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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Staatsverwaltung - Stabeisen

für welche S. besonders wichtig sind, fast sämtlich der Kompetenz des Reichs angehören. Doch haben die Einzelstaaten das Recht, S. abzuschließen, nicht principiell verloren. Namens des Reichs schließt der Kaiser die S. ab, doch bedürfen solche S., deren Gegenstände zu ihrer Gültigkeit nach Innen der Zustimmung vom Bundesrat und Reichstag erfordern, staatsrechtlich vor ihrem Abschluß der Zustimmung vom Bundesrat und zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des Reichstags (Reichsverfassung Art. 11). Die solenne Vertragsform ist die Ratifikation (s. d.), die weniger solenne die Unterzeichnung des gemeinsamen Protokolls oder Austausch der einseitig vollzogenen Vertragsurkunden seitens der Bevollmächtigten. In neuester Zeit ist es zur Vereinfachung des Abschlusses von S. zwischen vielen Staaten üblich geworden, daß die Ratifikationsurkunden oder die von den Bevollmächtigten vollzogenen Urkunden nicht mehr zwischen allen Beteiligten ausgetauscht werden, sondern von jedem Staat nur eine Urkunde bei einer der beteiligten Mächte, die vertragsmäßig bestimmt ist, hinterlegt wird. Die regelmäßige Vertragsform ist die Ratifikation. Wenn ihr eine Unterzeichnung durch Bevollmächtigte vorausgeht, so hat diese im Zweifel noch nicht verbindliche Kraft, sondern erst die Ratifikation. Die wichtigsten Sammlungen von S. sind das seit 1861 in 58 Bänden erschienene "Staatsarchiv" und der von G. F. von Martens (s. d.) herausgegebene "Recueil des traités" mit seinen Fortsetzungen. - Vgl. außerdem E. Meyer, über den Abschluß von S. (Lpz. 1874); Nippold, Der völkerrechtliche Vertrag (Bern 1894); Artikel S. im "Österr. Staatswörterbuch", Bd. 2 (Wien 1896).

Staatsverwaltung, in weiterm Sinne die gesamte staatliche Thätigkeit, die des Gesetzgebers inbegriffen; im engern Sinne hat man die Verwaltung der Gesetzgebung gegenübergestellt; im engsten Sinne versteht man darunter die Administration im Gegensatze zur Rechtspflege. (S. Verwaltungssachen.)

Staatswirtschaftslehre, s. Finanzen.

Staatswissenschaften. I. Im ältern und weitern Sinne die Gesamtheit der Wissenschaften vom Staate. Sie umfassen 1) die allgemeine Staatslehre, welche Zwecke, Organismus, Wesen, Entstehung des Staates erforscht; 2) Staats- und Völkerrecht; 3) Politik (s. d.) mit ihren Unterabteilungen: Verfassungs- und Verwaltungspolitik, Justizpolitik, Polizei- und Finanzwissenschaft, Wirtschafts- und Socialpolitik; 4) Staats- und Staatengeschichte. Hilfswissenschaften dieser S. sind: 1) Theoretische Volkswirtschaftslehre; 2) Landwirtschaftslehre, Forst-, Berg-, Handelswissenschaft und Technologie; 3) Statistik. (Vgl. Mohl, Encyklopädie der S., 2. Aufl., Tüb. 1872.) II. Im engern und neuern Sinne nur die wirtschaftlichen und socialen S., d. h. theoretische und praktische Volks- und Staatswirtschaftslehre, wirtschaftliche Gesellschaftslehre und Socialpolitik mit Verwaltungsrecht und Statistik als Hilfswissenschaften. (Vgl. Handwörterbuch der Staatswissenschaften von Conrad, Elster, Lexis, Löning, 6 Bde., 1 Registerband und 1 Supplementband, Jena 1890 - 95.) In diesem Sinne spricht man von staatswissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten.

Stab (frz. aune), Ellenmaß, s. Aune. Nach der Deutschen Maß- und Gewichtsordnung vom 17. Aug. 1868 war S. gleichbedeutend mit Meter. Das Gesetz vom 11. Juli 1884 hat diese Benennung wieder entfernt, über S. in der Heraldik s. Faden.

Stab, das bei den Kommandobehörden der Truppen, vom Bataillon aufwärts, stehende Personal. Dazu gehören außer dem Commandeur die Adjutanten, Generalstabsoffiziere, Militärärzte, Militärbeamten, Unteroffiziere, Ordonnanzen, Trainsoldaten, von denen die im Offizierrang stehenden den Oberstab, die übrigen den Unterstab bilden. Dem S. der höhern Kommandos (Brigaden, Divisionen, Armeekorps) werden im Kriege Stabswachen zur Bedeckung zugeteilt. Den zum S. gehörigen Personen wird teilweise dieser Name vorgesetzt, so z. B. Stabshornist, Stabstrompeter, Stabsfourier. - Über den Generalstab s. d.

Stabat mater, ein berühmter Gesangtext in lat. Terzinen, der als sog. Sequenz in der kath. Kirche, besonders an dem Feste der Sieben Schmerzen Mariä, gesungen wurde, und in dem der inbrünstige Marienkultus des Mittelalters einen herrlichen Ausdruck fand. Wahrscheinlich ist er von dem Minoriten Jacobus de Benedictis gedichtet. Der Text hat viele Abänderungen erfahren und ist oft ins Deutsche übersetzt worden. Die besten Kirchenkomponisten haben ihn komponiert. Am berühmtesten sind die Kompositionen von Palestrina (achtstimmig), Steffani, Pergolesi, Astorga, Jos. Haydn, Winter, Neukomm, Rossini. - Vgl. Lisco, S. m. Hymnus auf die Schmerzen der Maria (Berl. 1843).

Stabbio, schweiz. Dorf, s. Stabio.

Stabbrücke, s. Hängebrücken.

Stäbchenbakterien, s. Bacillus und Bakterien.

Stäbe, tönende, können transversal, longitudinal und in Torsionsrichtungen schwingen. Transversal schwingende S. sind entweder an beiden Enden frei (z. B. die Stimmgabel), oder an beiden Enden unterstützt (z. B. die Holz-, Glas- und Metallstabharmonika), oder nur an einem Ende unterstützt (z. B. die S. in Spieldosen u. dgl. m.). Die S. können als Ganzes oder in Teilen schwingen; in letzterm Falle lassen sich ihre Schwingungsknoten durch aufgestreuten Sand ersichtlich machen. (S. Klangfiguren.) Bei transversal schwingenden S. verhält sich die Schwingungszahl oder die Tonhöhe gerade wie die Dicke und umgekehrt wie das Quadrat der Länge der S. Überdies hängt hier noch die Schwingungszahl von der Einspannungsweise, vom Elasticitätsgrade und der Anzahl der schwingenden Abteilungen der S. ab. Die Schwingungszahl longitudinal schwingender S. ist unter sonst gleichen Umständen weit höher als bei querschwingenden S.; sie ist umgekehrt proportional zur Länge der S. und ist von der Dicke sowie der Breite der letztern unabhängig. Die Größe der Elasticität ist auf die Schwingungszahl von Einfluß. Erregt werden diese Töne durch Reiben der S. nach der Länge (z. B. an Marloyes Stabharfe). Das Vorhandensein der Längenschwingung wird durch den Stoß des freien Stabendes auf Wasser oder auf eine hängende Elfenbeinkugel ersichtlich gemacht. Bei Glasstäben, die zwischen gekreuzten Nicolschen Prismen eingeschaltet sind, äußern sich die Längsschwingungen durch Doppelbrechung (Biot). Man kann nach Kundt das hindurchgehende Licht mit Hilfe des rotierenden Spiegels in ein unterbrochenes oder buntfarbiges Band auflösen, da die Doppelbrechung periodisch ist.

Stabeisen, s. Eisen (Technisches) und Walzeisen.