Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

571

Tabak

und subtropischen Klima, wo den Pflanzen während ihres Wachstums eine möglichst gleichmäßige Temperatur von mindestens 20° C. geboten wird. T. verlangt einen nährstoffreichen, gut durchlüfteten Boden mit hohem Humusgehalt; leichter, gut durchlüfteter Boden liefert ein Blatt von leichter Qualität und heller Farbe, schwerer Boden ein kräftiges Blatt von dunkler Farbe. Der Tabaksbau erschöpft den Boden in hohem Grade; auch läßt sich alte Bodenkraft nicht voll durch Düngung ersetzen. Organischer Dünger (Gründünger, Stallmist u. s. w.) verdienen vor den einseitigen Stickstoff- und Mineraldüngern den Vorzug; während Kali- und Kalkzufuhr die Verbrennlichkeit des T. steigert, erzeugen kochsalzreiche Düngungen leicht einen schwer verbrennlichen T.; vor allem ist zu reichliche Stickstoffdüngung, besonders bei reichlicher Phosphorsäurezufuhr, zu vermeiden, wodurch ein eiweißreicher, knellernder T. erzeugt wird. Am besten gedeiht T. auf kräftigem Neubruch, besonders auf humosem Waldboden, jedoch kann derselbe auf jede Frucht folgen, welche den Boden nicht zu sehr erschöpft; in der Pfalz wird T. häufig nach Luzerne, im Elsaß meist in die Gerstenstoppel gepflanzt; für Hackfrüchte ist T. eine sehr gute Vorfrucht. Im gemäßigten Klima, wo Frühjahrsfröste eintreten, ist für die Erziehung junger Tabakspflanzen besondere Vorsicht nötig; man sät in Deutschland den T. etwa im März in mit Glasfenstern versehenen Mistbeeten oder in Luftbeeten (Höhenkutschen, Tabakskutschen) und schützt die jungen Pflanzen durch Bedecken mit Matten vor zu starker Besonnung, vor heftigem Regen, namentlich aber vor Frost. Aber auch in den Tropen erfolgt die Saat auf besondern Saatbeeten, um die jungen Pflanzen besser zu pflegen und vor Verunkrautung und Infektenfraß schützen zu können. Das Verpflanzen auf das Feld erfolgt, wenn die Pflanzen 8-10 cm Höhe erreicht und 5-6 Blätter gebildet haben, in Deutschland gewöhnlich im Juni. Der Standraum ist je nach Klima, Bodenbeschaffenheit und nach der Größe der angebauten Varietät verschieden; im Mittel giebt man den Pflanzen etwa 0,5 m Standraum, entsprechend 18 000 Pflanzen pro Hektar, auch werden wohl 24 000 Pflanzen und mehr auf das Hektar gebracht. Der Boden des Feldes muß gut gelockert sein. Die Pflege der Pflanzen während des Wachstums erstreckt sich auf Lockerung des Bodens, wobei zugleich das Unkraut zerstört wird, vielfach werden die Pflanzen auch etwas angehäufelt. Besonders wichtig ist die Entfernung der zahlreichen Schädlinge (s. unten). Die untersten Blätter (Sandblätter) werden, wenn sie verwelken, abgebrochen, die Blütenknospen, sobald sie sich zeigen, entfernt, ebenso die Seitentriebe (Geizen). Nur einzelnen kräftigen Pflanzen läßt man die Blütenknospen zum Zwecke der Samengewinnung. Die Ernte beginnt sobald die Blätter die Reife erlangt haben, was an der Entfärbung derselben namentlich an der Unterseite und dem Umschlagen der Ränder erkenntlich ist. Die Blätter reifen nicht gleichzeitig, sondern es erfolgt das Reifen von unten nach oben. In den nördl. Anbaugebieten ist das Reifen ein so ungleichmäßiges, daß die reifen Blätter einzeln gepflückt werden müssen; dieselben werden dann auf Schnüre aufgereiht oder auf Stäbe aufgespießt in Trockenschuppen, auch wohl an Mauern oder Zäunen zum Trocknen aufgehängt. In wärmern Klimaten wendet man die Holzschuhersche Tabaksbaumethode (s. d.) an. Der trockne T. wird dann fermentiert (Tabakfermentation). Die verschiedenen Methoden des Trocknens und Fermentierens weichen mannigfach voneinander ab; vielfach unterwirft man die grünen Blätter zunächst einer schwachen Gärung (z. B. in Amerika). Jedenfalls darf das Trocknen weder zu schnell noch zu langsam vor sich gehen; bei zu schnellem Trocknen behält das Blatt seine grüne Farbe, bei zu langsamem Trocknen in zu feuchter Luft und bei ungenügender Ventilation fault das Blatt (Dachbrand, Rippenfäule); daher fördert man das Trocknen vielfach durch künstliche Heizung. Die getrockneten Blätter werden dann gebündelt und zum Zwecke der Fermentation gestapelt, d. h. zunächst in kleinere und allmählich in größere Stapel gebracht, wo sie sich schließlich auf 55 bis 60° C. erwärmen, eine stärkere Erwärmung empfiehlt sich nicht. Sobald die Stapel die gewünschte Temperatur erreicht haben, werden sie umgesetzt und die Fermentation ist beendet, wenn sich der T. in den Stapeln der entsprechenden Größe nicht mehr erwärmt. Die Veränderungen, welche das Blatt beim Trocknen und Fermentieren erleidet, sind sehr komplizierter Natur und noch nicht genügend bekannt; sie erstrecken sich namentlich auf die Zersetzung des Chlorophylls (Blattgrüns), der Eiweißkörper, der Kohlehydrate, Fette und Harze u. s. w. Neuere Untersuchungen (vgl. Suchsland in den "Berichten der Botanischen Gesellschaft", April 1892) haben ergeben, daß der Verlauf dieser Prozesse an die Gegenwart gewisser, bei den einzelnen Tabaksorten verschiedener Spaltpilze gebunden ist; es ist somit die Möglichkeit in Aussicht gestellt, unsere geringwertigern T. durch Impfung der Stapel mit Spaltpilzen hochwertiger T. zu veredeln (z. B. Pfälzer durch Habanaspaltpilze), falls es gelingt, diesen Spaltpilzen in unserm Klima die ihnen zusagenden Lebensbedingungen zu verschaffen. Die praktische Erfahrung lehrt, daß bei langsamem Trocknen und Fermentieren bei nicht zu hoher Temperatur leichterer T. von hellerer Farbe gewonnen wird, während besonders die Beschleunigung der Fermentation durch hohe Temperaturen ein schweres Blatt von dunkler Farbe erzeugt.

Schädlinge. Zu den verbreitetsten Schädlingen des T. gehören die Schneidraupe und die Tabaksraupe. Die Schneidraupe (engl. cutworm) ist die Raupe eines Nachtschmetterlings aus der Familie der Eulen, Agrotis ypsilon v. Rottm. (Agrotis suffusa Hübn.), die abends aus ihrer Erdhöhle kriecht und während einer Nacht bis vier junge Tabakspflänzchen über dem Wurzelhals abbeißt. Da sie sich mit Vorliebe auf Grasland und Klee oder in deren Nähe aufhält, sind solche in der Nähe der Tabakfelder nicht zu dulden. Zur Vertilgung eignen sich am besten vergiftete Lockspeisen (Kastanien-, Kohl- oder Rübenblätter oder Klee), die in der Pflanzung ausgestreut werden. Sobald der T. den Schneidraupen entwachsen ist, tritt die gefährlichere Tabaksraupe auf, die äußerst gefräßige Raupe eines Schwärmers, Sphinx Carolina L., die während ihrer 14tägigen Entwicklungsperiode bei einem Höchstgewicht von 60 g 1-1½ kg Blätter verzehrt. Für ihre Bekämpfung ist die Vertilgung des Schmetterlings am wichtigsten. Dies kann durch nachts auf dem Felde aufgestellte Flammen, durch die jene Insekten angelockt werden, oder auch durch Gift, das in die Blüten des von den Schmetterlingen bevorzugten Stechapfels geträufelt wird, sehr