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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Sardinien (Insel)

birge von NO. nach SW. mit Ausnahme des westlichsten Teils, La Nurra, wo ein vereinzelter meridionaler Höhenzug sich bis 464 m erhebt. Im nördlichsten Gebiet Gallura beginnen die erste Reihe die Monti di Ultanas am Golf Congianus, es folgen die Monti Limbara (1359 m) und das Bergland bis zum Kap Marrargiu (Punta Pittada 770 m) an der Westküste, im W. die Ebene westlich von Sassari und in der Mitte die Ebene Logudoro übrig lassend. Hinter dieser streicht die zweite Kette, beginnend am Golf von Terranova und dem Kap Coda Cavallo mit den Monti Nieddu (950 m), daran schließen der Monte-Acuto, der Monte-Rasu (1259 m), Catena del Marghine (Monte-San Padre 1050 m) und endlich nördlich von Oristano der Monte-Urticu (1054 m) oder Ferru. Ein dritter kürzerer, im Quellgebiet des Tirso mit dem vorigen verbundener Zug beginnt mit dem Monte-Alvo (1128 m) und reicht bis an den Tirso; dem Monte-Alvo liegen östlich bis Kap Comino noch kleine Parallelketten vor. Den mittlern Teil der Osthälfte von S. beherrschen die aus Granit bestehenden Monti Gennargentu, der wildeste und höchste Teil der Insel, die Barbagia, die in der Punta Bruncu Spina (1940 m) gipfeln und am Oststrande, am Golf von Tortoli, die kleine Ebene Ogliastra freilassen. Südlich vom Flumendosa bis zum Kap Carbonara liegt das ödeste, menschenleerste Gebirgsland von S. (lat. Sarrabus), in der Punta di Serpeddi 1075 m ansteigend. Die große fruchtbare Ebene Campidano, vom Golf von Cagliari bis über Oristano hinausreichend, endet beiderseits in mehrern salzigen Strandseen (Stagni), den größten der Insel, und trennt ein südwestl. Gebirgsland ab, das durch den Sixerri in zwei Teile zerfällt, der südliche (lat. Sulcis), in der Punta-Severa 989 m hoch, und der Gebirgsstock nördlich von Iglesias im Monte-Linas 1235 m emporragend. Die zahlreichen Flußläufe sind kurz, oft wasserleer und keiner schiffbar. Im N. sind der die nördl. Gebirgsreihe durchbrechende und zum Golf dell' Asinara gehende Coghinas und Liscia in Gallura die bedeutendsten; im O. die zwischen zweiter und dritter Kette fließende Posada, der aus Mannu und Isalle entstehende Orosei und der vom Gennargentu nach S. gehende Flumendosa (lat. Saeprus) zu nennen. In den Stagno di Cagliari geht der Samassi mit dem Mannu (links) und Sixerri (rechts) und im W. mündet unterhalb Oristano der größte sardin. Fluß, Tirso (Thyrsus der Alten), sowie Mannu und Temo (bei Bosa).

Das Klima ist sehr heiß, zuweilen regnet es in 4-5 Monaten nicht, vom Juli bis Ende Oktober herrscht Malaria, hier Intemperie genannt, so daß selbst die Bergwerke verlassen werden. Diese befinden sich in der Hauptsache bei Iglesias; Montevecchio und Monteponi liefern Blei, letzteres auch Zink, La Duchessa und Buggeru Galmei, Montenarba Silber und Su Suergiu Antimon. Die Bergwerksprodukte bilden den größten Teil der Ausfuhr, wozu noch das viele aus den Strandseen gewonnene Salz kommt. Mineralbäder sind in Sardara (mitten zwischen Cagliari und Oristano) und Fordungianus am Tirso unterhalb der Mündung des Araxisi, dieses steht auf Resten des Forum Trajani, hat eine heiße Quelle und Ruinen antiker Thermen. In den Gebirgen ist noch viel Wald (etwa ein Fünftel der Oberfläche), er besteht aus Eichen (fünf Arten), Kastanien, Hopfenbuchen und Kiefern (zwei Arten), wozu an der Nordküste auf den Affadillwiesen Gestrüppe von Zwergpalmen kommen. Die Bodenproduktion ist reich, doch ist der Boden vielfach nicht angebaut, da die Bevölkerung nicht ausreicht, doch wird Öl von Bosa ausgeführt und Wein in verschiedenen, den spanischen ähnlichen Sorten, wie Malvasier von Bosa, von Pirri und Quarto bei Cagliari, Nasco, Monaco, Muragus von Cagliari, Vernaccia von Oristano, der rötliche Giro u. a. In Milis, nördlich von Oristano, am Südfuß des Monte-Ferru, befinden sich herrliche Orangengärten mit gegen 300000 Bäumen. Die Tierwelt entspricht der des ital. Festlandes, nur findet sich besonders im östl. Teil am Monte-Serrane das Mouflon (Mufflon, Ovis Musimon Schreb.), von Haustieren das einhufige Schwein und der sardin. Hund. Pferde gab es 1875: 51919, Rindvieh 172561, Ziegen 221317, Schweine 81384, Schafe 572689 Stück.

S. umfaßt folgende Provinzen:

Provinzen Flächenraum in qkm offiziell nach Strelbitskij Einwohner 1881 Einw. auf 1 qkm

Cagliari 13615 13683 420635 31

Sassari 10727 10159 261367 24

^[Additionslinie]

Sardinien 24342 23842 682002 28

S. ist dünner bevölkert als irgend ein anderes Compartimento Italiens.

Die Bevölkerung, durchaus katholisch, ist seit Jahrhunderten niedergedrückt durch die meist span. Barone und durch die Hierarchie, denen der größte Teil des fruchtbaren Bodens gehörte, bis 1836-37 durch Abschaffung der Patrimonialgerichte und Frondienste und 1838-47 durch Ablösung der drückendsten Grundlasten und Abgaben Besserung eintrat. Die Bewohner sind meist Italiener, aber gemischt mit Spaniern und andern Völkern, daher die Sprache, die übrigens noch manche lat. Formen bewahrt hat, ein dem Spanischen verwandter Dialekt ist. Besonders zahlreich sind catalon. Bevölkerungselemente in und um Alghero (Provinz Sassari). Der Sarde gleicht sehr dem Corsen, er ist ernst, würdevoll, gastfrei, arbeitsam, geweckt, aber auch rachsüchtig; er trägt Kleider von gegerbtem Leder und Wolle und selbst im heißen Sommer Schafpelze zum wirksamen Schutz gegen die Malaria; er treibt Ackerbau und Viehzucht, aber nicht Schiffahrt oder Fischfang; Engländer, Franzosen, Genuesen und Sicilianer fischen gegen Pachtzahlungen in seinen Gewässern; Fabriken, Gewerbe und Handel sind ganz unbedeutend.

Über die Eisenbahnen s. Italienische Eisenbahnen. Dampfer der Navigazione generale Italiana verbinden Cagliari wöchentlich dreimal mir Livorno, einmal direkt, einmal über Maddalena, Kap Figari (Golf degli Aranci) und die Häfen der Ostküste und einmal über Bastia, Porto Torres, Alghero und die Häfen der Westküste, ferner wöchentlich einmal mit Neapel, mit Palermo, mit Tunis und mit Kap Figari, das täglich mit Civitavecchia verbunden ist. Eingeführt werden besonders Kolonial-, Baumwoll-, Wollwaren und Steinkohlen.

Es giebt drei Erzbistümer (Cagliari, Oristano, Sassari), acht Bistümer und zwei unbedeutende Universitäten (Cagliari, Sassari).

Durch seine Altertümer ist S. besonders merkwürdig, weniger durch die Reste aus karthag. und röm. Zeit oder dem Mittelalter, als durch die aus