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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Stereotomie; Stereotypie

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Stereotomie - Stereotypie

kehrt, mit dem linken Auge betrachtet, mehr nach dem rechten Rande zu. Denkt man sich, während Pyramide und Kopf unverrückt bleiben, zwischen beide eine Glastafel geschoben, und zeichnet man auf dieser, während man das linke Auge geschlossen hält, die Konturen der Pyramide, wie sie dem rechten Auge erscheinen, und darauf bei geschlossenem rechtem Auge die Konturen, wie sie dem linken Auge erscheinen, so erhält man auf der Platte zweierlei verschiedene perspektivische Zeichnungen der Pyramide. Nimmt man bei unverrückter Lage der Glastafel und der Augen die Pyramide weg, so wird man trotzdem immer noch die Pyramide körperlich erhaben auf dem Tische zu sehen meinen, denn die beiden Zeichnungen machen für die beiden Augen denselben Eindruck wie vorhin die Konturen der Pyramide selbst. Diese stereoskopische Wirkung wird durch das S. unterstützt. Wheatstone, von dem auch der Name S. herrührt, stellte 1832 sein Spiegelstereoskop her. Vor den beiden Augen befinden sich zwei Spiegel mit den spiegelnden Flächen schräg nach auswärts gerichtet. Rechts und links von den beiden Spiegeln befinden sich die beiden (hier nicht auf demselben Blatte befindlichen) stereoskopischen Bilder, so daß jedes in dem ihm gegenüber liegenden Spiegel gespiegelt erscheint, und zwar ist die Stellung der beiden Spiegel eine solche, daß die beiden Bilder in der deutlichen Sehweite sich zu decken scheinen und dann natürlich den Eindruck eines dort befindlichen körperlichen Objekts machen. Einfacher und praktischer ist das von Brewster 1843 konstruierte S., das seit 1850 bekannter wurde und jetzt allgemein benutzt wird. Für das rechte Auge ist durch eine Blendung das linke Bild verdeckt und umgekehrt. Die Vereinigung der beiden Bilder und ihre Verlegung in die deutliche Sehweite wird durch Linsen erleichtert, die etwas schräg nach innen gestellt sind. Die Anfertigung der stereoskopischen Bilder kann nur in den seltensten Fällen durch geometr. Konstruktion und Zeichnung erfolgen, z. B. bei Darstellung von geometr. Körpern, Krystallgestalten u. s. w. Für Porträte, Statuen, Architekturobjekte, Landschaften u. dgl. benutzt man, wie 1844 zuerst Moser in Königsberg gezeigt hat, mit großem Vorteil die Photographie, indem man den Gegenstand mit einer Stereoskopcamera (s. Tafel: Photographie II, Fig. 7) aufnimmt. Ducos du Hauron brachte 1894 eine neue Darstellungsweise stereoskopischer Bilder in die Öffentlichkeit (s. Anaglyphe). 1859 hat Dove in Berlin gezeigt, wie man durch die stereoskopische Betrachtung die Identität oder Nichtidentität des Drucks zweier scheinbar gleicher typographischer Erzeugnisse nachweisen kann. Das ist besonders für die Entdeckung und Konstatierung der Unechtheit bei Wertpapieren von Wichtigkeit. Zwei von demselben Satze oder derselben Platte abgezogene Drucke zeigen unter dem S. nichts besonders Auffallendes. Legt man dagegen zwei für das bloße Auge ganz gleich scheinende Drucke, die aber von verschiedenen Sätzen oder Platten stammen, unter das S., so scheinen die Buchstaben, Worte, Silben u. s. w. nicht mehr alle auf dem Papier, sondern ganz unregelmäßig in oft mehrere Zoll großer Entfernung teils vor, teils hinter dem Papier zu liegen. Das rührt von kleinen Verschiedenheiten in den Entfernungen der betreffenden Buchstaben auf beiden Blättern her, die ebenso wirken wie die kleinen Verschiedenheiten der Zeichnung auf zwei stereoskopischen Bildern. - Vgl. Dove, Optische Studien (Berl. 1859); ders., Anwendung des S., um falsches vom echten Papiergeld zu unterscheiden (ebd. 1859); Ruete, Das S. (2. Aufl., Lpz. 1867); Steinhauser, über die geometr. Konstruktion der Stereoskopbilder (Graz 1870); Stolze, Die Stereoskopie und das S. in Theorie und Praxis (Halle 1894).

Stereotomie (grch., d. i. Körperschnitt), der Teil der Stereometrie (s. d.), der von den Durchschnitten der Oberflächen der Körper handelt, die einander ganz oder zum Teil durchdringen. Ihre zeichnerische Darstellung wird durch die Projektionslehre gewonnen. S. heißt auch der Steinschnitt (s. d.).

Stereotypie (grch.), das Verfahren, durch das man den beweglichen Schriftsatz in eine massive Platte, aus Letternmetall abgeformt, zum Abdruck in der Buchdruckerpresse herstellt. Die S. gewährt den Vorteil, daß der Verleger von seinen Stereotypplatten anfangs nur eine geringere Anzahl und dann bei Bedarf weitere Abdrücke machen lassen kann.

Bei der Gipsstereotypie wird die für den Abguß bestimmte Druckform mit einem metallenen Rahmen erhöht umgeben, der nach unten abgeschrägt ist; hierauf ölt man sie ein, füllt sie mit Gipsbrei und streicht mit einem Streichbrett nach der Höhe des Rahmens ab. Dieser Gipsabguß erhärtet nach einer Viertelstunde und man hebt ihn von der Form ab; er bildet dann die Matrize, enthält die Lettern vertieft und die Ausschließungen erhaben. Die völlig ausgetrocknete Matrize wird nun mit der Bildfläche nach unten in eine gußeiserne Pfanne gelegt, in der sich eine lose Eisenplatte (Schwimmer) befindet, und dann durch einen Deckel mit vier abgestumpften Ecken bedeckt, welche die Öffnungen zum Eingießen des Metalls bilden; das Ganze aber wird durch die Deckplatte und durch Klammern mittels Schrauben in seiner Lage festgehalten. Dieser Apparat wird durch einen Kran in den mit geschmolzenem Schriftmetall gefüllten Kessel von Gußeisen gebracht und dort untergetaucht, bis alle Räume mit dem Metall ausgefüllt sind und die feuchte Luft entwichen ist; hierauf hebt man denselben aus dem Metall und läßt ihn erkalten, worauf man ihn öffnet, den Guß herausnimmt, die Eingüsse abschlägt und die Matrize abhebt und abbricht. Dann wird die nun erhaltene Platte, die einen scharfen Abguß des Letternsatzes zeigt, mit Wasser und einer scharfen Bürste gereinigt, verputzt und endlich auf der hintern Seite durch Abhobeln auf die erforderliche Dicke gebracht; zum Druck befestigt man sie auf metallene oder hölzerne Unterlagen.

In neuerer Zeit wendet man statt der Gipsmatrizen meist solche von Papier an (Papierstereotypie), wozu man mehrere Bogen Seidenpapier und ungeleimtes Druckpapier mit einer besonders präparierten Kleistermasse auseinander klebt und in die so gebildete dünne Pappe, während sie noch feucht und weich ist, den Typensatz durch Klopfen mit einer Bürste hineinschlägt oder ihn in einer Presse gleich in eine präparierte Papierplatte einpreßt. Das Abgießen dieser vorher unter einer erhitzten Trockenpresse auf dem Schriftsatz getrockneten Matrizen in Metall geschieht in einem eigenen Gießinstrument. Dieses Verfahren bietet den Vorteil, daß sich die Matrizen mehrmals zum Guß benutzen lassen; es ist von Wichtigkeit durch das Bedürfnis cylindrisch gebogener Druckplatten für den Druck auf Rotationsmaschinen (s. Schnellpresse). Für den Zeitungsdruck ist neuerdings die Kaltstereotypie eingeführt worden, die sich von der