Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

728

Reichspfennigmeister - Reichsritterschaft

vertreten. Ihr Wahlaufruf vom Mai 1893 betont das Festhalten der Partei an der durch Bismarck eingeführten Wirtschaftspolitik, unter besonderer Berücksichtigung von Landwirtschaft und Handwerk, fordert Beseitigung der Mängel der socialen Gesetzgebung, Schutz für Arbeiter und Arbeitgeber gegen die Socialdemokratie, und strebt nach Herbeiführung einer Verständigung zwischen den konservativen und den gemäßigt liberalen Anschauungen.

Reichspfennigmeister, im ehemaligen Deutschen Reich ein Beamter, welcher die Reichssteuern, besonders den Römermonat (s. d.), einzunehmen und zu verrechnen hatte.

Reichspost, Deutsche, s. Postwesen (S. 329 b).

Reichspostamt, die höchste Behörde für das deutsche Reichspost- und Telegraphenwesen (mit Ausschluß von Bayern und Württemberg) in Berlin, entstanden (Erlaß vom 22. Dez. 1875) durch Vereinigung des kaiserl. Generalpostamtes und der Generaldirektion der Telegraphie, zunächst als Generalpostamt unter Leitung des Generalpostmeisters, seit 1880 (Erlaß vom 23. Febr.) als R. unter Leitung eines Staatssekretärs des R. Das R. besteht aus drei Abteilungen: 1) Postwesen und Betriebsdienst der Post sowie ausländische Postbeziehungen, 2) Telegraphenwesen, Betrieb und internationale Beziehungen der Telegraphie, 3) gemeinsame Abteilung für Gesetzgebung, Personalwesen, Bauten und Etatssachen. Das R. ist die vorgesetzte Behörde der Oberpostdirektionen (s. d.).

Reichspostflagge, die deutsche Nationalflagge mit einem in der Mitte des weißen Feldes angebrachten gelben Posthorn mit der kaiserl. Krone darüber (s. Tafel: Flaggen der Seestaaten, Bd. 6, S. 862). Diese R. haben nur die Behörden im Bereiche des Reichspostamtes zu führen; außerdem haben solche deutschen Schiffe, welche im Auftrage der Reichspostverwaltung die Post befördern, solange sie die Post an Bord haben, neben der Nationalflagge die Postflagge im Großtop zu heißen. Für dieselbe Zeit sind diese Schiffe berechtigt, die Postflagge als Gösch auf dem Bugspriet zu führen.

Reichspostgesetz, s. Postgesetz.

Reichspostmuseum, eine seit 1874 im Generalpostgebäude (Reichspostamt) zu Berlin befindliche Sammlung von Abbildungen und Modellen älterer und neuerer Verkehrsmittel aller Zeiten und Völker sowie von Zeichnungen und Modellen von neuen deutschen Post- und Telegraphengebäuden u. s. w. Der Grund dazu wurde von dem Generalpostmeister von Stephan Anfang 1874 mit Einrichtung einer Plan- und Modellkammer gelegt, in welche die seitens der Reichspostverwaltung 1873 auf der Wiener Weltausstellung ausgestellt gewesenen Modelle von Personen- und Güterpostwagen, Bahnpostwagen u. s. w., ferner die amtlichen Kurskarten, Pläne u. s. w., sowie die große Postwertzeichensammlung des vormaligen Generalpostamtes Aufnahme fanden. Die Sammlung wurde allmählich zu einem Post- und Telegraphenmuseum erweitert. Das Museum umfaßt 26 Abteilungen. – Vgl. Hennicke, Das R. (Berl. 1889).

Reichsprüfungs-Inspektoren, dem Reichsamt des Innern unterstehende Beamte, die darüber zu wachen haben, daß die von dem Bundesrat erlassenen Vorschriften über die Prüfung der Seeschiffer, der Seesteuerleute und der Seedampfschiffsmaschinisten überall gleichmäßig befolgt werden. Es giebt einen Reichsprüfungs-Inspektor für die Seeschiffer- und Seesteuermannsprüfungen und zwei R. für die Seedampfschiffsmaschinisten-Prüfungen.

Reichsquartiermeister, s. Erzmarschall.

Reichsrat, in der Österreich-Ungarischen Monarchie (s. d., Bd. 12, S. 721 b) Bezeichnung für die parlamentarische Vertretung Cisleithaniens; in Bayern für die Erste Kammer des Landtags; in Rußland für die oberste Behörde der Staatsverwaltung. Auch in Dänemark und in Schweden führten diesen Namen ehemals zwei Versammlungen, die aus den höchsten Kronbeamten und andern vom König aus dem Adel gewählten Mitgliedern bestanden. Sie besaßen in Dänemark bis 1660, in Schweden bis 1772 fast allen polit. Einfluß.

Reichsrayonkommission, s. Festungsrayon.

Reichsrechnungshof, s. Oberrechnungskammer.

Reichsrecht, im Gegensatz zum Landesrecht das durch das neue Deutsche Reich geschaffene Recht.

Reichsregiment, Regierungsbehörde, die auf dem Augsburger Reichstag 1500 mit dem ständigen Sitz in Nürnberg eingesetzt wurde und aus 20 Mitgliedern (6 Kurfürsten, 1 geistlichen und 1 weltlichen Fürsten, 1 Deputierten der Grafen und Herren, 1 Prälaten, 2 Deputierten von 8 Reichsstädten und 6 Deputierten der 6 Reichskreise) unter dem Vorsitz des Kaisers oder eines von diesem ernannten Stellvertreters bestand. Die Reichsregimentskanzlei stand unter dem Erzkanzler. Das R. konnte alle innern und äußern Angelegenheiten des Reichs erledigen, die sonst dem Kaiser allein oder mit dem Kurfürstenkollegium oblagen. Aber schon 21. März 1502 löste Kaiser Maximilian das R. wieder auf; ein neues, 1521 von Karl Ⅴ. eingesetztes R., das aber nur während der Abwesenheit des Kaisers in Wirksamkeit treten sollte, erhielt sich bis 1530. – Vgl. V. von Kraus, Das Nürnberger R. (Innsbr. 1883).

Reichsrennfahne, ein Feldzeichen des mittelalterlichen deutschen Reichsheers, welches von der Vorhut geführt worden zu sein scheint, während die Reichssturmfahne (s. d.) sich beim Hauptheer befand.

Reichsrezeß, s. Reichsabschied.

Reichsritterschaft, der ehemals in den verschiedenen Kreisen Deutschlands angesessene, mit seinem Grundbesitz dem Kaiser und dem Reiche unmittelbar unterstehende Adel. Die R. übte auf ihrem Gebiete über ihre Unterthanen die herkömmlichen Regierungsrechte, zahlte selbst weder Reichs- noch Kreissteuern, sondern lieferte nur sog. Charitativsubsidien, die sie von ihren Unterthanen erhob, an den Kaiser. Die Reichsritter nahmen zwar nicht an den Reichstagen teil, genossen aber die übrigen Rechte unmittelbarer Reichsstände. Es waren zuletzt über 350 Familien, die zusammen mehr als 5000 qkm und 200000 E. besaßen. Die R. teilte sich in den Schwäbischen, Fränkischen und Rheinischen Kreis, deren jeder wieder in eine Anzahl Kantone zerfiel. An der Spitze jedes Kantons stand ein Ritterhauptmann mit einigen Ritterräten und einem Kantonausschuß. Jeder Kreis hatte seine Kreisversammlung und sein Direktorium. Durch diese Verbindung und Solidarität gelang es, gegen die von allen Seiten andringende landesfürstl. Gewalt die hergebrachten Gerechtsame und kaiserl. Privilegien zu schützen. Doch war schon im 18. Jahrh. ihr Verfall unverkennbar, der durch die neuen Staatenbildungen gefördert wurde. Die Französische Revolution erschütterte zunächst auf dem linken Rheinufer den bisherigen Besitzstand