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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schreibmeister - Schreivögel

Hartgummi gelegt ist. Das Farbband wird selbstthätig von einer Spule ab- und auf eine andere aufgewickelt und verschiebt sich nach jedem Tastendruck um den Betrag eines Buchstabens. Ist eine Spule abgelaufen, so wird umgeschaltet, und das Band läuft in umgekehrter Richtung zurück. Die Typenhebel schlagen sämtlich nach dem Mittelpunkte des Kreises, in welchem die Drehpunkte D der Typenhebel H im Gestell angeordnet sind. Dabei sind die Typen so auf ihrem Hebel befestigt, daß sie beim Abdruck gerade in Reih und Glied stehen. Die Walze C mit dem darüber gespannten Papier wird mittels eines Schlittens an der Druckstelle vorübergeführt, und zwar von rechts nach links. Eine bei jedem Tastenanschlag bethätigte Schaltvorrichtung sorgt für gleichmäßige Fortbewegung des Schlittens jeweilig um die Dicke einer Type. Wenn die Zeile sich ihrem Ende nähert, ertönt ein Glockenzeichen, worauf nach Abdruck der gerade im Druck befindlichen Silbe oder des betreffenden Wortes die Walze C mit der Hand um Zeilenabstand geschaltet und in ihre äußerste Lage nach rechts zurückgeschoben wird, um für die nächste Zeile in Bereitschaft zu stehen. Wie Fig. 2 u. 3 zeigen, trägt jede Taste zwei Typen. Die am Ende des Hebels H sitzende Type kommt beim Tastenanschlag ohne weiteres zum Abdruck. Wird dagegen gleichzeitig die mit "Umschalttaste" bezeichnete Extrataste gedrückt, so verschiebt sich die Walze C in die punktierte Lage (Fig. 3) und es kommt die andere Type zum Abdruck. Man kann auf diese Weise mit 42 Tasten und Typenhebeln 84 Zeichen schreiben.

Bei den S. mit Typenstangen sitzen die Typen an den Enden von gerade geführten Stangen. Diese konvergieren alle nach einem Punkte, so daß eine jede Stange durch einen Druck auf ihr freies Ende mit dem Typenende an diesen gemeinschaftlichen Mittelpunkt, d. h. die Druckstelle, gelangt. Bei den S. mit Typenrad, -Cylinder oder -Sektor ist der Typenträger ein Rotationskörper (Rad, Scheibe, Cylinder), auf dessen Umfang die einzelnen Typen angeordnet sind. Diesem Körper wird mittels Tastendruckes direkt oder indirekt eine solche Einstellung gegeben, daß die zugehörige Type stets an denselben Punkt, den Druckpunkt, gelangt. Der Abdruck erfolgt in der Weise, daß entweder das Papier gegen den Typenträger oder dieser gegen das Papier hinschwingt. Bei den S. mit Typenplatte bestehen Taster und Typenträger meist aus einem Stück, und die Verstellung des einen hat durch Vermittelung eines Drehpunktes eine proportionale Verrückung des andern zur Folge. Die Verstellung beider Teile setzt sich meistens aus Drehung und Verschiebung zusammen, und der Umfang des ganzen Apparats wird dadurch auf einen kleinen Raum beschränkt. So bedecken z. B. die 81 Typen bei der Hall ein Quadrat, dessen Seite noch nicht 4 cm lang ist. Das gemeinschaftliche Merkmal der Typenstabschreibmaschine ist ein in seiner Längsrichtung verschiebbarer Stab, der auf seiner Unterseite die Typen, auf der obern Seite die zugehörigen Buchstabenbezeichnungen trägt, und nun jedesmal mit dem zu druckenden Buchstaben über die Druckstelle gebracht wird. Durch Bethätigung eines Drückers erfolgt sodann der Abdruck.

Die S. eignet sich auch zur Vervielfältigung von Schriftstücken. Legt man mehrere dünne Papierblätter (sogenanntes amerik. oil-tissue) unter Durchschießung mit Kohlenpapier in die Maschine ein, so ist man bei den kräftig gebauten S., wie z. B. bei der Remington, im stande, 15-20 noch lesbare Kopien auf einmal herzustellen. Wählt man andererseits statt der gewöhnlichen Farbe zum Einfärben der Stempel Hektographenfarbe und überträgt das Original auf einen Hektographen, so erhält man 40-50 deutliche Kopien. Statt dessen kann man auch lithogr. Fettfarbe zur Herstellung des Originals anwenden, dasselbe auf Stein oder Zink umdrucken und davon eine unbegrenzte Zahl von durchaus scharfen und deutlichen Abzügen nehmen. Endlich kann man nach einem von Edison erfundenen Verfahren (Mimeograph) unter Benutzung von Wachspapier, das man auf einer Unterlage von Seidengaze in die S. legt, durch gewöhnliche Handhabung der letztern eine perforierte Schablone herstellen, die über 1000 scharfe und saubere Durchdrucke liefert. - Vgl. Hoffmann und Wentscher, Die S. (Berl. 1893).

Schreibmeister, früher die Schönschreiber und Vorsteher der Kanzleien von Fürsten und Städten. Ihnen hauptsächlich wird die Entwicklung der ältern sowie der modernen Schreibschriften verdankt. (S. Modist und Schreibmalerei.)

Schreibschrift, Kurrentschrift, diejenigen Buchstabenformen, die durch das Bestreben, die Druckbuchstaben in einem Zuge zusammenhängend nachzuschreiben, entstanden sind. Entsprechend den Hauptschriftarten Antiqua und Fraktur unterscheidet man lateinische (rundliche) und sog. deutsche (spitze) S. Erstere wird gewöhnlich mit spitzen Federn geschrieben, vielfach auch mit abgestumpften Federn und wird dann Rundschrift (s. d.).

Die gewöhnliche S., die Schrägschrift, wird von einzelnen Pädagogen und Ärzten als nachteilig für die Gesundheit bezeichnet, da durch ihren Gebrauch Kurzsichtigkeit und Rückgratsverkrümmungen begünstigt werden; sie empfehlen die nahezu senkrechte Steilschrift, doch ist eine Entscheidung, welche die bessere ist, zur Zeit noch nicht zu treffen. - Vgl. Soennecken, Das deutsche Schriftwesen (Bonn und Lpz. 1881).

Schreibtafeln, Tafeln, auf denen die mit einem Blei- oder Schieferstift hervorgebrachte Schrift sich leicht wieder entfernen läßt; sie werden aus Pergament-Schiefer (s. Schiefertafeln), auch aus feingeschliffenem Milchglas und Biskuitporzellan hergestellt.

Schreibtelegraphen, s. Elektrische Telegraphen A, 6 u. 7 (Bd. 5, S. 1008 a).

Schreiende Sünden, s. Todsünden.

Schreikrämpfe, Krampfzustände mit unmotiviertem Schreien, häufig bei Hysterie (s. d.).

Schrein (altes Lehnwort vom lat. scrinium), hölzerner Behälter, Schrank; davon Schreiner, d. i. Schrankmacher, in Süddeutschland Bezeichnung für den Tischler.

Schreinerfachschulen, s. Holzindustrieschulen und Kunsttischlerschulen.

Schreivögel (Clamatores) nannte die ältere Systematik eine ziemlich bunt zusammengewürfelte Vogelgruppe, in der Kuckucksvögel und Singvögel nebeneinander standen. Gegenwärtig bezeichnet man mit S. die erste Unterabteilung der sperlingsartigen Vögel, denen die eigentlichen Singvögel (s. d., Oscines) gegenüberstehen, und charakterisiert sie hauptsächlich nach der Beschaffenheit des untern Kehlkopfes, der niemals solche Komplikationen aufweist wie bei den Oscines, vielmehr einfach aus der Luftröhre gebildet wird oder höchstens ein paar seitliche Muskelchen besitzt.