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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Serbien (Bevölkerung); Serbien (Industrie und Handel); Serbien (Klima); Serbien (Landwirtschaft und Bergbau)

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Serbien (Klima. Bevölkerung. Landwirtschaft u. Bergbau. Industrie u. Handel)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Serbien (Oberflächengestaltung)'

während sich oberhalb der Kolubaramündung eine kleine Tiefebene am rechten Saveufer ausbreitet. Die Flüsse gehören sämtlich zum Stromgebiet der Donau. Den westl. Teil bespült die Drina und die Kolubara (zur Save), den östlichen der Timok (zur Donau), während die Morava (zur Donau) den eigentlichen centralen Strom darstellt. Das breite fruchtbare Thal der südlichen und vereinigten Morava durchzieht S. in seiner ganzen Länge von SSO. nach NNW. und bildet nicht nur das kulturelle Centrum, sondern auch die große Verkehrsader, auf welcher sich sein Handel bewegt, seine Festungen sich erheben und seine Schlachten geschlagen wurden. In allmählichem Anstieg, ohne erhebliche Terrainschwierigkeiten, fast stets in breiter fruchtbarer Thalaue führt hier die große Handelsstraße zwischen Österreich-Ungarn und der Türkei aufwärts von Belgrad nach Nisch; während von hier die eine Straße nach O. die Nišava aufwärts über Pirot nach Sofia und Rumelien abzweigt, folgt die andere weiter der Morava bis Vranja, um dann über Üsküp nach Saloniki zu ziehen. Diesen Straßenzügen folgen jetzt die Eisenbahnen nach Sofia und Üsküp. Viel weniger wichtig ist die Straße, welche der westl. Morava folgt. Die serb. Flüsse sind nur in den Unterläufen unvollkommen schiffbar.

Das Klima ist in den Gebirgen rauh, in den Niederungen gemäßigt (Belgrad: Jahresmittel 11,5° C., Juli 23° C., Januar 1° C.). Mit Ausnahme der Save- und Donauniederung ist das Klima gesund. Es fallen Regen zu allen Jahreszeiten. S. hat also nicht die sommerliche Trockenperiode der Mittelmeerländer, wie sie schon in Bulgarien und Macedonien vorhanden ist. Infolgedessen ist die Vegetation reichlich und frisch und nähert sich in ihrem Charakter der mitteleuropäischen. Die Wälder sind, trotz fortdauernder Verwüstung, die auch das Klima geschädigt hat, noch recht ausgedehnt (35 Proz. des Landes), besonders Eichen- und Buchenwälder in der Šumadija, welche zu ausgedehnter Schweinezucht Veranlassung geben. Die Omorikafichte bildet eine besondere Eigentümlichkeit.

Die Bevölkerung S.s betrug (1890) 2161961 (1109885 männl., 1052076 weibl.) E., d. i. 44 E. auf 1 qkm; für 1893 wurden 2250712 E. berechnet. Am dichtesten besiedelt sind die Kreise Kragujevac, Podunavlje und Požarevac, am schwächsten Kraina, Užice und Toplica. 13,5 Proz. leben in den 74 Städten, von denen viele noch dorfähnlichen Charakter tragen, 86,5 Proz. auf dem Lande (4029 Dörfer). Es giebt nur 5 Städte über 10000 E.: Belgrad, Nisch, Leškovac, Kragujevac und Požarevac, und 15 Städte von 5–10000 E. Der Nationalität nach sind 1,955 Mill. E. Serben (s. d.), 143684 Rumänen (s. d.), namentlich im NO. des Landes, 37581 Zigeuner, 6878 Deutsche, 2929 Albanesen und Türken, 4510 Juden, 1359 Bulgaren und 9676 andere Ausländer. Die Zahl der Heiraten betrug (1893) 23679, der Überschuß der Geburten 28664. Über Ein- und Auswanderung fehlen die Nachweise. Die Wohnung, Nahrung, das ganze Familienleben ist von primitivster Einfachheit. Die Einrichtung der Hausgemeinheit (s. Hauskommunion) verschwindet immer mehr. Standesunterschiede, einen Adel giebt es nicht. Die Mehrzahl der Bewohner, mit Ausnahme einiger Tausend Katholiken, Juden und Mohammedaner, bekennt sich zur griechisch-orthodoxen Kirche (s. Serbische Kirche); Katholiken, Protestanten und Juden genießen Freiheit des Kultus, ↔ doch ist der Übertritt aus der Nationalkirche zu jedem andern Glauben verboten.

Landwirtschaft und Bergbau. Landwirtschaft ist der wichtigste Erwerbszweig, fast 90 Proz. der Bevölkerung sind Bauern. Doch treibt man fast überall Raubbau, alle Bemühungen, rationelle Bewirtschaftung auf den zersplitterten Besitztümern einzuführen, sind gescheitert. Mais ist die Hauptfrucht, Weizen wird zumeist für die Ausfuhr angebaut, daneben Roggen und Gerste; der Gemüsebau steht auf sehr niedriger Stufe, auch der Obstbau ist noch großer Entwicklung fähig. Wichtig sind die Pflaumen, besonders bei Kruševac. Der Weinbau im Gebiet des Timok und der Morava bringt trotz schlechter Behandlung gute Reben hervor; Tabak wird im Süden, Flachs und Hanf an der obern Morava gebaut. Die Seidenzucht nimmt neuerdings einigen Aufschwung. 1889 lieferten 298496 ha 477,59 Mill. kg Mais, 186860 ha 249,31 Mill. kg Weizen, 25769 ha 27,5 Mill. kg Roggen, 99157 ha 118 Mill. kg Gerste und Hafer. Von den 25000 t Pflaumen wurden (1888) 17000 t ausgeführt, meist zur Bereitung von Sliwowitz. Von der Viehzucht ist nur die Schweinezucht bedeutend. Das serb. Pferd ist wenig ansehnlich, aber behend und ausdauernd; Rinder werden vornehmlich als Arbeitstiere gezogen; Bienenzucht wird besonders an der Save eifrig betrieben. 1891 besaß S. 163391 Pferde, 819251 Stück Hornvieh, 2963904 Schafe, 908603 Schweine, 509738 Ziegen und 8494 Büffel. Der Bergbau ist noch wenig entwickelt; es wird Eisen und Kupfer bei Majdanpek und Vranja, Blei, Silber und Zink bei Kučajna, Kohlen bei Ćuprija und in der Kraina gewonnen.

Industrie und Handel. Die Industrie ist unbedeutend. An größeren Fabriken bestehen nur einige Waffen- und Munitionsfabriken (Kragujevac, Stragari), Tuchfabriken in Užice und Paraćin, eine Glasfabrik zu Jagodina, Teppichweberei in Pirot, Brauerei, Brennerei, Druckereien u.s.w. in Belgrad. Im übrigen werden in den Bauernhäusern nur Gegenstände des eigenen Bedarfs angefertigt. Der Handel nimmt in der letzten Zeit lebhaften Aufschwung. Er konzentriert sich in Belgrad. Außer dem Handel mit Produkten und Bedürfnissen des Landes findet ein lebhafter Transithandel zwischen Österreich und der Türkei statt, namentlich seit Eröffnung der Bahnen nach Konstantinopel und Saloniki. Es betrug die Einfuhr: 1866: 21676655, 1874: 32456362, 1886: 42029379, 1893: 40923000 Dinars; die Ausfuhr: 1866: 18798115, 1874: 39001878, 1886: 40778677, 1893: 48911000 Dinars.

Ein- und Ausfuhr in 1000 Dinar nach Warenklassen 1893:

WarenklassenEinfuhrAusfuhrWarenklassenEinfuhrAusfuhr
Ackerbauprodukte146221 713Steine, Thon- und Glaswaren1915915
Nahrungsmittel u. Getränke22781 093Papier726
Kolonialwaren46692Droguen, Chemikalien, Farben137521
Tiere und tierische Erzeugnisse50220 624Maschinen und Instrumente14608
Häute, Leder, Kautschuk30102 426Baumwoll- und Leinenwaren75681148
Wolle und Wollwaren282241Seidenwaren503
Fette und Öle2274181Kurzwaren1080
Holz und Holzwaren2370422Kleidung u.s.w.30015
Metalle3908245Abfälle68