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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Stieringen-Wendel; Stiersucht; Stieve; Stift; Stift (technisch)

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Stieringen-Wendel – Stift (Anstalt)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Stiergefechte'

und der Muleta, einem kleinen Stabe mit einem Stück glänzendem Seidenzeug, in der linken Hand.

Sobald der Vorsteher des Magistratskollegiums das Zeichen giebt, wird der Stier aus dem Behälter gelassen. Die Picadores nehmen den ersten Angriff an, suchen den Stier mit der Lanze ein wenig in die Schulter zu stechen und retten sich, wenn ihr Pferd von ihm verwundet wird, durch schnelle Flucht. Hierauf, oder wenn ein Picador zu Sturze kommt, erscheinen, um ihn zu retten, die Chulos, werfen dem Stier ihre Schärpen über den Kopf und retten sich im Notfall durch einen Sprung über die bretterne Wand, welche den Cirkus einschließt. Durch Zurufen wendet zugleich ein anderer Picador den Stier von seiner Beute ab und auf sich hin. Wenn der Stier durch den Angriff auf 10–12 Picadores zu ermüden beginnt, ziehen sich die Picadores zurück und es greifen nun die Chulos zu den Banderillas, kleinen, 60 cm langen, mit Bändern und Papierschnitzeln umwundenen Stäben, an deren Enden kleine Widerhaken angebracht sind, um sie dem Stier anzuhängen: sie lassen den Stier anspringen, weichen aber dem Angriff aus und stecken die Stäbe dem Stier in den Nacken. Ist ein Stier sehr feig, so hängen ihm die Chulos Banderillas de Fuego an, d. h. Wurfspieße mit ausgehöhlten und mit Schwärmern gefüllten Stäben. Im Moment des Einsteckens in das Fell des Stiers entzünden sich die aus dem einen Ende der Stäbe hinausfahrenden Schwärmer; der Stier, durch die Explosionen scheu gemacht, läuft dann wütend im Cirkus herum und stürzt sich nun gewöhnlich auf den ersten Kämpfer, den er sieht. Endlich tritt der Espada hervor, um den letzten Stoß dem Stier beizubringen, der beim Erblicken der Muleta mit verschlossenen Augen dagegen rennt. Während aber der Stier unter dem linken Arme durchrennt, stößt ihm der Espada das Schwert in die Brust. Oft wird an einem Tage mit 8–10 Stieren gekämpft. Kämpfer büßen dabei selten das Leben ein. Wenn der Stier vom Espada nicht tödlich getroffen wird, aber niedersinkt, so kommen Cirkusknechte, die nicht zu den Stierkämpfern zählen, und geben dem Stier mit einem Nickfänger den Gnadenstoß. Diese Knechte heißen deshalb Matadores (d.i. Schlächter). – Vgl. Lozano, Manual de la tauromquia (Sevilla 1882); Joest, Spanische S. (Berl. 1889).

Stieringen-Wendel, Eisenwerk, s. Forbach.

Stiersucht, auch Brüller- oder Brummerkrankheit, Stillochsigkeit genannt, ein auf Krankheit der Eierstöcke oder Tuberkulose beruhender Zustand übermäßigen Geschlechtstriebes bei Kühen. Diese Tiere sind unruhig, brüllen stierähnlich, springen auf andere Kühe, nehmen trotz stattgehabter Begattung nicht auf und magern auffallend ab. Man beseitigt die S. durch Kampfergaben.

Stieve, Felix, Historiker, geb. 9. März 1845 zu Münster in Westfalen, studierte in Breslau, Innsbruck, Berlin und München Geschichte, trat 1867 als Mitarbeiter bei der Historischen Kommission zu München ein und unternahm für diese ausgedehnte Forschungsreisen. 1876 habilitierte er sich an der Universität München und wurde 1885 ord. Professor der Geschichte an der Technischen Hochschule daselbst. S. veröffentlichte: «Die Reichsstadt Kaufbeuren und die bayr. Restaurationspolitik» (Münch. 1870), «Der Ursprung des Dreißigjährigen Krieges» (1. Buch, ebd. 1875), «Das kirchliche Polizeiregiment in Bayern unter Maximilian I.» (ebd. 1876), «Zur Geschichte der Herzogin Jakobe von Jülich» (Bonn ↔ 1878), «Die Verhandlungen über die Nachfolge Kaiser Rudolfs II.» (Münch. 1880), «Der Kalenderstreit des 16. Jahrh.» (ebd. 1880), «Über die ältesten halbjährigen Zeitungen oder Meßrelationen und insbesondere über deren Begründer Michael von Aitzing» (ebd. 1881), «Kurfürst Maximilian I. von Bayern» (ebd. 1882), «Wittelsbacher Briefe aus den J. 1590–1610» (Heft 1–7, ebd. 1885–93), «Der oberösterr. Bauernaufstand des J. 1626» (2 Bde., ebd. 1891) und «Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges», Bd. 4–6 (enthaltend: «Die Politik Bayerns 1591–1607», 2 Bde., Münch. 1878–83, und «Vom Reichstage des J. 1608 bis zur Gründung der Liga», ebd. 1894).

Stift, technisches Erzeugnis, s. Drahtstifte und Holzstifte.

Stift, jede mit Vermächtnissen und geistlichen Rechten ausgestattete, ursprünglich zu kirchlichen und religiösen Zwecken bestimmte und einer geistlichen Körperschaft anvertraute Anstalt mit allen dazu gehörigen Personen, Gebäuden und Besitzungen. Die ältesten solcher Anstalten sind die Klöster, nach deren Vorgange sich das gemeinsame Leben der Geistlichen an Kathedralen und Kollegiatstiftskirchen bildete. Diese letztern Vereinigungen der Geistlichen werden, wie die ähnlichen der Kanonissinnen und Stiftsdamen, am gewöhnlichsten S. genannt. Erst im 14. Jahrh. fingen die Kapitel der S. (s. Domkapitel) an, sich auf eine bestimmte Anzahl Kapitulare zu beschränken, um den zudringlichen Empfehlungen der Päpste und Fürsten und den willkürlichen Verleihungen und Teilungen der Präbenden, die sich die Bischöfe zu Gunsten ihrer Schützlinge erlaubten, Einhalt zu thun. So entstanden die Capitula clausa oder geschlossenen Kapitel von festgesetzter Anzahl von Kapitularen, die bei den reichsunmittelbaren deutschen Hoch- und Erzstiftern von altem Adel sein und ihre Stiftsfähigkeit durch 16 Ahnen beweisen mußten. Während nun diese adligen Kapitulare sich den Genuß aller Rechte ihrer Kanonikate vorbehielten, wurden ihre Pflichten den regulierten Chorherren, deren mönchsartige Vereinigungen schon seit dem 12. Jahrh. blühten, aufgelegt. Daher schreibt sich der Unterschied der weltlichen Chorherren (Canonici saeculares), welche die eigentlichen Kapitulare sind, von den regulierten Chorherren (Canonici regulares), welche die Mönchsgelübde leisten und entweder förmlich in Klöstern zusammenleben und nach Art der geistlichen Orden Kongregationen bilden, oder zur Verrichtung des Kirchendienstes bei den Kathedralen gebraucht werden, aber auch dann weder an den Präbenden noch an dem Stimmrechte der Kapitel Anteil haben. Vor der durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803 verfügten Säkularisation hatten die deutschen Erz- und Hochstifter Mainz, Trier, Köln, Salzburg, Bamberg, Würzburg, Worms, Eichstätt, Speyer, Konstanz, Augsburg, Hildesheim, Paderborn, Freising, Regensburg, Passau, Trient, Brixen, Basel, Münster, Osnabrück, Lüttich und Chur, sowie die Propsteien Ellwangen, Berchtesgaden u.s.w., die gefürsteten Abteien Fulda, Corvei, Kempten u.a. selbst Landeshoheit und Stimmrecht auf dem Reichstage, daher sie unmittelbare Stifter (oder Reichsstifter) hießen und den Fürstentümern gleichgeachtet wurden.

Zur Zeit der Reformation behielten die Domkapitel ihre Vorrechte und Verfassung zunächst auch bei denjenigen deutschen Erz- und Hochstiftern, welche zum Protestantismus übertraten. Die Verwendung des Papstes und der kath. Fürsten, welche diese ab-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 357.