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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Reichsbehörden - Reichsdruckerei

vergehen. Die Disciplinargerichtsbarkeit über R. wird in erster Instanz von Disciplinarkammern, in zweiter und letzter Instanz von dem Disciplinarhof in Leipzig gehandhabt. Besondere Bestimmungen bezüglich der Disciplin bestehen für die richterlichen R. Die R. haben Anspruch auf Gehalt, der aus einem festen Bestandteil, der eigentlichen Besoldung, und einem nach dem dienstlichen Wohnsitz veränderlichen, dem Wohnungsgeldzuschuß, besteht. R., die einstweilig in den Ruhestand versetzt sind, erhalten als sog. Wartegeld drei Vierteile des Diensteinkommens, jedoch nicht weniger als 450 M. und nicht mehr als 9000 M. jährlich. Bei Dienstunfähigkeit erhalten sie Pension (s. d.). Über die vermögensrechtlichen Ansprüche der R. und ihrer Hinterbliebenen aus ihrem Dienstverhältnis findet der Rechtsweg statt. Die Reichsbankbeamten haben die Rechte und Pflichten der R.; ihre Besoldung, Pensionen und sonstigen Bezüge sowie die Pensionen und Unterstützungen der Hinterbliebenen trägt die Reichsbank; diejenige der elsaß-lothr. Beamten der elsaß-lothr. Landesfiskus. – Vgl. Freiherr von Zedlitz-Neukirch, Die Rechtsverhältnisse der R. (Berl. 1874); Kanngießer, Das Recht der deutschen R. (ebd. 1874); Laband, Das Staatsrecht des Deutschen Reichs, Bd. 1 (2. Aufl., Freib. i. Br. 1888).

Reichsbehörden, diejenigen Behörden, welche Geschäfte des Deutschen Reichs führen und ihre Autorität unmittelbar von der Reichsgewalt ableiten, über die einzelnen R. s. Deutschland und Deutsches Reich (Bd. 5, S. 149 a).

Reichsdeputation, im alten Deutschen Reiche jeder von Kaiser und Reich zur Erledigung gewisser Geschäfte erwählte reichsständige Ausschuß. Die sog. ordentliche R. vertrat in der Zeit, wo kein Reichstag gehalten wurde, denselben und sorgte mit den Kreisen für die Aufrechthaltung des Landfriedens, kam aber im 17. Jahrh. außer Übung. Ihr gegenüber hießen die andern R. außerordentliche. Es waren teils innere, teils äußere Angelegenheiten, die man solchen Kommissionen übertrug. Unter den erstem sind die Visitationen des Reichskammergerichts die bedeutendsten gewesen, deren letzte 1776 erfolglos endigte; unter den letztern waren die Reichsfriedensdeputationen von besonderer Bedeutung. Die berühmteste und zugleich letzte R. dieser Art war die infolge des Lunéviller Friedens vom 9. Febr. 1801 unterm 24. Aug. 1802 in Regensburg niedergesetzte, deren Werk der Reichsdeputationshauptschluß war.

Reichsdeputationshauptschluß, der Beschluß der Reichsfriedensdeputation vom 25. Febr. 1803. Um die im Frieden von Lunéville (s. d.) getroffenen Bestimmungen über Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich und die Entschädigung der dadurch Verlust erleidenden deutschen Fürsten im einzelnen durchzuführen, wurde im Okt. 1801 vom Regensburger Reichstage die außerordentliche Reichsfriedensdeputation eingesetzt, bestehend aus Kurmainz, Böhmen, Sachsen, Brandenburg, Pfalz-Bayern, dem Hoch- und Deutschmeister, Württemberg und Hessen-Cassel. Unter der Vermittelung Rußlands und Frankreichs brachte die Deputation ihr Werk zu stande. Österreich war zurückgedrängt; Preußen und Bayern im Bündnis mit Frankreich gaben den Ausschlag. Der Hauptschluß vom 25. Febr. wurde 24. März 1803 vom Reichstage und 27. April 1803 unter einigen Vorbehalten auch vom Kaiser genehmigt. Die am tiefsten greifende Umgestaltung war die Vernichtung der bisherigen theokratischen Verfassung des Reichs. Alle geistlichen Fürstentümer wurden aufgehoben, nur der Kurfürst-Erzkanzler von Mainz und die beiden geistlichen Ritterorden (der Johanniter- und der Deutsche Orden) blieben noch bestehen. Ferner wurden zahlreiche Freie Reichsstädte beseitigt, von denen nur sechs, die drei Hansestädte und Augsburg, Nürnberg, Frankfurt erhalten blieben. Auch eine Anzahl Reichsritter verfielen schon 1803 der Mediatisierung. An Stelle der zwei eingegangenen Kurfürstentümer Köln und Trier wurden vier neue geschaffen.

Reichsdienstflagge, s. Flaggen (Bd. 6, S. 836 b)

Reichsdörfer, im ehemaligen Deutschen Reiche die Dörfer, die keiner Landeshoheit unterworfen waren, sondern unmittelbar unter Kaiser und Reich standen. Sie übten rechtlich, wenn auch unter mancherlei Beschränkung, das Hoheitsrecht in Kirchen- und Schulsachen, wählten ihre Schultheißen und Richter, errichteten Dorfordnungen und zahlten Reichssteuern. Ihre Zahl, die noch im 14. Jahrh. über 100 war, nahm durch Verpfändung, Verschenkung und Unterwerfung stetig ab, so daß zuletzt nur noch Altshausen und die freien Leute aus der Leutkircher Heide in Oberschwaben, Holzhausen, Gochsheim und Sennfeld in Franken, Sulzbach und Soden im Oberrheinischen Kreise übrig waren, die dann durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803 mediatisiert wurden.

Reichsdruckerei, eine unmittelbare Reichsanstalt in Berlin unter oberster Leitung des Staatssekretärs des Reichspostamts, entstanden 1. April 1879 durch Vereinigung der frühern Königlich preuß. Staatsdruckerei (gegründet 1852) und der Königlich Geheimen Oberhofbuchdruckerei (R. von Decker; s. Decker, Familie). Sie ist im allgemeinen nur zu unmittelbaren Zwecken des Reichs und der Bundesstaaten bestimmt, arbeitet aber auch für Kommunalbehörden, Korporationen und in gewissen Fällen selbst für Privatpersonen. Die Hauptthätigkeit besteht in der Herstellung von Reichskassenscheinen, Reichsbanknoten, Schuldverschreibungen, Wertzeichen für das deutsche Reichspostgebiet, Wechselstempelzeichen und andern Marken und geldwertigen Papieren, ferner im Druck von Gesetz- und Verordnungsblättern und amtlichen Werken («Reichskursbuch», Patentschriften u. a.), auch fremdsprachlichen, endlich in der Vervielfältigung der Generalstabskarten, Nachbildung von Kupferstichen u. a. durch die verschiedenen photomechan. Verfahren. Um die Förderung des Druckgewerbes macht sich die R. verdient durch Anstellung von Versuchen in den verschiedenen graphischen Künsten, durch Prüfung neuer Verfahren, durch Aufstellung von Mustern für Schrift und Verzierung, so in ihren Randeinfassungen, Initialen und Zierleisten für den Buchdruck (1885 und 1889), in ihren Beiträgen zum internationalen Musteraustausch, in den Nachbildungen hervorragender Druckschriften des 15. bis 18. Jahrh. (1884‒87), in der Sammlung von deutschen und ital. Inkunabeln (1892 fg.). In Thätigkeit sind 72 Buchdruckpressen (darunter 4 Rotationsmaschinen), 30 Kupferdruck-, 38 Stein- und Lichtdruckpressen, 1 Steindruck- und 1 Lichtdruckschnellpresse, 2 Komplett-, 10 Handgießmaschinen mit 4 Gießöfen; chalkographische und Gravierabteilung, Buchbinderei und Reparaturwerkstätten. Das Budget beträgt (1893‒94) in der Einnahme 5,69, in der Ausgabe 4,28 Mill. M. An der Spitze der R. steht ein Direktor mit stän- ^[folgende Seite]