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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Scharlach (Krankheit) - Scharmbeck
Scharlach, Scharlach fieber (8cariHtina),
cine fieberhafte akute Infektionskrankheit, deren
augenfälligstes Symptom in einem scharlachroten
Hautausschlag besteht. Das Schar lach gift,
das seinem Wesen nach noch unbekannt ist, aber
jedenfalls durch kleinste Lebewesen dargestellt wird,
hastet am Kranken und wird vielleicht von ihm durch
die Atmungoluft oder von der Haut aus verbreitet,
nach der Meinnng mancher Arzte auch durch den
Harn. Dic Krankheit bricht nicht unmittelbar nach
der Ansteckung aus, sondern erst vier bis sieben
Tage nach derselben (Inkubationsstadiuni),
während welcher Zeit das Befinden meist ungestört
ist. Die eigentliche Krankheit beginnt mit einem
sog. Vorlänferstadium, mit wiederholtem Frö-
sieln, seltener mit einem Schüttelfrost, dem Gefühl
brennender Hitze, mit Brechneigung oder Erbrechen,
bcftigcm Kopfschmerz, allgemeiner Schmerchaftigkcit
und Abgcschlagenheit der Glieder und sebr hohem
Fieber (40° 0. und darüber); dabei ist der Puls
sehr beschleunigt und jagend (bis 150 und mehr
Schläge in der Minute). Gleichzeitig ist die Rachen-
schlcimhaut mit den Mandeln geschwollen, dunkel
gerötet und schmerzhaft. Dazu kommen in allen
schwerern Fällen intensive Gehirncrschcinungcn, Auf-
regung, unruhiger Schlaf, Delirien, selbst Konvul-
sionen; manche Kranke liegen auch teilnahmlos und
apathisch da. Bald darauf, nach ein bis zwei Tagen,
beginnt unter Steigerung der Allgemeinerschcinun-
gen das Eruptionsstadium oder das Stadium
des Scharlachausschlags, indem zuerst am
Halse zahlreiche kleine, dicht beieinander stehende,
oft zusammenfließende scharlachrote Flecken auf-
treten, die sich in den nächsten 24-36 Stuudcn über
den ganzen Körper ausbreiten; im Gesicht werden
meist nur die Wangen gerötet. Man pflegt dieses
Stadium als Vlütestadium oder Floritions-
ftadium zu bezeichnen. Zugleich nehmen die Ent-
zündungserscheinungen der Mund- und Nachen-
schleimhaut zu, das Fieber hält noch an und fällt
erst, wenn der Ausschlag zu erblassen beginnt, was
am vierten oder fünften Tage eintritt. Der 'Aus-
schlag erblaßt meist in derselben Reihenfolge, in der
er auftrat. Die vom Ausschlag befallen gewesene
Haut löst sich alsdann in den folgenden 8-14 Ta-
gen oft in großen zusammenhängenden Stücken ab
l sog. Abschuppungsstadium), indem sich die
Epidermis in vielen kleinern Fetzen oder in größcrn
Stücken ablöst; an den Händen und Füßen ist
diese Abschuppung am ausgesprochensten, so daß
sich mitunter die Haut im Zusammenhang von den
Fingern wie eine Art von Handschuh, abstreifen
läßt. Bei normalem und gutartigen! Verlauf endigt
die Krankheit Ende der dritten bis vierten Woche
mit völliger Genesung.
Der S. bietet verschiedene Formen dar. Der
Ausschlag kann auf eiuzelne Hautstellcn beschränkt
bleiben, es tonnen Bläschen und Blasen sowie
Blutungen in der Haut dauebcn auftreten, oder der
Ausschlag kann auch ganz fehlen (^. ohne Aus-
schlag, 8cai'1atin3. Lins exantlioinlttL). Ebenso
kann die Entzündung der Rachenschlcimhaut ver-
schiedene Grade von Heftigkeit zeigen, ja selbst den
Charakter der Diphtheritis annehmen; in andern
Fällen fehlt die Nachcnaffcktion vollständig. (^.
ohne Hals besch werden, 8<^rwtiuä. 3iu6
Qn^ing..) Die den S. stets begleitende Entzündung
der Lymphdrüscn und Nieren bewirkt nicht selten
einen übeln Ausgang der Krankheit und Nachkrank-
hciten. Unter den letztern sind namentlich die Ver-
eiterung der Halslymphdrüsen, eiterige Ohrentzün-
dungcn mit Durchbohrung des Trommelfells, Ge-
lenkentzündungen sowie die Wassersucht zu erwähnen,
welche letztere sich häusig als eine Folge der Nieren-
erkrankung während der Abschuppung zum S. ge-
sellt. Der S. tritt in den meisten Fällen epidemisch
auf, und zwar vorzüglich im Herbst und Frühling.
Säuglinge bleiben meist verschont, am häusigsten
werden Kinder vom 2. bis 10. Jahre vom S.
befallen. Mit zunehmenden: Lebensalter nimmt die
Disposition zur Krankheit ab, doch werden auch Er-
wachsene nicht gerade selten vom S. ergriffen, wenn
sie denselhen nicht als Kinder überstanden haben.
Die Ansteckung erfolgt von Person zu Person, auch
unter Vermittelung von solchen, die selbst nicht er-
kranken. Wer das Echarlachfieber einmal über-
standen hat, ist in der Regel vor einer zweiten An-
steckung gesichert.
Bei der Pflege der Scharlachkranken, die zur
Verhütung weiterer Anstecknngen streng zu isolieren
sind, gilt als Regel, im Zimmer cine möglichst gleich-
mäßige Temperatur von 12^ 15. zu halten, den
Kranken nicht mit ungewohnt schweren Betten Zu
bedecken, ihn aber bis zur beendigten Abschuppung
im Bett zu halten. Außerdem muß man die Luft
des Zimmers wiederholt vorsichtig erneuern, als
Getränk Wasser oder schwach-säuerliche Limonade
geben, nur leichtverdauliche Nahrung (Milch, Fleisch-
brühe) zulassen; gegen anhaltend hohes Fieber er-
weisen sich kühle Bader und Einwicklungen sowie die
antipyrctischen Mittel (Chinin, Salicylsäure, Anti-
pyrin) nützlich. Bei jeder stärkern Halsaffcktion ist
ungesäumt ärztlicher Rat einzuholen. Bei Stuhl-
vcrstopfung sind Klystiere von lauem Wasser den
Abführmitteln vorzuziehen. Auch nach beendeter
Ahschuppung müssen die Kranken noch 14 Tage vor
Erkältung gehütet werden und zeitweilig ein lau-
warmes Bad erhalten.
Scharlachbcrger, Rheinwein, der bei Vingen
auf dem isolierten Rochusberg südlich vondcrNhein-
streckc zwischen Bingcn und Rüdesheim am südwestl.
^ Ahhang (Scharlachberg genannt) gebaut wird.
Scharlachfell, Augenleiden, s. I^unus.
Scharlachflügelsittich, s. Plattschweifsittiche.
Scharlachkörner, s. Kermes.
Scharlachläufe, soviel wie ^childläuse (s. d.).
Scharlachnelkenwurz, s. (iLuni.
Scharley, Gutsbezirk im Kreis Veuthen des
preuß. Reg.-Bez. Oppeln, unter Graf Henckel von
Donnersmarckscher Verwaltung stehend, 3 km nörd-
lich von Bcuthcn, an der Brinitza und der Linie
Tarnowitz-Bcuthen der Preuß. Staatshahnen, mit
Beuthcn und Deutsch-Piekar durch Dampfstraßen-
bahn verbunden, hat l1890) 5709 E., darunter
191:Evangelische und 97 Israeliten, Post, Telegraph,
Fernsprecheinrichtung, Krankenhaus, Gasanstalt;
Bergbau auf Eisen, Galmei, Bleierze und Zinkblende
"Gruhen Helene, Cäcilie, Jenny, Otto, Wilhelms-
glück, Ncudof).
Scharmant, s. Charmant.
Scharmbeck, Flecken im Kreis Osterholz des
preuß. Reg.-Bez. Stade, an der Linie Vrcmen-Geeste-
mündö (Station Osterholz-S.) der Preuß. Staats-
bahnen, hat (1890) W51 E., darunter 24 Katholiken
und 59 Isracliten, Postagentur, Fernsprecheinrich-
tung, evang. Kirche, Synagoge; Wollspinnerei, Reis-
stärke-, Tuch-, Watten- und Cigarrenfabrikation und
Viehmärkte.
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