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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rettungskorb - Retz (Jean François Paul de Gondy)
gegründete Raube Haus (s. d.) in Hamburg. Auch
in andern Staaten sind in neuerer Zeit viele der-
artige Anstalten entstanden. So in Frankreich die
1889 gegründete (^olouiö a^i-icols penitentiHire
zu Mettray bei Tours, die 700 Knaben faßt, ein
Gut von 200 kH bewirtschaftet und der sich nach
und nach mehr als 80 ähnliche Anstalten ange-
reiht haben; in Belgien die Ncols äs refoims zu
Nuijsielede mit nahezu 1000 Knaben und zu Bcar-
nem, welche sür Mädchen bestimmt ist, in England
und Nordamerika die II0U868 0k reku^s oder ol ro
foi-mation oder Reloi-m 8e1iooi3. In einigen Ge-
genden, z. V. in Hannover, Baden, Württemberg
und der Rheinprovinz, hat man in neuerer Zeit mit
Erfolg dasselbe Ziel durch Unterbringung der be-
treffenden Kinder in geeigneten Familien angestrebt.
Rettungskorb, s. Feuerwehrrettungsapparate.
Rettungsmedaillen, Ehrenzeichen für die Ret-
tung eines Menschen mit eigener Lebensgefahr, be-
stehen in den meisten europ. Staaten. Die preusi.
Rettungsmedaille aus Silber, gestiftet 1. Febr. 1833
von Friedrich Wilhelm III., zeigt das Bild des
Stifters, auf dem Revers die Inschrift: "Für Ret-
tung aus Gefahr"; die sächs. Rettungsmedaille hat
3 Klassen (Gold, Silber, Bronze), wurde 18. Mai
1831^von König Anton gestiftet und zeigt das Bild
des Stifters, auf dem Revers die Inschrift: "Für
Lebensrettung".
Rettungssack, Rettungsschlauch, Ret-
tungstuch, Rettungsturm, s. Feuerwehrret-
tungsapparate.
Rettungswesen zur See. Das N. z. S. vcr-
dankt seine Einrichtung einer Anzahl von Privat-
gesellschaften, die an den gefährlichsten Küstenpunk-
ten des nördl. und westl. Europas Rettungssta-
tionen mit den dazugehörigen Apparaten unterhal-
ten und die Rettungsmannschaften ausbilden und
entschädigen. Die Veranlassung zur Gründung einer
Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger war 1789 der
Untergang des Schiffs Adventure nebst Besatzung
an der Tynemündung in England. Doch blieb bis
1823 das R. z. S. ohne Belang. Erst 1824 wurde auf
Anregung Sir William Hillarys die Xationa! In-
LtitutiOQ lor tQ6 ?l686rVll,ti0l1 ol 1^0 tl'0M 8Iiip-
^i-eck gegründet, aus der sich 1854 die NoM 5^-
tionai I^ile-LolU Institution lor tiis I^äki-vation
ok I^iks ki'om 8Iiip^i-6ck bildete. Die engl. Gesell-
schaft zur Rettung Schiffbrüchiger zählte 1894: 308
Rettungsboote und 307 Naketenstationen mit im
ganzen 38 633 geretteten Menschenleben. In Frank-
reich wurde 1865 die Lociötö ^6nti-ai6 äs äuuvewxo
ä68 113.1^5^68 gegründet. 1894 hatte Frankreich
485 Rettungsstationen mit Booten, Kanonen und
Pfeilapparaten, mit denen 7007 Menschen gerettet
wurden. Über die Deutsche Gesellschaft zur
RettungSchiffbrüchigers. 0. Mebrere Staaten
folgten dem gegebenen Beispiel, so Holland, Bel-
gien, Dänemark, Italien, Schweden, Spanien, Ruß-
land, die Vereinigten Staaten von Amerita, China.
Zu den Rettungsapparaten geboren haupt-
sächlich Rettungsboote, Rettungsgeschosse nebst
Signal- und Beleuchtungsapparaten und Rettungs-
bojen, Korkjacken, Gürtel u. s. w. (Hierzu die Ta-
fel: Rettungswesen zur See. Zur Erklärung
vgl. die Artikel: Naketenapparat und Rettungsboote.)
- Vgl. Schumacher, Das Rettungswesen (Berl.
1868)'. Lewis, ^de lito-dolU anä st8 noi-k (Lond.
1874); ^imuai i-spoi't ol tlio Ro^ai X^tional I^it'o
Loat Inätitlitiou lor 1885; Import ot tue o^ki-^-
ti0N3 o5 tdo I^niteä 3tat63 I^il6'33.vinF servics
1880-84; Von den Küsten und aus See, Organ
der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiff-
brüchiger (Brem. 1884-94).
1 Reiz, Stadt in der österr. Vezirkshauptmann-
^ schast Obcrbollabrunn in Niederösterreich, an der Ost-
seite des Mannhartsderges und an der Linie Wien-
Znaim der Österr. Nordwestbahn, Sitz eines Bezirks-
gerichts (251,84 ^m, 20412 E.), hat (1890) 1205, mit
der Altstadt R. 3131 E., alte Mauern und Gräben,
Dominikanerkloster (um 1300 gegründet), bedeuten-
den Weinbau. Die Weine in der Umgebung gelten
für die besten an der nördl. Donauseite.
Netz, Albert de G 0 ndy, Marschall von Frank-
i reich, geb. 4. Nov. 1522 zu Florenz, kam mit sei-
, nem Vater durch Katharina von Medici 1547 an
! den Hof und brachte 1565 durch Heirat die später
! von Ludwig XIV. zum Pairieherzogtum erhobene
^ Baronie Retz im heutigen Depart. Nnterloirc an
! sich. Er stand Karl IX. persönlich nahe, kämpfte
gegen die Hugenotten bei St. Denis, Iarnac,
Moncontour, war an der Bartholomäusnacht be-
teiligt, belagerte 1572 La Rochelle von der See her
und erbiclt 1573 mit dem Marschallsstabe nebst
andern Ämtern das Gouvernement Metz. Danach
schloß er sich Heinrich von Anjou auf der Königsfahrt
nach Polen an und kam abermals in Frankreich zur
Macht, als Hcinrick III. dort 1574 den Thron bestieg.
Nach des Königs Ermordung säumte N. nicht, mit
Heinrich IV. Frieden zu machen, unter dem er hoch
geehrt wurde, bis er 12. April 1602 in Paris starb.
Retz (Rayz), Gilles de Laval, Baron von,
Marschall von Frankreich, geb. um 1396, zeichnete
sich unter Karl VII. gegen die Engländer, namentlich
^ bei Orleans aus, wo er an der Seite der Jungfrau
! socht, und erhielt später den Marschallsstab. Durch
großen Aufwand zu Grunde gerichtet, zog er sich
auf sein Schloß in der Gegend von Nantes zurück.
Hier erhoben sich allmählich dunkle Gerüchte von
^ unerhörten Schandthaten, die er verüben sollte, so
^ daß ihn endlich der Bischof von Nantes vor einer
gemischten Kommission zur Rechenschaft zog. Es
ergab sich, daß R. seit 14 Jahren mehrere hundert
Kinder in sein Schloß gelockt und dort einer unnatür-
lichcn^Wollust geopfert hatte. R. wurde 25. Okt. 1440
zum Feuertod verurteilt.
! Retz, Jean Francois Paul de Gondy, Kardinal
von, Teilnehmer an'den Unruhen der Fronde, geb.
1614 zu Montmirail, wurde für den geistlichen
Stand bestimmt und 1643 zum Koadjutor des Erz-
bischofs von Paris, seines Oheims, ernannt. R.,
ausschweifend, ehrgeizig, rebellisch, wußte sich mit
kühnem Geschick bei den Pariser Massen popu-
lär zu machen. Schon gegen Richelieu hatte er sich
mit ^oi^ons (s. d.) verschworen; als ihn dann Ma-
! zarin aus der Gunst der Königin verdrängte, deckte
er seine Gesinnung mit den kirchlichen Interessen,
deren Vertretung er sich mit Eifer annahm. Ein
feuriger Redner, suchte er von der Kanzel und in
klerikalen Versammlungen zu wirken, ohne deshalb
sein wildes Leben zu ändern. So ward 1648 die
Fronde (s. d.) der rechte Tummelplatz für ihn. Ein
geistlicher Temagoge, hetzte er die Bevölkerung von
Paris gegen die 'Regierung, mischte sich unter das
, Volk und galt neben dem Prinzen von Honde (s.d.),
! den er an polit. Klugheit weit überragte, als das
^ Haupt der Bewegung. Nach Mazarins Entfernung
l brach R. bald mit Conde, näherte sich 1651 Anna
! von Östcrreick, die sich mit ihm und den Seinen