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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rom und Römisches Reich (unter den Kaisern)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Rom und Römisches Reich (unter den Kaisern)'

die dieser ebenfalls bedacht hatte, beseitigt waren. Aber wieder entbrannte der Thronstreit; Constantius fiel bei Aquileja in einem Kriege gegen Constans 340, dieser im Kampfe gegen Magnentius, der 350 in Gallien als Kaiser auftrat. Constantius II. mußte sich zunächst mit den Persern herumschlagen, zwang dann einen Prätendenten, Vetranio, zur Unterwerfung und besiegte schließlich 351 entscheidend Maxentius. Die Hauptthat seiner Alleinherrschaft (353–361) ist die Erhebung des Christentums zur Staatsreligion. Er starb 361 auf dem Zuge gegen seinen Vetter Julianus, der als Cäsar in Gallien seit 355 sehr glücklich gegen die Alamannen und Franken gefochten hatte und dort 360 von den Legionen zum Kaiser des Westens ausgerufen worden war. Durch Julianus, der 363 im Kriege gegen die Perser fiel, wurde das Christentum wieder zurückgedrängt, aber nur vorübergehend, da sein Nachfolger Jovianus die alten Verhältnisse wiederherstellte. Als dieser schon im Febr. 364 starb, folgte Valentinianus I. (364–375), der seinen Bruder Valens (364–378) zum Mitkaiser im Osten ernannte. Valentinian führte ein straffes, zuweilen hartes Regiment, war aber ein trefflicher Organisator. Er starb auf einem Zuge gegen die Quaden und ihm folgten seine beiden Söhne, der von ihm schon 367 zum Augustus erhobene Gratianus und der vierjährige Valentinianus II. Währenddessen hatte im Osten Valens den Gegenkaiser Prokopius 366 besiegt und mit Persern und Goten Krieg geführt. Gegen die vor den Hunnen auf röm. Gebiet geflüchteten Westgoten fiel er in der Unglücksschlacht bei Adrianopel 9. Aug. 378. Gratianus, den ein Vorstoß der Linzgaualamannen aufgehalten hatte, kam zu spät. Er berief jetzt (379) den Spanier Theodosius (379–395), den Sohn eines erprobten Feldherrn seines Vaters, zum Kaiser des Ostens, unterlag aber 383 selbst dem von den brit. Legionen als Kaiser ausgerufenen Maximus. Theodosius, der indessen die Westgoten (382) zum Frieden genötigt hatte, erkannte zunächst Maximus an; als dieser aber dem Valentinian Italien raubte, schlug er ihn 388 und ließ ihn hinrichten. Dasselbe Los traf durch ihn 394 Eugenius, den der Franke Arbogast nach Valentinians II. Ermordung 392 zum Kaiser des Westens gemacht hatte. Aber schon 17. Jan. 395 starb Theodosius, nachdem er vorher unter seine beiden Söhne Arcadius und Honorius das Reich geteilt hatte. Theodosius erhob das kath. Christentum ausdrücklich zur Staatsreligion und erklärte die noch fortgesetzte Ausübung des heidn. Kultus als Majestätsverbrechen.

Mit der schon längst vorbereiteten, durch Theodosius nun offiziell sanktionierten Trennung der beiden Reichshälften setzt die letzte, vierte Periode der Kaiserzeit und der röm. Geschichte überhaupt ein. Ostrom, d.h. alle Lande östlich des 37.° östl. L. von Ferro, nahm künftighin seine eigene Entwicklung und bildete sich nach und nach zum Byzantinischen Reich (s. d.) um. Westrom umfaßte Italien mit dem westl. Illyricum und Afrika, Gallien, Britannien und Spanien und hatte als Residenz erst Mailand, dann 403 Ravenna. Unter Honorius (395–423) führte der Vandale Stilicho die Regierung kraftvoll und geschickt: zweimal (396 und 403) schlug er die unter Alarich gegen das Westreich vordringenden Westgoten, 405 den Radagais, fiel aber 408 durch Mörderhand. Italien wurde nun von Alarich verheert; 24. Aug. 410 eroberte er Rom, ↔ Spanien ging 409 teilweise an die Vandalen und Sueven, die mit den Alanen seit 406 Gallien durchzogen hatten, verloren. Im Norden von Gallien wurde die röm. Herrschaft durch die Franken, im Osten durch die Alamannen und Burgundionen beschränkt; im Süden entstand 418 das Reich der Westgoten, das sich später auch über Spanien ausdehnte. Britannien wurde von Honorius selbst aufgegeben. Bei seinem Tode (423) hinterließ er keine Nachkommen; der Oberhofnotar Johannes bemächtigte sich jetzt der Herrschaft, verlor sie aber 425 an Valentinian III. (425–455), den Sohn von Honorius' Schwester Placidia und seines Generals und (421) verstorbenen Mitkaisers Constantius. Afrika ging seit 429 an die Vandalen verloren. Dagegen besiegte 451 der tüchtige röm. Feldherr Aetius vereint mit den Westgoten die unter Attila vordringenden Hunnen auf den Catalaunischen Feldern; auch ein gewaltiger hunn. Einfall in Italien (452) wurde am Padus und den Apenninen durch Aetius glücklich abgewehrt. Aber Valentinian beseitigte 454 Aetius, der ihm zu mächtig schien, wurde jedoch 455 durch Petronius Maximus ermordet. Valentinians Witwe, Eudoxia, von diesem zur Vermählung gezwungen, rief noch in demselben Jahre aus Rache die Vandalen nach Italien, die nun unter Genserich Rom im Sommer plünderten. Maximus kam bei einem Volksaufruhr um. Nun erhob und stürzte kurz nacheinander der Patricius Ricimer die Kaiser Anitus (455–456), Majorianus (457–461), Lybius Severus (461–465), Anthemius (467–472). Olybrius, der letzte von ihm berufene Kaiser, starb rasch. Dessen Nachfolger Glycerius mußte schon 474 dem Julius Nepos und dieser 475 dem Romulus Augustulus weichen. Gegen ihn und seinen Vater Orestes führte der Rugier Odoaker sein german. Söldnerheer; Orestes wurde gefangen und hingerichtet, Romulus Augustulus entsagte im Sept. 476 zu Ravenna der Kaiserwürde. So endete das weström. Kaisertum. Odoaker regierte noch eine Zeit lang Italien als deutscher König und als Patricius der Römer, bis er 493 dem Ostgotenkönig Theoderich unterlag. Im mittlern Gallien bestand ein Rest der röm. Herrschaft unter Syagrius, doch erlag auch er 486 dem Franken Chlodwig.

Litteratur. Vgl. zur Königszeit und Republik außer den Werken Niebuhrs (s. d.): Rubino, Untersuchungen über röm. Verfassung und Geschichte (Tl. 1, Cass. 1839); Schwegler, Röm. Geschichte 12. Aufl., 3 Bde., Tüb. 1867–72; fortgeführt von Clason, Bd. 4 u. 5, Berl. und Halle 1873–76); Mommsen, Röm. Geschichte, Bd. 1–3 (Berl. 1854–56; 8. Aufl. 1888); Peter, Geschichte Roms (4. Aufl., 3 Bde., Halle 1881); Ihne, Röm. Geschichte (8 Bde., Lpz. 1868–90; Bd. 1, 2. Aufl. 1893); Ranke, Weltgeschichte, Bd. 2 (ebd. 1883); Nitzsch, Geschichte der röm. Republik (hg. von Thouret, 2 Bde., ebd. 1884–85); Niese, Abriß der röm. Geschichte (Münch. 1889; 2. Aufl. 1895); Montesquieu, Considérations sur les causes de la grandeur et de la décadence des Romains (Par. 1734 u.ö.); Drumann, Geschichte Roms in seinem Übergang von der republikanischen zur monarchischen Verfassung (6 Bde., Königsb. 1834–44); E. W. Fischer, Röm. Zeittafeln (Altona 1846); G. Goyau, Chronologie de l'empire romain (Par. 1891); Clinton, Fasti Romani, Bd. 1 (Lond. 1895).

Zur Kaiserzeit: Höck, Röm. Geschichte vom Verfall der Republik bis zur Vollendung der Monarchie

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 959.