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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Rodbertus; Rode; Rodehaue; Rödelheim; Rödeln; Rodenberg

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Rodbertus – Rodenberg

Rodbertus, Joh. Karl, deutscher Nationalökonom und Socialpolitiker, geb. 12. Aug. 1805 zu Greifswald, erhielt seine Gymnasialbildung in Mecklenburgisch-Friedland und studierte in Göttingen und Berlin die Rechte. Sodann arbeitete er als Auskultator am Land- und Stadtgericht zu Alt-Brandenburg, ging 1829 als Referendar zum Oberlandesgericht nach Breslau und 1830 zur Regierung nach Oppeln. 1832 trat R. aus dem Staatsdienste, machte längere Reisen, kaufte 1835 das im pommerschen Kreise Demmin gelegene Gut Jagetzow und siedelte 1836 dorthin über. Im Mai 1848 wurde R. vom Kreise Usedom-Wollin in die preuß. Nationalversammlung gewählt, wo er der Stifter und Führer des linken Centrums wurde. Bei der Bildung des Ministeriums Auerswald-Hansemann (25. Juni 1848) übernahm R. das Portefeuille des Kultus, legte dasselbe aber schon nach 14 Tagen nieder und bemühte sich nun, innerhalb der preuß. Nationalversammlung die deutsche in Frankfurt zu unterstützen, bis erstere im November aufgelöst wurde. Bei den Kammerwahlen im Jan. 1849 wurde R. von Berlin in die Zweite Kammer gewählt und brachte 13. April den Antrag auf Anerkennung der von der Frankfurter Versammlung beschlossenen Reichsverfassung ein, welcher von der Kammer 21. April angenommen wurde, worauf 27. April die Auflösung derselben erfolgte. Nach Oktroyierung des Klassenwahlgesetzes vertrat R. das Princip der Wahlenthaltung seitens der Demokratie. Als Lassalle 1862 seine Arbeiteragitation begann, forderte er R. zur Mitwirkung auf; dieser lehnte jedoch ab, weil er die sociale Frage nicht als eine politische, sondern als eine rein wirtschaftliche behandelt wissen wollte, und veröffentlichte einen darauf bezüglichen «Offenen Brief an das Komitee des deutschen Arbeitervereins» (Lpz. 1863). Wahrend der Konfliktzeit bekannte sich R. zur Politik des Ministeriums Bismarck und verteidigte in der Presse namentlich die Armeereorganisation. Er starb 6. Dez. 1875 auf seinem Gute Jagetzow.

R. ist der eigentliche Begründer des wissenschaftlichen Socialismus in Deutschland; im Gegensatz zu der internationalen und materialistischen Tendenz des Marxismus ist er aber idealistisch national und monarchisch gesinnt und erwartet von dem Staatssocialismus, von einem Vorgehen auf gesetzlichem Wege die Lösung der socialen Frage. Auf agrarpolit. Gebiet hat er sich besonders bekannt gemacht durch seine Aufstellung des sog. Rentenprincips (s. d.). Von R.’ Schriften sind zu nennen: «Zur Erkenntnis unserer staatswirtschaftlichen Zustände» (Heft 1, Neubrandenb. 1842), «Die preuß. Geldkrisis» (Anklam 1845), «Sociale Briefe an von Kirchmann» (3 Hefte, Berl. 1850‒51; das 2. u. 3. neu hg. u. d. T. «Zur Beleuchtung der socialen Frage», ebd. 1875; 2. Aufl. 1890), «Die Handelskrisen und die Hypothekennot der Grundbesitzer» (ebd. 1858), «Zur Erklärung und Abhilfe der heutigen Kreditnot des Grundbesitzes» (2 Bde., Jena 1869), «Der Normalarbeitstag» (Berl. 1871). Aus seinem Nachlaß haben herausgegeben: A. Wagner und H. Schumacher, «Briefe von F. Lassalle an R.» (Berl. 1878); A. Wagner und Kozak, «Das Kapital. Vierter socialer Brief an von Kirchmann» (ebd. 1884); «Zur Beleuchtung der socialen Frage» (2. Tl., ebd. 1885). R.’ «Kleine Schriften» (ebd. 1890) gab Moritz Wirth heraus. – Vgl. Kozak, R.’ socialökonomische Ansichten (Jena 1882); Adler, R., der Begründer des wissenschaftlichen Socialismus (Lpz. 1884); Dietzel, Karl R. Darstellung seines Lebens und seiner Lehre (2 Bde., Jena 1886‒87).

Rode (dän.), s. Rute.

Rode, Pierre, Geiger, geb. 26. Febr. 1774 zu Bordeaux, von deutscher Abkunft, begab sich 1787 nach Paris, wo Viotti ihn unterrichtete, unternahm 1796 seine erste Kunstreise, wurde dann Professor am Konservatorium und Soloviolinist in der Hauskapelle des Ersten Konsuls Bonaparte. Vorteilhafte Anträge des russ. Hofs bestimmten ihn 1803, sich mit Boieldieu in Petersburg niederzulassen. In diese Zeit fällt der Höhepunkt seiner künstlerischen Leistungen. Fünf Jahre blieb er daselbst, worauf er nach Frankreich zurückkehrte. Er starb 27. Nov. 1830 in Bordeaux. Unter seinen Violinkompositionen sind besonders berühmt die 12 Konzerte, welche von allen Violinmeistern gespielt wurden. Bedeutender noch war R. als Lehrer. Mit Baillot und Kreutzer begründete er den Ruf der Pariser Geigerschule, in der noch heute seine Traditionen leben. Die drei genannten Meister veröffentlichten die «Große Violinschule des Pariser Konservatoriums».

Rodehaue, s. Gartengeräte (Bd. 7, S. 555 a).

Rödelheim, Stadt im Landkreis Frankfurt a. M. des preuß. Reg.-Bez. Wiesbaden, 5 km nordwestlich von Frankfurt a. M., an der Nidda und der Linie Frankfurt-Homburg der Preuß. Staatsbahnen und der R.-Cronberger Eisenbahn (9,7 km), hat (1890) 4601 E., darunter 1589 Katholiken und 192 Israeliten, Post, Telegraph, evang. und neue kath. Kirche, Schloß der Grafen von Solms-Rödelheim mit Park, Villen Frankfurter Bürger; Ziegeleien und Fabriken für Maschinen, Schrauben und Chemikalien.

Rödeln (Rödelung), bei Kriegsbrücken das Befestigen des Brückenbelags auf den Streckbalken. Zu diesem Zwecke werden Rödelbalken auf die äußern Ränder des Belags gelegt und mit den Streckbalken durch Taue, Nägel u. s. w. verbunden, so daß die äußern Enden der Belagbretter zwischen Streckbalken und Rödelbalken eingeklemmt sind.

Rodenberg, Stadt im Kreis Rinteln des preuß. Reg.-Bez. Cassel, an der Aue zwischen den nördl. Ausläufern der Bückeberge und des Deister, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Hannover), hat (1890) 1633 E., darunter 18 Katholiken und 37 Israeliten, Post und Telegraph. R. war einst Sitz der Grafen von Schaumburg, von deren Schloß noch Ruinen vorhanden sind.

Rodenberg, Julius, Dichter und Schriftsteller, geb. 26. Juni 1831 zu Rodenberg, studierte seit 1851 zu Heidelberg, Göttingen, Marburg und Berlin die Rechte und widmete sich dann der Litteratur. Er veröffentlichte: «Fliegender Sommer» (Brem. 1851), die epischen Dichtungen «Dornröschen» (ebd. 1852), «König Haralds Totenfeier» (Marb. 1853; 3. Aufl. 1855), das Gedicht «Der Majestäten Felsenbier und Rheinwein Kriegshistorie» (Hannov. 1853; 3. Aufl. 1854); ferner «Lieder» (ebd. 1854 u. ö.), die später vermehrt als «Lieder und Gedichte» (Berl. 1863; 5. Aufl. 1880) erschienen. Mit seiner ersten Prosaschrift, dem «Pariser Bilderbuch» (Braunschw. 1856), dem die «Kleine Wanderchronik» (2 Bde., Hannov. 1858) folgte, betrat R. ein Litteraturfeld, für das er andauernd ein eigentümliches Talent bekundet hat. Von 1856 bis 1862 führte er ein Wanderleben, durchstreifte England, Wales, Irland und Schottland, lebte auf den Normannischen In- ^[folgende Seite]