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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rheinprovinz
weine) wird in gröherm Umfange an der Mosel als
am Rhein betrieben. Die Viehzucht ist nur sür Rind-
vieh bedeutend' die nicht umfängliche Pferdezucht
befördert das Landgestüt zu Wickrath im Kreis
Grevenbroich mit 105 Landbeschälcrn, aber nur etwa
40 Deckstationen. Der Viehbestand betrug (1. Dez.
1892) 102 357 Pferde, 1076 945 Stück Rindvieb,
249238 Schafe, 646481 Schweine, 292007 Ziegen
und 95674 Bienenstöcke. Die Provinz hat (1893)
831092 1i3. Forsten, darunter 327 182 Privat-,
140933 Staats- und 329538 da Gemeindeforsten.
Die Waldungen bestehen zu 77,2 Proz. aus Laub-
bolz und liefern unter andcrm anfebnliche Mengen
Gcrbrinde, für welche in Trier, Et. Goar, Boppard
und Wesel große Markte abgehalten werden.
Industrie und Gewerbe. Die Industrie und der
Gewerbfleift, in welchen die R. allen andern Pro-
vinzen Preußens voransteht und welche zu den ent-
wickeltsten im Deutschen Reiche gehören, stützen sich
auf unermeßliche Steinkohlenlager und andere
mineralische Schätze. Die Mittelpunkte des Stein-
kohlenbergbaues liegen an der Ruhr l^. Rheinisch-
Westfälisches Kohlenbecken) und an der <^aar (^aar-
kohlenbcckcn, s. d.), schwächere Betriebsstätten bei
Aachen und Eschweilcr (Indc- und Wurmgebiet).
Braunkohlen werden bei Vrühl im Landkreis Köln
abgebaut. Der Erzbergbau fördert Eisenerz, Blei-,
Galmei-, Zink- und Kupfererze, Kupferkies, Qucck-
silbererz, Manganerz, Schwefelkies, Alaunerz u. s. w.
Die Salinen liefern Kochsalz, schwefelsaure Tboncrde,
Alaun, vornehmlich aber Glaubersalz und schwcfel-
saures Kali. Zum Teil großartig sind die Steinbrüche
von Dachschiefer, Gips, Traß und Tuffstein, Lava-
Mühlstein, Sandstein und Kalk. Pfeifen- und Töpfer-
thongruben liefern vorzügliches Material für die
keramische Industrie (Mcttlach). Die Glasindustrie
(Saarkohlengebiet, Stolbcrg) zählt zu den leistungs-
fähigsten. Einen ungewöhnlichen Umfang hat die
Hüttenindustrie und Metallverarbeitung'. Eisenwerke
sind zu Duisburg, Düsseldorf, Esfen, Obcrhausen,
Köln, Deutz, Eschweiler, Neunkirchen, bei Trier, zu
Dillingen,Etolberg u. s. w.; hervorragend sind ferner
die Kleincisen- und Stahlwarenindustrie (Solingen,
Remsckeid, Lennep), Nähnadelfabrikation (Aachen,
Vurtscheid), Messingwarenindustrie (Aacben, Stol-
bcrg), Draht- und Drahtscilindustrie, Maschinen-
bau, Herstellung von Lokomotiven, Dampfkesseln,
Eisenbahnschienen, Panzerplatten, Kanonen, Schuß-
waffen und der Schiffbau. Berühmt sind ferner
die Aachener und Burtfcheider Tuche und Buckskins,
die Wollzeuge von Düren, Elberfeld, Eupen,
Lennep, Kettwig, Werden u. s. w., die Seidcn-
warcn von Krcfeld und Elberfeld, die halbseidenen,
Sammet- und gemischten Waren von Elbcrfeld,
Barmen, Mülheim a. Rh., Rheydt, Viersen, M.-
Gladbach u. s. w., die Bandwaren, Litzen, Kordeln
und Stoffknöpfe von Elberfcld und Barmen, die
Baumwollwarcn aus dem Wuvperthal, wo auch
die Türkischrotfärberei ihren Hauptsitz hat, die
Leincnwaren der Kreise M.-Gladbach, Grevenbroich
und Neuß u. s. w. Auch die Gerberei und Leder-
industrie (Malmedy, St. Vith), die Papierindustrie
(Kreise Iülich und Düren), die chem. Großindustrie,
die Sprengstoff- und Farbenfabrikation lKöln, Duis-
burg, bei Aachen, im Ruhrthale, im Saargebicte),
die Schaumweinfabrikation (Koblenz). Die Zucker-
und Tabakfabrikation und die Brauerei sind sehr
entwickelt, ebenso die Hausindustrie in der Textil-
und Kleineisenindustrie.
Handel und Verkehrswesen. Infolge der groß-
artigen und vielseitigen Industrie haben auch Han-
del und Verkehr sich außerordentlich entwickelt. Die
Städte Köln, Koblenz, Duisburg, Düsseldorf, Aachen,
Ruhrort, Wesel sind hervorragende Handelsplätze.
Die Provinz bat im ganzen 792 km Wasserstraßen,
8385,6 km Chausseen, darunter 6856,4 Provinzial-
und 1389,? Kreis- und Gemeindechausseen sowic(1892
-93) 3100,5 kni Eisenbahnen (d. i. 126 kin Eisen-
babnen auf 1000 hkm Flächenraum und 70,4 km
auf 100 000 E.), darunter 988,5 km staatliche und
60,9 km private Nebenbahnen, und ist die an Eisen-
bahnen reichste der ganzen Monarchie. Oberpost-
direktionen bestehen in Aachen, Düsfeldorf, Koblenz,
Köln und Trier. Die Lage der Provinz und der
Reichtum an landschaftlichen Schönheiten sowie die
Mineralquellen und Bäder haben großen Fremden-
verkehr zur Folge.
Uuterrichtswesen. An Vildungsanstalten be-
steben die Universität Bonn (s. d.) mit der land-
wirtscbaftlicken Akademie Poppelsdorf, die Tech-
nische Hochschule zu Aachen (s. d.), die königl. Kunst-
akademie zu Düsseldorf, ferner (1892) 31 Gym-
nasien, 16 Progymnasien, 12 Realgymnasien, 1
Oberrealschulc, 10 Realprogymnasien, 7 Real-
schulen, 6 öffentliche höhere Bürgerfchulen, 16 Leh-
rer- und 3 Lehrerinnenseminare, 6 andere Lehrerin-
! nenbildungsanstalten, 1 königl. und 1 private Prä-
parandena'nstalt, 96 Mittelschulen, 4643 öffentliche
Volksschulen mit 814838 Schulkindern, 1 Vlinden-
und 8 Taubstummenanstalten, 2 Landwirtschafts-,
5 Ackerbau-, 1 Wiesenbau-, 8 Obstbauschulen, 1
Pomologischcs Institut, 2 Molkereischulen, 219
ländliche Fortbildungs- und Winterschulen, 3 Ge-
^ werbefach-, 2 Handels-, 1 Eisenbahnschule, 3 höhere
^ Webschulen, 1 Hütten-, 2 Berg- und 3 Vergvor-
^ schulen, je 1 Fachschule sür Metall- und sür Klein-
eisen- und Stahlindustrie, 6 Kunsthandwerk- und
! Zeichen-, 3 Korbflecht-, 13 Industrie- und zahlreiche
gewerbliche Fortbildungsschulen, endlich 1 Kriegs-
! schule, 1 Kadettenanstalt, 1 Unterofsizierschule und
! 1 Hebammenlehranstalt.
! Verfassung und Verwaltung. Die Provinz zer-
^ fällt in fünf Regierungsbezirke:
Regie-


n

ätten

hner

rungs-




nst



bezirke

G












iZ
Z 3
Koblenz. .
6204,70
24
1016
5
105 463
132 405
633 638
102
Düssoldorf
5472,53
63
367
-
206908
392 843
1973 115
361
Köln. . . .
3977,05
15
281

111923
172235
827 074
208
Trier . . .
7183,03
14
1111
2
110 608
138 635
711998
99
Aachen . .
4154,72 15
375
-
85 852
117 785
564 566
136
Sitz des Oberpräsidenten ist Koblenz. Am 1. April
1888 ist die neue Provinzialordnung (s. d.) sür die
R. vom 29. Juni 1887 gleichzeitig mit der Kreisord-
nung (s. d.) vom 30. Mai 1887 und 1. Juli 1888
das Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung
in Kraft getreten. Für die Reichstagswahlen be-
stehen 35 Wahlkreise. (Vgl. die Artikel der Regie-
rungsbezirke.) Im Herrenhause ist die Provinz
^ <1895) durch 28 Mitglieder vertreten, darunter 5 erb-
^ liche, 5 auf Lebenszeit und 16 auf Präsentation be-
> rufenc. In das Abgeordnetenhaus wählt sie 62 Ab-
^ geordnete. Die evang. Kirchenangclegenheiten ver-
> waltet das Konsistorium zu Koblenz (zugleich für
, Hohenzollcrn). Für die röm.-kath. Kirche besteht das
! Erzbistum Köln mit den Suffraganbistümern Trier