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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ratte - Ratzeburg (Stadt)
8. bis 31. März das Äußere, mußte aber im De- !
zember zurücktreten. Zum zweitenmal nakm er das
Ruder aus der Hand Ricasolis April 1867, zugleich
als Minister des Innern und dann auch der Fi-
nanzen, raufte aber infolge seiner schwankenden Hal-
tung gegen Garibaldi nach dem Unglückstag von
Mentana wieder sein Amt niederlegen. Der ge-
wandte Redner war seitdem eins der Häupter der
Opposition gegen die nun folgenden Ministerien
der Rechten Lanza und Minghctti. Er starb 5. Juni
1873 zu Frosinone. Seine Heirat mit der Roman-
schriftstellerin Marie Bonaparte(-Wyse), einer ver-
witweten Gräfin Solms und Verwandten Napo-
leons III., und seine damit verbundene Schwenkung
nach dessen Seite hin (1862), wirft einen Schatten
auf seinen Charakter. Seine Reden gab Scovazzi
heraus: "OiLcoi-si parlamentln-i äi Ilrdano 15."
(8 Bde., Rom 1876-80). - Vgl. Morelli, Ui-dano
II., 333310 politico (Padua1874); Marie Rattazzi
(Bonaparte), N. 6t 8011 t6inp8, documentg ineäitä
(Bd. 1 und 2, Par. 1881,1887).
Ratte, Name einiger großen Arten der Gattung
Maus (s. d.), von denen es in Deutschland nur
zwei giebt: die schwarze R. oder Hausratte
ftlu8 ratwä 2^.) und die Wanderratte l>Iu3 äs-
cumÄini3 ^<M"s). Die Hausratte ist dunkelsckwarz-
braun, etwa 18 cm lang, mit einem 19 cm langen
Schwanz, und existierte, nach den neuern funden
in Mecklenburg und der Schweiz, schon zur Zeit der
Psahlbauten. Sie ist dem Menschen überallhin ge-
folgt, aber jetzt an den meisten Orten durch die
größere und stärkere Wanderratte vertrieben und >
ausgerottet worden, überhaupt lebt die schwarze
R. mehr in warmen als gemäßigten Klimaten
und fehlt ganz in kalten Ländern. Sie gräbt nicht
so eisrig wie die Wanderratte und hat oft ibr Nest
unter Zimmerdielen, in Strohdächern oder lebt in
verlassenen Gebäuden. Die Wanderratte ist rötlich-
grau, zwischen den kurzen Haaren mit doppelt
längern Borstenhaaren bekleidet, 20-26 cm lang,
mit einem 18-19 cm langen Schwanz. Erst im
Anfang des 18. Jahrh, kam diese R. aus Asien
nach Europa, sie durchschwamm nach Pallas 1727
in großen Zügen die Wolga, wurde in England Zu-
erst um 1730, in Frankreich um 1750 und in den
Vereinigten Staaten Nordamerikas um 1775 be-
merkt und ist jetzt über die ganze Erde verbreitet.
Sie läuft, klettert und schwimmt gut, lebt gern in
der Nähe von Wasser, weshalb sie östers mit der
Wasserratte (s. Wühlmaus) verwechselt wird, und
gräbt und wühlt mit großer Kraft und Ausdauer.
- Der Rattenkönig ist nichts anderes als eine
Gesellschaft junger R., die, in einem Nest mit zu
engem Ausgang geboren oder durch andere Zufäl-
ligkeiten gefangen, sich mit den Schwänzen ver- ^
wickelten und, weil die letztern von einer dem
Weichselzopf ähnlichen Krankheit ergriffen wurden,
mit denselben zusammenklebten. ^S. 430 k).
Rattenfänger, Hunderasse, s. HundeV, 12 (Bd. 9,
Rattenfänger von Hanteln, s. Hameln.
Rattengift, s. Arsenige Säure.
Ratteninfeln, Gruppe der Ale'uten (s. d.).
Rattenkönig, s. Ratte.
Rattenschwanz, eine Feile (s. d.).
Rattenfchwanzlarven, s. I>i8wii3.
Rattenfchweif, s. Hautkrankheiten (der Haus-
tiere, Bd. 8, S. 907 a).
Rattl, maur. Pfund, s. Artal.
Ratz, s. Iltis. .
^?ats., hinter lat. Insektennamen Abkürzung sür
Iul. Theod. Ratzeburg (s. d.).
Natzebuhr, <^tadt im Kreis Neustettin des preuß.
Reg.-Bez. Köslin, an der rechts zur Küddow gehen-
den Zarne und der Nebenlinie Posen-Neustettin
der Preuh. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts
(Landgericht Köslin), hat (1890) 2298 meist evang. E.,
darunter 73 Israeliten, Post, Telegraph; Tuchfabri-
kation, Wollspinnereien, Ackerbau und Viehzucht.
Ratzeburg, ein zum Großherzogtum Mecklen-
burg-Strelitz gehöriges Fürstentum, grenzt im NO.
und O. an das Grohberzogtum Mecklenburg-
Schwerin, im S. und SW. an das Herzogtum
Laucnburg, im W. und N. an das Gebiet der
Freien und Hansestadt Lübeck, von dem es durch
die Trave getrennt ist. Dazu gehören mehrere
Enklaven. (S. Mecklenburg, Bd. 11, S. 706a.)
Das Fürstentum hat 381,94 ykin und (1890) etwa
17 600 E. Von der Stadt Ratzeburg (s. d.) gehört nur
die Domkirckc nebst dem sog. Domhof zum Fürsten-
tum R. Erst 6. Nov. 1869 erhielt dasselbe eine eigene
Verfassung. (S. Mecklenburg, Bd. 11, S. 709 a.)
Das Fürstentum war ursprüuglich ein Bistum, ge-
stiftet 1154 durch Heinrich den Löwen, und teilte
anfangs die Schicksale des Herzogtums Sachsen-
Lauenburg, bis es im März 1236 die Reichsunmittel-
barkeit erlangte. Bischof Christoph von der Schulen-
burg resignierte Okt. 1554 mit Zustimmung des
Kapitels zu Gunsten des Herzogs Christoph von
Mecklenburg. Dieser regierte das Bistum als Ad-
ministrator 1554-92, und ihm folgte sein jüngerer
Bruder Karl von Mecklenburg (1592-1610). 1596
bewog der Herzog August (der Altere) von Braun-
schweig-Lüneburg durch große Opfer das Kapitel,
ihn zum Koadjutor zu erwählen, und nach Karls
Tode 1610 gelangte er zum Besitz, obwohl die Her-
zöge von Mecklenburg sich widersetzten. Es kam zu
einem Vertrag (29. Mai 1611 und 8. Aug. 1612),
wonach die beiden Häuser Mecklenburg und Braun-
schweig-Lüneburg als Erbschutzherren des Stifts R.
gelten und abwechselnd einer von ihren Prinzen zum
Bischof gewüblt werden sollte. Hiernach folgte auf
Bischof August (1636) der minderjährige Herzog
Gustav Adolf von Mecklenburg-Güstrow, der aber
schon nach 12 Jahren resignieren mußte. 1648
wurde das Bistum R. säkularisiert und, zum Er-
satz für die Abtretung von Wismar, als erbliches
Fürstentum an den Herzog Adolf Friedrich I. von
Mecklenburg-Schwerin übertragen. R. blieb beim
Hause Schwerin, bis es durch den Hamburger Tei-
lungsverglcich vom 8. März 1701 an das Haus
Strelitz kam. - Vgl. Masch, Geschichte des Bis-
tums R. (Lüb. 1835).
Ratzeburg, Kreisstadt im Kreis Herzogtum
Lauenburg des preuß. Reg.-Bez. Schleswig, zum
Teil auf einer Insel im Ratze bürg er See ge-
legen, an der Lübeck-Buchener Eisenbahn, Sitz eines
Amtsgerichts (Landgericht Altona) und einer Post-
direktion, bat (1890) 4233 E., darunter 94 Katho-
liken und 20 Israeliten, in Garnison das lauenb.
Iägerbataillon Nr. 9, Postamt erster Klasse, Tele-
graph, Vronzcdenkmal Kaiser Wilhelms I., schöne
roman. Tomkirche (1172), die nebst dem Domhof
zum Fürstentum R. gehört und deren Turm Aug.
1893 infolge Blitzschlags abbrannte, evang. St. Pctri-
kirche, Gymnasium, Lehrerseminar, private höhere
Mädchenschule, Gasbeleuchtung, Kanalisation; zwei
Dampssägcwerke, Brauerei, Knochenmühle, Mol-
kerei und Landwirtschaft. Am westl. Nfer des Sees,