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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Spielkartenfabrikation; Spielkartensteuer

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Spielkartenfabrikation - Spielkartensteuer

die sog. Bombenkarte vereinigt die originalen Abzeichen der deutschen und die praktische Anordnung der franz. Karte.

Geschichtliches. Die S. stammen ohne Zweifel aus dem Orient; der Name ihrer ältesten Form, Naïbisspiel, ist aus einer europ. Sprache nicht zu erklären. Noch im Anfang des 14. Jahrh. waren die S. in Europa unbekannt. In Italien, das damals die Brücke zwischen Europa und dem Orient bildete, sollen sie nach einer spätern Nachricht zu Viterbo 1379 erfunden (d. h. zuerst eingeführt) worden sein; doch sind sie wohl noch etwas älter. Ausdrückliche Erwähnung geschieht ihrer zuerst in Nürnberg bald nach 1384, in Frankreich 1392 u. s. w.; in England erging 1463 schon ein Einfuhrverbot. Die ältesten europ. Karten sind die aus Italien stammenden Trappolierkarten. Wann die Deutschen der ital. Karte ihre veränderte Gestalt gegeben haben, ist ungewiß. Bei den Franzosen scheint dies, nach den Kostümen der Bilder ihrer alten Piquetkarte und nach den diesen Bildern beigesetzten, jedoch sich nicht immer gleich bleibenden Namen zu urteilen, unter Karl VII. (1422-61) geschehen zu sein. Manche behaupten, es sei die Idee kämpfender Parteien, die, wie beim Schach, allen wirklichen morgenländ. und abendländ. Kartenspielen zu Grunde liege. Ursprünglich habe das Kartenspiel aus vier Compagnien gleichgekleideter Soldaten bestanden, deren jede aus acht Gemeinen (2 - 9 numeriert), einem Fußknecht, einem Ritter, einer Königin und einem Könige zusammengesetzt gewesen sei. Das As habe die Fahne vorgestellt, und nach ihm habe man die vier Compagnien, die sie anführte, unterschieden; der Ritter sei später in einen Gemeinen verwandelt worden und habe die Nummer 10 erhalten. Andere sehen in unserm Kartenspiel eine bloße Umwandlung des Schachspiels, wobei die Offiziere zu Bildblättern, die Bauern zu Zahlblättern und die zwei Farben mit ihren Doppeloffizieren in jeder zu vier Farben mit einfachen Bildern nach Anleitung der Quadrillen in den Turnieren oder Karussells geworden seien. Die ältesten und Grundformen der Farben sind diejenigen der Trappolierkarte: Cupi (Becher), Spadi (Degen), Denari (Münzen, Geld), Bastoni (Stäbe, Stöcke). Diese verwandeln sich in der deutschen und in der franz. Karte in die oben genannten Farben, doch haben bei ihnen ebenso wie bei den Bildern noch lange große Verschiedenheiten obgewaltet.

Litteratur. Bei der großen Wichtigkeit, welche die ältesten S. für die Geschichte der Holz- und Metallschneidekunst wie für die der Typographie besitzen, ist ihre Entstehung von mehrern Kunsthistorikern und Bibliographen bearbeitet worden. Die Hauptwerke sind: Ménestrier in der "Bibliothèque curieuse et instructive", Bd. 2 (Trévour 1704); Breitkopf, Versuch über den Ursprung der S. (Lpz. 1784); C. Leber, Étude historique sur les cartes à jouer (1842); Jeux des tarots et des cartes numérales (hg. von der Société des Bibliophiles français, Par. 1844, mit 100 Kupfern); Chatto, Facts and speculations on the origin and history of playing cards (Lond. 1848); Die S. der Weigelschen Sammlung (Lpz. 1865); Taylor, The history of playing cards (Lond. 1865); R. Merlin, Origine des cartes à jouer (Par. 1869); G. W. H. Willshire, A descriptive catalogue of playing and other cards in the British Museum (Lond. 1876); Die ältesten deutschen S. des königl. Kupferstichkabinetts zu Dresden, hg. von Lehrs (Dresd. 1885). Von Katalogen öffentlicher Sammlungen von S. sind zu nennen: Bierdimpfl, Die Sammlung der S. des bayr. Nationalmuseums (Münch. 1884); Katalog der im Germanischen Museum befindlichen Kartenspiele und S. (Nürnb. 1886).

Spielkartenfabrikation. Die ersten Spielkarten (s. d.), auch die zuerst in Deutschland eingeführten, waren gemalt. Die sog. Kartenmaler, zuerst 1384 in Nürnberg nachweisbar, die später auch Briefmaler oder Illuminierer waren, ersetzten das Malen dadurch, daß sie die Figuren in Holztafeln erhaben einschnitten, diese Holzformen mit einer Bürste mit blauer Farbe bestrichen, einen feuchten Bogen Papier darauf legten und mit einem Haarreiber einen Abdruck machten. Die Abdrücke wurden sodann durch Zusammenkleben von zwei Lagen hierzu geeigneten Papiers zu Karton verarbeitet und danach in Farben ausgemalt. Diese Art des Kartendrucks von Holztafeln ist wahrscheinlich der Ursprung des Holzschnittes; denn schon 1402 gab es in Ulm eine zunftmäßige Genossenschaft der Kartenmacher, während die ersten Holzschnitte, sog. Holztafeldrucke, erst vom J. 1423 datieren. Das Ausmalen der Umrisse wurde bald durch Schablonen, Patronen genannt, ersetzt. Die Glätte wurde durch Reiben mit Feuer- oder Achatsteinen erzeugt und die geglätteten Bogen mit der Schere zerteilt.

Diese Art der S. wird jetzt noch in einzelnen kleinern Fabriken ausgeübt. Die größern Fabriken sind jedoch gegenwärtig mit allen Hilfsmitteln der neuern Technik versehen; sie haben Dampfbetrieb und sind mit lithographischen und Buchdruckschnellpressen und allen sonstigen Hilfsmaschinen des graphischen und Buntpapiergewerbes ausgerüstet. Zum Druck der Bilder werden alle Arten der Technik im Druckverfahren: Holzschnitt, Lithographie, Stich oder Ätzung in Kupfer, Stahl oder Zink, oft mehrere gleichzeitig, benutzt und mit zweckentsprechender Sorgfalt angewandt. Das Durchscheinen der Bildseite wird durch dunkle Mittellagen, das Kenntlichwerden der Rückseite durch Aufdrucken farbiger Muster verhindert. Man verwendet heute sehr große Papierformate, bedruckt sie auf Schnellpressen mit fünf bis sechs Farben (feinere Sorten erhalten bis 14 Farben), klebt mit Maschinen Mittellage und das vorher gleichfalls auf den Schnellpressen bedruckte Rückseitenpapier darauf, versieht die Bogen mit Appretur, glättet sie mit Kalandern und schneidet sie schließlich auf Schneidemaschinen, die so eingerichtet sind, daß die Spiele schon geordnet abgelegt werden. Das geeignetste Papier für die S. ist reines Lumpenpapier; für billigere Sorten wird jedoch auch Papier, dem Surrogate (Holz, Stroh, Cellulose) zugesetzt sind, verwendet.

Der Bedarf an Spielkarten wird in der Hauptsache nur in wenigen größern Fabriken hergestellt. In Deutschland finden sich bedeutende Fabriken in Stralsund (1895/96: 1 757 782 Spiele), Halle a. S., Frankfurt a. M.; kleinere in Altenburg, Darmstadt, Goslar u. a. 1895/96 wurden in Deutschland 4 713 443 Spiele von 36 oder weniger und 998 240 Spiele von mehr als 36 Blättern angefertigt. Größere Fabriken im Ausland sind in Petersburg (eine einzige Fabrik für das ganze Russische Reich), in Neuyork, Paris, London, Wien, Triest, Turnhout. In den meisten Ländern erhebt der Staat eine Spielkartensteuer (s. d.).

Spielkartensteuer, eine Auflage auf den Verbrauch von Spielkarten. Sie ist eine Verbrauchssteuer,