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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Serbien (Finanzwesen); Serbien (Heerwesen); Serbien (Unterrichtswesen); Serbien (Verfassung); Serbien (Verkehrwesen); Serbien (Zeitung)

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Serbien (Verkehrswesen. Verfassung. Finanz-, Heer-, Unterrichts-, Zeitungswesen)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Serbien (Industrie und Handel)'

Die Durchfuhr betrug 1892: 17,63, 1893:16,34 Mill. Dinars. Der weitaus größte Teil der Ausfuhr ist nach Österreich-Ungarn gerichtet und zwar 43 Mill. Dinars; auch die Einfuhr (23 Mill. von insgesamt 41 Mill.) steht an erster Stelle. Für die Türkei sind die Ziffern 2,09 und 2,48, für Deutschland 1,65 und 4,09, für England 0,03 und 4,54 Mill. Dinars.

S. hat das Geldsystem der Lateinischen Münzkonvention. Ein Dinar (s. d.) ist = 1 Frank. Die Nationalbank (Kapital 20 Mill. Dinars) hatte Anfang 1893: 28,9 Mill. Banknoten ausgegeben und eine Reserve von 9,2 Mill. Gold und 4,1 Mill. Silber. Daneben bestehen 5 Banken und 21 Sparkassen. Seit 1883 ist das metrische System durchgeführt.

Verkehrswesen. Das Eisenbahnnetz S.s hatte 1895, abgesehen von der schmalspurigen 23 km langen Kohlenbahn, eine Ausdehnung von 538 km und bestand aus den Linien: a. Belgrad-Nisch (244 km) mit den Zweigbahnen Semendria-Velika Plana (45 km), b. Nisch-Vranja-Ristovac (türk. Grenze, 122 km), c. Nisch-Pirot-Caribrod (bulgar. Grenze, 98 Km) und Lapovo-Kragujevac (29 km). Bau und Betrieb der Bahnen waren der Compagnie de construction et d’exploitation des chemins de fer de l’État Serbe übertragen, 7. Juni 1889 übernahm jedoch die serb. Regierung den Betrieb selbst, so daß das gesamte serb. Eisenbahnnetz sich jetzt in Staatsverwaltung befindet (Direktion in Belgrad). Die Baukosten der serb. Eisenbahnen betrugen Ende 1892 (Länge wie 1895) 90810707, einschließlich der Betriebsmittel 100778519 Frs. Der Betriebsmittelpark bestand aus 46 Lokomotiven und 1107 Wagen, darunter 93 Personenwagen. Befördert wurden (1891) 3549 Reisende in den Orientexpreßzügen, 502956 Reisende in Personen- und gemischten Zügen und 332625 t Güter aller Art. Von den Einnahmen aus dem Personenverkehr (2218117 Dinars) brachten die Orientexpreßzüge 169465 Dinars. Den Gesamteinnahmen (5394850 Dinars) stehen 3225485 Dinars Betriebsausgaben gegenüber. (Weiteres s. Orientbahnen.)

Neben den Eisenbahnen ist die Dampfschiffahrt auf der Donau, Save und Drina von hoher Bedeutung. Mangel an guten Landstraßen (5592 km) ist ein wesentliches Hindernis für den Handel. Die Zahl der Postanstalten betrug Ende 1893 157; es wurden befördert im innern Verkehr 9,9, im äußern 5,8, im Transit 1,4 Mill. Briefpostsendungen. Die Länge der Telegraphenlinien betrug 3085, der Drähte 6558 km, die Zahl der Bureaus 136.

Der Verfassung nach ist S. eine konstitutionelle Monarchie. Die Fürsten- (seit 1882 Königs-) Würde ist durch den Beschluß der Skupschtina vom 11. (23.) Dez. 1858 dem Hause Obrenowitsch übertragen worden und ist erblich im Mannsstamm nach dem Erstgeburtsrecht. Der König übt die gesetzgebende Gewalt mit der Nationalversammlung (Narodna Skupschtina) aus. Der Staatsrat ist nur ein beratender Körper und besteht aus 16 Mitgliedern, von denen je 8 vom König und der Nationalversammlung ernannt werden. Die Skupschtina besteht aus indirekt gewählten Deputierten. Aktives und passives Wahlrecht haben nur Steuerzahler: mindestens zwei Abgeordnete des Kreises müssen Universitätsgrade erworben haben. Die Deputierten erhalten Reisegelder und Diäten. Für außerordentliche Fälle tritt die große Nationalversammlung, die doppelt so stark ist, zusammen. Durch den Staatsstreich Alexanders 1894 ist aber die Konstitution ↔ von 1869 wiederhergestellt worden. Eine Vertretung der Führer aller Parteien soll eine neue Verfassung ausarbeiten. Die oberste Staatsverwaltung ist acht Ministerien anvertraut. Für die Administration zerfällt S. in 17 Kreise. Die Gemeinden verwalten ihre Angelegenheiten selbst. Die Justizpflege wird von dem Kassationshofe und dem Appellationsgerichte in Belgrad, einem Handelsgericht und 23 erstinstanzlichen Gerichten wahrgenommen.

Finanzwesen. Das Budget von 1894 ergab 63,75 Mill. Dinars Einnahme und 63,62 Mill. Dinars Ausgabe; die direkten Steuern bringen 20,5, Zölle 6, Verzehrungssteuer 4, Monopole 15,9, Domänen, Post und Telegraph 3,5, Sporteln 2,3, Staatsbahnen 5,5, verschiedene Einnahmen 5,8 Mill. Dinars. Unter den Ausgaben erfordern die Verzinsung der Schuld 21,7, Civilliste 1,2, Kriegsministerium 12,4, Finanzen 6, Unterricht und Kultus 4,1, Ackerbau 3, Ministerium des Innern 2,5 Mill. Dinars. Die Staatsschuld betrug (Jan. 1894) 340,69 Mill. (Rentenanleihen 66,5, Eisenbahnanleihen 154,5 Mill.) Dinars.


Textfigur:

Das serb. Landeswappen enthält in rotem Felde einen weißen Adler, welcher auf der Brust das frühere Landeswappen, ein silbernes Kreuz in rotem Felde mit vier Feuerstählen (Halbmonden) in den Ecken, trägt. Die Nationalflagge ist rot, blau und weiß mit vier goldenen Sternen im obersten roten und mit dem Wappen im blauen Mittelfelde. S. hat drei Orden: Takovo-Orden (s. d.), Weißer Adlerorden (s. Adlerorden) und Orden des heil. Sava (s. d.).

Über das Heerwesen s. Serbisches Heerwesen.

Das Unterrichtswesen ist noch in Entwicklung begriffen. Die Hoch- und Mittelschulen werden vom Staat erhalten. Es besteht eine Hochschule mit 3 Fakultäten, eine theol. Lehranstalt, eine Kriegsakademie zu Belgrad; zwei Lehrerbildungsanstalten zu Belgrad und Nisch; eine Handelsschule zu Belgrad; Mittelschulen (1893): 11 Obergymnasien, 13 Untergymnasien, 2 Realschulen und 2 höhere Töchterschulen; in Kraljevo eine Landwirtschaftsschule. Die 911 Elementarschulen mit 1496 Lehrkräften wurden von 76479 Kindern besucht; doch ist der Schulbesuch sehr ungeregelt. Im ganzen hatte von 19 männl. und von 100 weibl. E. je einer Unterricht. 1874 konnten 4, 1884 etwa 10 Proz. der Gesamtbevölkerung lesen und schreiben.

Die erste serb. Zeitung «Serbskija Novini» erschien 1791 in Wien in Kleinquart und zweimal wöchentlich. An ihre Stelle traten 1792–94 die «Slaveno-serbskija vjedomosti». Am 1. Aug. 1813 kam wieder in Wien ein Blatt «Novine serbske» heraus. Die Zeitung ging 14. Febr. 1822 ein. 1825 begann zu Ofen die litterar. Zeitschrift «Letopis serbski», die später in den Verlag der Matica srpska überging, welche sie noch heute herausgiebt. 1834 begannen in Kragujevac die «Srpske Novine», als Organ der serb. Regierung, und als die Staatsdruckerei nach Belgrad übersiedelte, ward auch hier die Zeitung fortgesetzt, und erscheint jetzt als Tageblatt. Nach dem Revolutions-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 872.