Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Strafbescheid; Strafcompagnien; Strafe; Straferhöhungsgründe; Strafford

395

Strafbescheid - Strafford

Beweisaufnahme durch Urteil verworfen (§§. 447-452). Über die entsprechenden Einrichtungen des österr. Verfahrens s. Mandatsprozeß. (S. auch Strafbescheid und Strafverfügung.)

Strafbescheid, die von Verwaltungsbehörden wegen Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über Erhebung öffentlicher Abgaben und Gefälle ausgehende Strafverfügung. S. dürfen nach Deutscher Strafprozeßordn. §§. 459 fg. nur Geldstrafen sowie eine etwa verwirkte Einziehung festsetzen. Dagegen steht dem Beschuldigten, wenn nicht Beschwerde an die höhere Verwaltungsbehörde zulässig ist und eingelegt wird, binnen einer Woche nach der Bekanntmachung der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu, welcher bei der Behörde, die den S. erließ oder bekannt machte, anzubringen ist. Die Sache gelangt dann durch den Staatsanwalt an das Gericht, welches ohne Anklageschrift und Eröffnungsbeschluß den Termin zur Hauptverhandlung bestimmt, bis zu deren Beginn der Antrag zurücknehmbar ist. Ist die im S. festgesetzte Geldstrafe nicht beizutreiben, so erfolgt Umwandlung in Freiheitsstrafe. Seit Reichsgesetz vom 9. Juni 1895 haben sich die Behörden verschiedener Bundesstaaten auf Ersuchen bei Vollstreckung der S. zu unterstützen.

Strafcompagnien, s. Strafabteilungen.

Strafe, im Sinne des Strafrechts das vom Staate in der Form eines richterlichen Urteils wegen Übertretung eines Strafgesetzes verhängte Übel. Nicht hierher gehören: Disciplinarstrafen, die vom Staate im Interesse des Staatsdienstes verhängt werden; Prozeßstrafen (z. B. wegen nicht befolgter Zeugenladung); Exekutivstrafen (zur Erzwingung einer Handlung oder Unterlassung), für welche übrigens auch der Ausdruck Ordnungsstrafen vorkommt. Dagegen gehören hierher die Polizeistrafen, welche auf geringfügige Übertretungen unter Gestattung richterlichen Gehörs angedroht sind. Die Strafmittel sind je nach den wechselnden Volksanschauungen in den verschiedenen Kulturabschnitten recht verschiedene gewesen. Sie haben gewechselt von der persönlichen Rache bis zu der vom Richter verhängten, mit mannigfachen Qualen und Verstümmelungen ausgestatteten Leibesstrafe und von da bis zu unserm heutigen Strafensystem. Die S. des Deutschen Reichsstrafgesetzbuches sind folgende: I. Hauptstrafen. 1) Todesstrafe, 2) Zuchthausstrafe (lebenslänglich und zeitig), 3) Gefängnisstrafe, 4) Festungshaft (lebenslänglich und zeitig), 5) Haft, 6) Geldstrafe, 7) Verweis. II. Nebenstrafen: 1) Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, 2) Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter (bei geheimen und ungesetzlichen Verbindungen und gewissen Amtsverbrechen), 3) dauernde Unfähigkeit zu einer Beschäftigung im Eisenbahn- oder Telegraphendienst oder in bestimmten Zweigen dieser Dienste (bei Eisenbahn- und Telegraphenbeschädigung), 4) Verlust der bekleideten öffentlichen Ämter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte (bei Hoch- und Landesverrat und Majestätsbeleidigung), 5) dauernde Unfähigkeit, als Zeuge oder Sachverständiger vernommen zu werden (bei Meineid), 6) Zulässigkeit von Polizeiaufsicht und Überweisung an die Landespolizeibehörde behufs Aufnahme in ein Arbeitshaus (für Bettler, Landstreicher, Müßiggänger, Trunkenbolde, Arbeitsscheue, Obdachlose, Prostituierte), 7) Einziehung und Verfallerklärung. Keine S. ist die Buße (s. d.); der S. ähnlich ist die subsidiäre Haftung für Geldstrafen, wie sie namentlich durch die Zoll- und Steuergesetzgebung den Handel- und Gewerbetreibenden, den Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsgesellschaften und den Eltern und Ehegatten auferlegt ist, z. B. im Vereinszollgesetz vom 1. Juli 1869, §. 153. (Vgl. wegen der oben angeführten Strafarten die einzelnen Artikel.) - Die Hauptstrafen des österr. Rechtes sind Todesstrafe, Kerker, Arrest, Geldstrafe. Der schweiz. Strafgesetzvorentwurf von 1896 kennt, wenn ein Verbrechen auf übermäßigen Genuß geistiger Getränke zurückzuführen ist, als strafe auch Wirtshausverbot von 1 bis 5 Jahren, ferner, wenn sich jemand durch ein Verbrechen der elterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt unwürdig machte, Entziehung dieser. Die S. ist die beste, welche am geeignetsten ist, sich den verschiedenen Strafzwecken (Drohung, Abschreckung, Besserung, Schutz) je nach Bedürfnis anzupassen. Von diesem Gesichtspunkte aus empfiehlt sich die Freiheitsstrafe. Gegen sie und namentlich die kurzzeitige sind neuerdings vielfach Bedenken erhoben worden. (S. Internationale kriminalistische Vereinigung und Verurteilung, bedingte.)

Litteratur, s. Strafrecht.

Straferhöhungsgründe, s. Erschwerende Umstände (Bd. 17).

Strafford (spr. sträff'rd), Thomas Wentworth, Graf von S., engl. Staatsmann, geb. 13. April 1593 in London, begann seine polit. Laufbahn 1621 als Mitglied der Parlamentsopposition gegen Jakob I. und war im dritten Parlament Karls I. (1628) neben Eliot (s. d.) der leitende Unterhausführer. Er strebte vor allem danach, die in dem langen Streit verloren gegangene Einheit unter den regierenden Gewalten wiederherzustellen, und da das Bemühen an der Haltung des Königs, vor allem aber auch an der blind weiter stürmenden Leidenschaftlichkeit der Parlamentsmehrheit scheiterte, so trat der Oppositionsmann, unbekümmert um den Haß, den er damit entfesselte, auf die Seite des Königtums. Schon 1628 erhob ihn Karl zum Peer, unterstellte das Land nördlich vom Humber seiner Verwaltung und schickte ihn 1632 als Statthalter nach Irland. Wentworth griff mit diktatorischer Gewalt und Härte ein und schuf Ordnung in dem zerrütteten Lande. Der Handel begann sich zu heben, Kirchen und Schulen wurden gebaut und Kolonisten ins Land gezogen. Als 1638 unter den Schotten wegen der kirchlichen Neuerungen Unruhen ausbrachen, war es Wentworth, der den König zum Kriege drängte und aus Irland Hilfe brachte. Da das engl. Parlament die Mittel verweigerte, mußte das Unternehmen scheitern. Der höchste Haß traf den im Jan. 1640 zum Grafen von S. erhobenen Wentworth, den verabscheuten Apostaten; aber er bot dem Sturme Trotz und erschien 10. Nov. in London. Schon am Tage darauf brachte Pym eine Anklage auf Hochverrat gegen ihn im Unterhause durch. Am 22. März 1641 begann die gerichtliche Verhandlung vor dem Oberhause, bei der die ganze Größe des Mannes in seiner glänzenden Verteidigung zur Erscheinung kam. Da Pym eine günstige Stimmung für ihn bei den Richtern fürchtete, beschloß er S. schneller zu treffen durch eine Ächtungsbill, die sofort zur Annahme gebracht wurde. Großherzig forderte S. den König auf, ihn zu opfern, um sich zu retten, und Karl, der ihn ausdrücklich seines Schutzes versichert hatte, war klein genug, den treuen Diener fallen zu lassen. Am 12. Mai 1641 bestieg S. das Scha-[folgende Seite]