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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Roem.; Röm; Roma; Romagna; Romainville; Roma locuta (est), causa finita (est); Roman; Rom (König von)

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Rom (König von) – Roman (Litteraturgattung)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Rom und Römisches Reich (unter den Kaisern)'

unter Konstantin, Bd. 1 in 3 Abteil. (Braunschw. und Gött. 1841–50); Gibbon, History of the decline and fall of the Roman Empire (6 Bde., Lond. 1776–88 u.ö.; deutsch von Sporschil, 4. Aufl., 12 Bde., Lpz. 1862–63); Merivale, History of the Romans under the Empire (7 Bde., Lond. 1859–62; 2. Aufl., 8 Bde., 1865; deutsch, 4 Bde., Lpz. 1866–72); von Wietersheim, Geschichte der Völkerwanderung (4 Bde., Lpz. 1859–64; 2. Aufl., bearb. von Dahn, 2 Bde., ebd. 1880–81); Hertzberg, Geschichte des Römischen Kaiserreichs (Berl. 1881); Duruy, Histoire des Romains depuis les temps les plus reculés jusqu'à l'invasion des Barbares (7 Bde., Par. 1879–85; deutsch Lpz. 1884 fg.); H. Schiller, Geschichte der röm. Kaiserzeit (Bd. 1 in 3 Abteil., Gotha 1883); Ranke, Weltgeschichte, Bd. 3 u. 4 (Lpz. 1883); Mommsen, Röm. Geschichte, Bd. 5 (Berl. 1886).

Rom, König von, s. Reichstadt, Herzog von.

Röm, Romö, nördlichste der Nordfriesischen Inseln, zur preuß. Provinz Schleswig-Holstein gehörig, 5 km westlich vom Festlande, durch das Lister Tief von Sylt getrennt, 13 km lang, bis 4 km breit, zum größten Teil vom Flugsand der an der Westseite sich erhebenden Dünen bedeckt, zählt gegen 1200 dänisch sprechende E., hat Schiffahrt und Seebäder.

Roem., hinter lat. Petrefaktennamen Abkürzung für Friedrich Adolf Roemer (s. d.).

Roma, der lat. und ital. Name Roms.

Romagna (spr. -mánja, mittellat. Romania, Romandiola), einst der Hauptbestandteil des byzant. Exarchats von Ravenna (s. Exarchat), später der nordöstlichste Teil des Kirchenstaates, vom Adriatischen Meere im O., vom Po im N., von Modena im NW., vom Apennin im SW. und S. bis zum strategisch wichtigen Küstenpasse Cattolica (7 km im NW. von Pesaro) begrenzt, umfaßt die zur Emilia (s. d.) gehörigen ital. Provinzen Ferrara, Bologna, Ravenna und Forlì und hat (1881) 1165155 E. Die Bewohner nennt man Romagnōlen. Im engern Sinne gehören nur die zwei Provinzen Forlì und Ravenna und ein Teil der Provinz Ferrara zur R.

Romainville (spr. -mängwil), Vorort im O. von Paris, zwischen Pantin und Noisy-le-Sec, mit Fort de R., hat (1891) 2106 E.; Gipsbrüche, Gipsbrennerei und Gartenbau.

Roma locūta (est), causa finīta (est), «Rom (d. h. die Römische Kurie oder der Papst) hat gesprochen, die Sache ist zu Ende», sprichwörtliche Redensart, welche in ihrem zweiten Teil auf Augustinus' «Sermo», 131, Nr. 10, zurückgeht; meist wird citiert: «Roma locuta, res judicata», «Rom hat gesprochen, die Sache ist entschieden».

Romān, im Mittelalter in Frankreich Bezeichnung derjenigen epischen, meist in Reimpaaren verfaßten und ritterliche Stoffe behandelnden Gedichte, welche nicht in der lat., sondern in der Volkssprache (der lingua romana) geschrieben waren; ausgenommen sind alle Schöpfungen des Volksepos, also auch die franz. Chansons de geste. Als mit dem Verfall der ritterlichen Poesie und dem wachsenden Lesehunger des Publikums das stoffliche Interesse das formelle ganz verdrängte, trat nach dem Muster lat. Prosaromane auch in den Landessprachen, zuerst in Frankreich, später in Deutschland und England, Prosa an die Stelle der Reimpaare, ja ältere Dichtungen wurden der Mode zu Liebe prosaisch aufgelöst. Seit dem 16. Jahrh. ist uns daher der R. der prosaische Vertreter des frühern ↔ Epos, eine höchst moderne poet. Gattung. Im Gegensatz zum Volksepos, das im wesentlichen ein bestimmtes großes, von der Sage verherrlichtes Ereignis poetisch verklärt, ist schon der Ritterroman in Versen wesentlich auf der Person des Helden aufgebaut, der durch eine Fülle verschiedener Erlebnisse hindurch geleitet wird und sich in ihnen entfaltet; diese Fülle des Inhalts stellt den Helden zugleich in ein großes Weltbild hinein. Als Muster eines solchen Ritterromans, der feinste psychol. Entwicklung mit reicher Gestaltung des umgebenden Lebens vereint, darf Wolframs «Parzival» gelten. Der moderne R. verschmäht zwar die märchenhaften Stoffe der mittelalterlichen Ritterepen, aber auch er giebt ein umfassendes Bild der vergangenen (historischer R.) oder bestehenden (Zeitroman) Welt und Gesellschaft, das zugleich den Untergrund bildet für das geistige und seelische Werden des meist mehr bildsamen und eindrucksfähigen als energischen und sichern Romanhelden. Auch da, wo der moderne R. histor. Personen zu Helden wählt, ist ihm ihr Privatleben, die Probleme ihres Gemüts- und Geisteslebens die Hauptsache; im Unterschied zur Novelle (s. d.) ist es aber nicht ein einzelnes inneres oder äußeres Erlebnis, eine individuelle psychol. Frage, die der R. zum Thema hat, sondern er giebt eine zusammenhängende Entwicklungsreihe, die den Helden als Typus einer bestimmten Richtung, Krankheit, Schwärmerei seiner Zeit oder der Zeit des Dichters darstellt und ihn stets in mannigfachste Berührung mit der Vielheit der Welt bringt, der gegenüber er etwa die Rechte des Herzens, der Vernunft, der Wahrhaftigkeit verficht.

Eine Vorstufe des R. bilden gewisse alexandrinische Liebesgeschichten in griech. Sprache aus dem 2. bis 5. Jahrh. n.Chr. (s. Erotiker). Rom führte den satir.-phantastischen Sittenroman durch die «Satiren» des Petronius und den «Goldenen Esel» des Apulejus (nach Lucian) in die Litteratur ein. Im Mittelalter wurde das lange allein herrschende Kunstepos seit dem 13. Jahrh. mehr und mehr durch Prosaromane verdrängt, die aber zunächst dieselben ritterlichen Stoffe behandelten wie die Kunstepen. Den Anfang macht Frankreich (der ältere engl. «Apollonius» um 1100 steht ganz isoliert da) und ruft durch sein Beispiel auch in den andern Ländern des Abendlandes, namentlich in Spanien, eine gewaltige Romanproduktion hervor. Den Höhepunkt des galanten prosaischen Ritterromans bezeichnet der ungeheuerliche «Amadis von Gallien» des Portugiesen Vasco de Lobeira, der im 15. und 16. Jahrh. in immer umfänglichern Bearbeitungen die ganze Kulturwelt überschwemmte und seit 1569 auch in Deutschland heimisch ward, wo schon seit 1437 («Loher und Maller», übersetzt von der Herzogin Elisabeth von Lothringen), namentlich in adligen Kreisen, Übersetzungen franz. Prosaromane in Mode waren, aus denen viele unserer Volksbücher (s. d.) hervorgingen. Die ersten deutschen Originalromane in Prosa waren von Jörg Wickram (gest. um 1556), harmlose Familiengeschichten mit pädagogischer Tendenz. Die Hochflut der Ritterromane veranlaßte den großen span. Dichter Cervantes zu seinem «Don Quixote» (1605 und 1615), der in wehmütigem Spotte die ideale Verstiegenheit des Helden mit der gemeinen Prosa des Lebens kontrastiert, und schon früher den franz. Satiriker Rabelais zu seinen gegen die gesamte Romantik gerichteten tollphantastischen, grotesk-derben Ro-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 960.