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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Sachsen (Provinz)

die Übernahme von Eisenbahnen, den Ankauf der bedeutendsten Freiberger Erzgruben, die Aufnahme einer dreiprozentigen Anleihe von 24 Mill. M. von beiden Kammern genehmigt. Der Landtag wurde 2. März 1887 wieder eröffnet, um die verfassungsmäßige Zustimmung zu dem Ankauf der preuß. Bahnstrecke Dresden-Elsterwerda zu geben. Die Regierungswahlen vom 21. Febr. 1887 hatten infolge der Vereinigung der Konservativen und Nationalliberalen das Ergebnis, daß sämtliche socialdemokratische Kandidaten durchfielen. Dagegen fielen die Wahlen zu dem ersten fünfjährigen Reichstage 20. Febr. 1890 für die Kartellparteien auch in S. ungünstig aus, indem die Nationalliberalen und Konservativen sechs Sitze an die Socialdemokraten verloren. Das weitere Anwachsen der Socialdemokratie machte sich ebenfalls in den Reichstagswahlen von 1893 wie bei den Landtagswahlen bemerklich. Die ungünstige Finanzlage, in die das Reich nach der Annahme der neuen Heeresreorganisation 1892 allmählich geriet, zwang die sächs. Regierung zu einer Erhöhung der Einkommensteuer für das J. 1895.

Litteratur zur Geschichte. Weiße, Geschichte der kursächs. Staaten (7 Bde., Lpz. 1802-12); Böttiger, Geschichte des Kurstaates und Königreichs S. (2 Bde., Hamb. 1830-31; 2. Aufl., bearbeitet und bis 1866 fortgesetzt von Flathe, 3 Bde., Gotha 1867-73); Gretschel, Geschichte des sächs. Volks und Staates (fortgesetzt von Bülau, 3 Bde., Lpz. 1841-54; 2. Aufl. 1862-63); Kämmel, Ein Gang durch die Geschichte S.s und seiner Fürsten (Festschrift, Dresd. 1889); Tutzschmann, Atlas zur Geschichte der sächs. Länder (Grimma 1853); Codex diplomaticus Saxoniae regiae (hg. von Gersdorf, fortgesetzt von Posse, Ermisch und Knothe, Lpz. 1864 fg.); Archiv für die sächs. Geschichte (hg. von K. von Weber, ebd. 1862-80); Neues Archiv für sächs. Geschichte (hg. von Ermisch, Dresd. 1880 fg.). Über die Kriegsgeschichte im Napoleonischen Zeitalter vgl. S. und feine Krieger in den J. 1812 und 1813 (Lpz. 1829); Exner, Die Anteilnahme der königlich sächs. Armee am Feldzuge gegen Österreich und die kriegerischen Ereignisse in S. im J. 1809 (Dresd. 1894); G. von Schimpff, 1813. Napoleon in S. (ebd. 1894). Vgl. ferner die Artikel: Sächs. Zustände (in Biedermanns "Unsere Gegenwart und Zukunft", Bd. 1 u. 2, Lpz. 1846) und Das Königreich S. (in der "Gegenwart", Bd. 5 u. 6, ebd. 1850-51).

Sachsen, Provinz des preuß. Staates, umfaßt die altpreuß. Landesteile Magdeburg, Altmark, Mansfeld, Halberstadt, Quedlinburg, Wernigerode, Hohenstein, Nordhausen, Mühlhausen, Eichsfeld (ohne Lindau, Gieboldehausen und Duderstadt), Erfurt (ohne Azmannsdorf, Schloßvippach und Tondern) und Wandersleben; ferner Teile des durch den Wiener Traktat vom 18. Mai 1815 vom Königreich S. abgetretenen Herzogtums S., nämlich den ehemaligen Wittenberger und Thüringer Kreis (ohne Amt Tautenburg), den Meißener Kreis (ohne die zu Brandenburg gelegten Teile), einen Teil des Neustädter und Leipziger Kreises, sowie die Niederlausitz (soweit nicht zu Brandenburg und Schlesien geschlagen) und die Oberlausitz (ohne die schles. Bestandteile), die Stifter Naumburg, Zeitz und Merseburg, das Fürstentum Querfurt, den sächs. Anteil an Mansfeld und Henneberg, sowie Stolberg, die Grafschaft Barby, die Herrschaft Dorla und einige kleine Parzellen; weiter das ehemals hannov. Amt Klötze und die von Schwarzburg eingetauschten Ämter Heringen, Kelbra und Bodungen nebst den Gerichten Hainrode und Allersberg. Die Provinz grenzt im N. an Hannover und Braunschweig, im O. an Brandenburg und Schlesien, im S. an das Königreich S. und die thüring. Fürstentümer und im W. an Hessen-Nassau, Hannover und Braunschweig. Sie bildet ein unregelmäßiges Landgebiet, welches von mehrern dazwischen geschobenen Nachbarstaaten unterbrochen wird. Der Flächenraum beträgt 25242,68 qm. (Vgl. die Karten: Königreich Sachsen, Provinz Sachsen [südlicher Teil] und Thüringische Staaten, beim Artikel Sachsen [Königreich], und Provinz Brandenburg, Provinz Sachsen [nördlicher Teil], beim Artikel Brandenburg.)

Oberflächengestaltung, Gewässer, Klima. Die Provinz ist im nördl. und östl. Teile meist flach und eben und hat hier nur in den Hellbergen (160 m) in der Altmark, in den Haldenslebener Höhen und im Huywald (305 m) und zwischen Elbe und Mulde einige Erhebungen; im südl. und westl. Teile, namentlich im Reg.-Bez. Erfurt, ist sie gebirgig. Hierher gehört zunächst die geschlossene Masse des Harzes mit dem Brocken (s. d.) an der Grenze der Provinz und seine östl. und südl. Vorberge. Südlich davon breitet sich das thüring. Hügelland aus, zwischen dessen Hügelketten breite und tief eingeschnittene Thäler eingesenkt sind. Dem Oberharz zunächst liegt das kahle Plateau des Eichsfeldes mit dem Ohmberge (522 m) und der Duen, weiter östlich die Hainleite mit dem Kranichberg (327 m) und die Finne (s. d.) mit Schrecke und Schmücke. Nach Osten bis zur Saale hin dacht sich das Hügelland allmählich ab und erhebt sich nach Süden, mehrfach in Kuppen bis zu 355 m (Steigerwald) ansteigend, zum Thüringer Wald mit dem Beerberg (s. d.) und dem Finsterberg (824 m) im Kreis Schleusingen (Exklave), während die Exklaven Ziegenrück, Gesell u. s. w. zum Frankenwald gehören, der im Kämmerawalde bei Gesell etwa 535 m erreicht.

Der größte Teil des Gebietes gehört zum Elb-, der kleinere zum Wesergebiet; die Elbe und von ihren Nebenflüssen rechts die Schwarze Elster, die Ihle und auf der Grenze gegen Brandenburg die Havel, links die Mulde, Saale mit Weißer Elster und Unstrut, Ohre und Tanger, Aland mit Uchte, sowie Jeetze im obern Lauf, ferner von den rechtsseitigen Nebenflüssen der Weser die Werra und Aller mit der Leine durchfließen oder berühren die Provinz und bilden in ihr ein natürliches Wasserstraßennetz von zusammen 660 km fahrbarer Länge. Künstliche Wasserwege sind der Plauensche Kanal (s. d.) mit dem Ihlekanal. Die bedeutendsten Seen sind der Süße Mansfelder See (über den verschwindenden Salzigen See s. d.), der Arendsee im N. der Provinz und der Torgauer Teich. An Mineral-, namentlich Sol- und Schwefelquellen ist die Provinz reich; die bekanntesten sind Artern, Elmen, Hubertusbad, Ilsenburg, Quedlinburg, Suderode, Aschersleben, Schleusingen, Langensalza, Neu-Ragoczy, Tennstädt, Bibra, Kösen, Lauchstädt, Niestädt, Werben und Wittekind.

Das Klima ist im ganzen günstig, am wenigsten günstig auf dem Eichsfelde; Torgau, Erfurt, Heiligenstadt haben ein Jahrestemperaturmittel von 8,9 bis 8° C. und nur im Januar ein Monatsmittel unter Null; die jährlichen Niederschlage erreichen im Mittel in Halle 48, in Erfurt 52, in Torgau 54 und in Heiligenstadt 62 cm.