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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Spielleute - Spierentonne

die aber vielfach als Spielkartenstempel bezeichnet und deshalb als Verkehrssteuer angesehen wird, weil ihre Erhebung zumeist in der Form des Stempels (s. d.) erfolgt. In Frankreich wurde die S. schon 1581 zunächst als Ausfuhrabgabe, seit 1583 auch für den innern Verbrauch eingeführt. 1791 wurde sie beseitigt, 1797 wieder eingeführt. Die Fabrikation ist auf bestimmte Orte beschränkt; das Papier muß zu bestimmten Preisen von der Steuerverwaltung gekauft werden. Die Einfuhr von Spielkarten ist verboten. Der Steuersatz war anfangs je nach der Zahl der Karten 20, 30 oder 40 Cent. für ein Spiel; seit 1810 war er ein einheitlicher bis 1851 (bis 1816: 25 Cent., alsdann 15 Cent.). 1851 wurde der Satz wieder geteilt (25 Cent. für Karten mit franz. Bildern, 40 Cent. für Karten mit fremden Bildern), 1871 von neuem vereinigt (50 Cent.) und 1873 abermals geteilt (50 Cent. für Karten mit franz., 70 Cent. für Karten mit fremden Bildern, mit Zuschlägen 62,5 und 87,5 Cent. für jedes Spiel). Der Ertrag schwankt zwischen 2,3 und 2,5 Mill. Frs. England erhob bis 1870 eine Licenz (1 Pfd. St. jährlich) für Fabrikanten und Verkäufer von Spielkarten, die seitdem nur noch für die erstern besteht. Außerdem wird dem Stempel in Höhe von 3 Pence von jedem Spiel (von 1828 bis 1862: 1 Sh.) erhoben. Österreich hat einen Stempel von 10 und 5 Kr. In Griechenland besteht seit 1884 ein Herstellungs- und Verkaufsmonopol für Spielkarten. Der Plan in Frankreich (1816), ein Spielkartenmonopol einzuführen, wurde abgelehnt. In Preußen bestand das Monopol bis 1838, wurde dann aber durch eine S. ersetzt. Auch in den meisten andern deutschen Staaten bestand eine S. Durch Gesetz vom 3. Juli 1878 wurden diese Einzelsteuern durch einen für Rechnung des Deutschen Reichs erhobenen Stempel ersetzt, der 30 Pf. für jedes Spiel bis zu 36 Blättern und 50 Pf. für jedes andere Spiel beträgt. Die Erhebung erfolgt bei den im Inlande hergestellten Karten in den unter steueramtlicher Aufsicht stehenden Fabriken, bei ausländischen Karten bei der Einfuhr. Zum Nachweise der Steuerentrichtung wird in jedem Spiel das Herz- (Coeur-, Rot-)Aß mit einem Stempelabdruck versehen. Der Ertrag ist für das J. 1897/98 auf 1 366 000 M. (abzüglich Kontroll- und Verwaltungskosten) veranschlagt.

Spielleute, im Mittelalter soviel wie Fahrende Leute (s. d.). Im deutschen Heere heißen S. die Tamboure und Hornisten (Pfeifer) der Infanterie, die Signale zu geben und Märsche zu spielen haben. Bei jeder Compagnie befinden sich zwei Tamboure und zwei mit Horn und Querpfeife ausgerüstete Hornisten, außerdem werden noch einige Mann als Reservespielleute ausgebildet. Die Hornisten der bayr. Armee führen nur das Horn. Die S. bei der Kavallerie und Artillerie heißen Trompeter. Die S. tragen als Abzeichen die Schwalbennester (s. d.).

Spielmannsdichtung, s. Fahrende Leute.

Spieloper, s. Oper.

Spielschulen, soviel wie Kindergärten (s. d.).

Spieluhren, Uhren, die mit einem mechan. Musikwerk in Verbindung stehen. Nach bestimmten Zeiten wird durch das Uhrwerk ein Musikwerk ausgelöst, das dann ein Musikstück spielt. Die ältesten Spielwerke, die Glockenspiele, waren meist mit Turmuhren verbunden. Die S. sind meist so eingerichtet, daß das Musikwerk auch unabhängig von der Uhr spielen kann. (S. auch Musikinstrumente, mechanische.)

Spielwaren, Gegenstände aus Holz, Weißblech, Zinn, Blei, Messing, Elfenbein, Horn, Knochen, Pappe, Papiermaché, Kautschuk, Wachs u. s. w., welche zur Unterhaltung der Kinder dienen. Die Fabrikation derselben bildet namentlich für Deutschland einen wichtigen Industriezweig; die deutschen S. finden besonders von Nürnberg, dem ältesten Sitz dieser Industrie, aus seit Jahrhunderten ihr Absatzgebiet in der ganzen civilisterten Welt. Gegenwärtig konkurrieren mit Nürnberg in der Fabrikation der besten Qualitäten Stuttgart und Berlin; mittelfeine bis feine Waren liefern Sonneberg und Umgegend in Thüringen, wo sich in neuerer Zeit ein bedeutender Exporthandel entwickelt hat; die Fabrikation ganz ordinärer bis mittelfeiner Waren wird hauptsächlich im sächs. Erzgebirge und zwar in und bei den Orten Marienberg, Katharinaberg, Olbernhau, Seiffen, Eayda, Heidelberg und Grünhainichen betrieben. Sehr viele S. werden auch in Oberammergau (Bayern), in Grödenthal (im südl. Tirol) und in der Rauhen Alb (Württemberg) verfertigt. Während die deutschen S. hinsichtlich der Einfachheit und Wohlfeilheit fast gleichmäßig für Arm und Reich bestimmt sind, dient die Pariser Spielwarenfabrikation vorwiegend dem Luxus; ihre Erzeugnisse sind geschmackvoll, zierlich und gut gearbeitet, aber kostspielig. Nürnberg und Stuttgart konkurrieren in ihren ganz feinen Waren erfolgreich mit Paris. Die Ausfuhr von Spielzeug betrug 1895: 22 857 t im Gesamtwerte von 35,2 Mill. M., davon S. aus Metall 1575, aus Holz 7609, aus Kautschuk 479, aus Leder 263, aus Thon und Porzellan 699, aus Papiermaché 5185, aus Glas 267, außerdem Puppen 1883 und Musikspielwaren 611 t.

Spielwarenindustrieschulen, Schulen, in denen die jüngern Arbeiter der Spielwarenindustrie herangebildet werden sollen. Derartige Schulen giebt es im Spielwarenindustriebezirk des sächs. Erzgebirges drei, zu Grünhainichen, Olbernhau und Seiffen, von denen die zu Seiffen 1870 gegründete die älteste ist. Die Anstalten zu Grünhainichen und Seiffen werden vom Staat unterhalten, durch besondere Ortsausschüsse geleitet und verwaltet und zerfallen in Vorschulen, in welchen schulpflichtige Knaben vom 11. Jahre an aufgenommen werden, und in die eigentlichen Fachschulen für Erwachsene mit mindestens zweijähriger Kursdauer. Die Schule zu Olbernhau ist ganz ähnlich organisiert, wird aber von einem besondern Verein unterhalten. An den Schulen wirken außer Hilfslehrern je ein besonderer Fachlehrer. Die Schülerzahl betrug 1895/96 in Grünhainichen 186, in Olbernhau 162, in Seiffen 150; davon kamen etwa ein Drittel auf die Vorschulen. Schulgeld wird nicht erhoben. In Österreich bestehen an der k. k. fachlichen Modellierschule für Keramik und verwandte Gewerbe zu Oberleutensdorf (Nordwestböhmen) seit 1874 und an der Filialschule zu Neukirch (Oberösterreich) seit 1881 je ein Separatkurs für Spielwarenerzeugung; erstere, an welcher 3 Lehrkräfte wirken, hat eine Gesamtfrequenz von etwa 120, letztere bei 2 Lehrkräften eine Gesamtfrequenz von etwa 20 Schülern.

Spier, Pflanzengattung, s. Spiraea.

Spieren, seemännische Bezeichnung für alle Hölzer, die man zum Ersatz zerbrechender Rahen und Stengen auf längern Reisen an Bord führt. Über Leesegelspieren und Backspieren s. Lee.

Spierentonne, Seezeichen, s. Betonnung.