breitkrempigen Hut und schlichten Rock ohne Kragen, bei den Frauen in aschgrauem Hut ohne Aufputz, aschgrauem Kleid und lichtem Shawl. Im geselligen Verkehr vermeiden sie alle Titulaturen und höflichen Phrasen, nennen alle Menschen Du und nehmen vor keinem den Hut ab.

Die Verfassung der Quäkergemeinden ist zufolge ihres Gleichheitsprincips demokratisch. Die Mitglieder einer oder mehrerer Gemeinden versammeln sich monatlich, um über den Wandel ihrer Mitglieder, über Pflege der Armen, Schul- und Wohlthätigkeitsanstalten, Bestrafung entarteter Genossen, über Aufnahme von Proselyten u. s. w. zu beratschlagen und zu verfügen. Diese monatliche Versammlung entscheidet auch in erster Instanz über die Streitigkeiten einzelner Gemeindemitglieder und wählt die unbesoldeten Beamten der Gesellschaft. Die vierteljährlichen Versammlungen besteben aus den Deputierten der Gemeinden eines Distrikts und bilden eine höhere Synode zur allgemeinen Aufsicht der monatlichen Versammlung. Diese Synode bringt die Berichte derselben zur Kenntnis der jährlichen Versammlung, nimmt Appellationen in zweiter Instanz an und entscheidet dieselben und ernennt die Repräsentanten des Distrikts zu den jährlichen Versammlungen. Diese sind für alle Gemeinden die höchste Instanz, üben in Sachen der Disciplin, Verfassung und Sitte die gesetzgebende Gewalt und geben in Angelegenheiten und Streitigkeiten jeder Art die definitive Entscheidung. Ihre Gemeinden bilden sieben Provinzen, davon sechs in Nordamerika, und für die Q. in Europa eine in London. Die Gemeindekassen, die den Aufwand der Gemeinde für die Versammlungshäuser, milden Anstalten u. s. w. bloß aus dem Ertrage freiwilliger Beiträge der Einzelnen bestreiten, stehen unter der Oberaufsicht der Versammlung, die auch einen allgemeinen Nationalfonds hat, aus dem die Kosten für Verbreitung religiöser Bücher u. dgl. bestritten werden. Diese Verfassung und Kirchenzucht wurde schon von George Fox eingeführt. Unter den Q. haben sich vielerlei Sekten gebildet. Diejenigen, welche manche Eigentümlichkeiten in der Strenge des Lebens aufgegeben haben, heißen nasse Q., im Gegensatz zu den strengen oder trocknen Q.; solche, die es für erlaubt halten, Kriegsdienste zu leisten, heißen freie oder fechtende Q.; die Anhänger der freien Ansichten von Elias Hicks über die Bibel heißen Hicksiten, denen wieder die Evangelical Friends gegenüberstehen. Sehr bedeutend sind die Leistungen der Q. auf den verschiedensten Gebieten der christl. Liebesthätigkeit, wie sie sich auch in ihrem Privatleben durch ihre würdigen, strengen Sitten auszeichnen.

Vgl. Clarkson, A portraiture of Quakerism (3 Bde., Lond. 1806; 3. Aufl. 1813); Sewel, History of the rise etc. of the christian people, called Quakers (holländisch Amsterd. 1717; englisch Lond. 1722 u. ö.; neueste Aufl., Philad. 1855; deutsch Lpz. 1742); Rowntree, Quakerism (Lond. 1859); Weingarten, Die Revolutionskirchen Englands (Lpz. 1868); Abbey und Overton, English Church in the 18<sup>th</sup> century (2 Bde., Lond. 1878); Turner, The Quakers (ebd. 1889); Stephen, Quaker-strongholds (ebd. 1890).

Quäkerpoet, Beiname von B. Barton (s. d.).

Qualifikation (lat.), die Beilegung oder der Besitz einer Eigenschaft, eines Titels; dann auch der Inbegriff der zu einer Stellung, einem Amte erforderlichen Eigenschaften. Qualifizieren, angeben, von welcher Q. etwas ist, zu welcher Kategorie es gehört; sich qualifizieren, sich eignen. In der Rechtssprache bedeutet qualifiziert soviel wie ausgezeichnet oder besonders geartet. Ein qualifiziertes Verbrechen ist ein unter im Gesetz bezeichneten erschwerenden Umständen begangenes und deshalb mit härterer Strafe bedrohtes Verbrechen; qualifizierte Freiheitsstrafe eine (z. B. durch Dunkelheit, Entziehung warmer Kost u. s. w.) verschärfte Freiheitsstrafe. Über qualifiziertes Geständnis s. Geständnis.

Qualifikationsberichte, schriftliche Beurteilungen der Offiziere oder Beamten im deutschen Heere; sie werden in bestimmten Zeiträumen von den nächsten direkten Vorgesetzten aufgestellt und von den höhern Vorgesetzten beurteilt und vervollständigt dem Kaiser vorgelegt. Sie enthalten eine vollständige Schilderung der Persönlichkeit des Offiziers oder Beamten nach Charakter, Brauchbarkeit und Talenten und bilden die Grundzüge für die Beurteilung in Bezug auf das Avancement.

Qualifizieren, s. Qualifikation.

Qualis rex, talis grex, "wie der König, so die Herde", lat. Sprichwort, entsprechend dem deutschen: Wie der Herr, so der Knecht.

Qualität (lat. qualitas), Beschaffenheit, einer der fundamentalsten Begriffe der Erkenntnis und als solcher von Aristoteles wie von Kant unter die Kategorien (s. d.) aufgenommen. Sie bezeichnet, mit der Quantität, die unmittelbarste Weise der Auffassung des Gegenstandes. Die Q. zwar, die man den sinnlichen Dingen beilegt, wie Farbe, Geruch, Geschmack, Wärme, Kälte u. s. w., gehören zunächst nur unsern Empfindungen (der fünf Sinne) an und sind nicht von gegenständlicher, sondern bloß subjektiver Bedeutung. Andere Eigenschaften, die wir mit mehr Grund den Dingen selbst beilegen, wie Härte und Schwere, lassen sich, ebenso wie Ausdehnung, Gestalt, Lage und was davon abhängt, auf rein quantitative Bestimmungen zurückführen. Diese wichtige Unterscheidung wurde im Altertum schon von Demokrit erkannt und, nachdem sie durch den Einfluß des Aristoteles in Vergessenheit geraten war, in der neuern Wissenschaft seit Galilei wieder errungen; nach Locke pflegt man die Eigenschaften der letztern Art primäre, die der erstern sekundäre Q. (d. h. Q. erster und zweiter Ordnung) zu nennen. In der That strebt die Wissenschaft dahin, die Unterschiede der Q. durchweg auf solche der Quantität zurückzuführen. Doch fand Kant wenigstens eine