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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Tannenberg; Tannenborkenkäfer; Tannenburg; Tannenfalke; Tannenheher

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Tannenberg - Tannenheher

Dutzend und mehr jede in der Achsel einer Nadel auf der Unterseite der letztjährigen Seitentriebe der Krone. Die weiblichen Blüten stehen aufrecht auf der obern Seite unterhalb der Spitze vorjähriger Triebe der dem Wipfeltrieb zunächst stehenden obersten Quirläste, sind walzenförmig, 20‒30 mm lang, am Grunde von bleichgrünen, gefransten Deckblättern umhüllt. Die Fruchtblätter sind bleich grün, verkehrt-eiförmig, gezähnelt, mit langer, weitabstehender Spitze. Der walzige Zapfen wird bis 16 cm lang, bleibt aufrecht stehen, über die breit abgerundeten Schuppen ragen die nach abwärts gebogenen Spitzen der Fruchtblätter heraus. Der reife Zapfen zerfällt im Spätherbst, Oktober bis November, die Spindel bleibt noch lange stehen.

Die Abbildung auf Tafel: Nadelhölzer. Waldbäume Ⅶ, Fig. 2, stellt die Edeltanne als ganzen Baum dar, außerdem 1. Zweig mit männlichen Blüten, 2. weibliche Blüte, 3. vollkommen entwickelte männliche Blüte, 4. Staubgefäße, 5. weibliche Deckschuppe mit der noch kleinen Samenschuppe, 6. reifen Zapfen, 7. obern Rand der Zapfenschuppe von außen mit dem zugespitzten Deckblatt, 8. Samenflügel mit dem den Samen haltenden Umschlag, 9. abgeflügelten Samen, 10. Querschnitt, 11. Spitze einer Nadel, links ein Triebstückchen mit Blattstielnarben, 12. Spindel eines Zapfens.

Die T. trägt nie so reichlich Samen wie die Fichte in guten Samenjahren, dagegen weit häufiger, aller 2‒5 Jahre. Der Same hält sich nur bis zum nächsten Frühjahr keimfähig, daher oft Herbstsaat. Die Keimpflanze hat 4‒8, gewöhnlich 5, den Nadeln sehr ähnliche Kotyledonen. Der erst vom 8. bis 10. Jahre sich stark entwickelnde Höhenwuchs dauert bis zum 200. Jahre, sein Aufhören kennzeichnet sich durch eine storchnestförmige Abplattung der Krone. Die T. ist in einem großen Teile des mittlern und südl. Europas einheimisch. Von den westl. Pyrenäen zieht sich ihre natürliche Nordgrenze durch Lothringen und Mitteldeutschland, den Südrand des Harzes berührend, nach Schlesien (51,5°), von da nach dem Nordrand der Karpaten, durch Galizien und Bukowina über den Balkan nach dem Schwarzen Meer. Dort ist auch die Ostgrenze. Die natürliche Südgrenze beginnt in Navarra, läuft parallel den Pyrenäen durch die Hochgebirge Cataloniens bis auf den Monseni, berührt Corsica und Sicilien und streift durch Macedonien, wahrscheinlich bis nach Kleinasien. Der bithynische Olymp (40°) ist der südlichste Ort der T. im Osten, wohl auch ihr östlichster. Waldbildend ist die T. namentlich in den Pyrenäen, in den Gebirgen Centralfrankreichs, den Vogesen, im Jura, Schwarzwald, Frankenwald, in den Beskiden und Karpaten, in den Apenninen und in Corsica. Den Ebenen und niedern Gebirgen des Südens fehlt die T., am höchsten steigt sie in Sicilien und in den Pyrenäen Aragoniens, bis 1950 m; während sie im Thüringer Wald, im Erzgebirge, im Riesengebirge nur bis 800 m vorkommt, erreicht sie im Bayrischen Wald, in den Vogesen und dem Schwarzwald 1200, im Jura 1500 m. Ihre untere Verbreitungsgrenze liegt in den Pyrenäen Aragoniens bei 950, in den Vogesen bei 600, im Jura bei 500 m.

Die T. erreicht ein sehr hohes Alter. Sie liefert gutes Bau- und Nutzholz, doch wird es etwas geringer geschätzt als das der Fichte. Es ist leicht und weich, etwas schwerer als Fichtenholz und fast ohne Harz. Die T. gehört zu den wichtigsten deutschen Waldbäumen; selbst dort, wo man sie nicht in reinen Beständen erzieht, mischt man sie ihrer größern Sturmfestigkeit wegen gern den Fichten bei, namentlich auch gern den Buchen, deren hohen Umtrieb sie aushält. Ihre Fähigkeit, ein hohes Alter zu erreichen und selbst nach sehr langem Druck im geschlossenen Bestand nach erfolgter Freistellung kräftig zu wachsen, macht die T. sehr geeignet zum Überhalten für eine doppelte, selbst dreifache Umtriebszeit. Die Nachzucht der T. erfolgt vorzüglich durch Femelschlagbetrieb (s. d.), zum Zweck der Einmischung jedoch auch durch Pflanzung im Freien.

Die T. ist während ihres Lebens mancherlei Gefahren ausgesetzt, wenn auch weniger als die Fichte. Frost schadet ihr namentlich in der Jugend, Sturm und Schnee im späten Alter. Unter den Insekten hat sie besonders zu Feinden einen Borkenkäfer (Tomicus curvidens Germ.), einen Rüsselkäfer (Pissodes piceae Ill.), einen Kleinschmetterling, den Tannenwickler (Tortrix histrionana Frl.). Dem Verbiß des Rot- und Rehwildes ist die T. so sehr ausgesetzt, daß es bei starkem Wildstand unmöglich ist, junge T. vereinzelt nachzuziehen. Sehr beachtenswerte Krankheiten der T. sind die Hexenbesen (s. d.) und krebsartige Wulstbildungen (Tannenkrebs), die in manchen Gegenden, namentlich in Süddeutschland, die Gewinnung von Nutzholz wesentlich beeinträchtigen.

Von fremdländischen Arten sind zu nennen: die in den Gebirgen Griechenlands heimische Abies cephalonica Loud., die süddeutsches Klima noch verträgt, sowie ihre Varietäten Apollinis Lk. und Reginae Amaliae Heldr.; die in Gärten ihrer schönen Form und dunklen Färbung wegen beliebte Abies Nordmanniana Lk. aus dem Kaukasus, welche in Mitteldeutschland gut gedeiht, weil sie im Frühling spät treibt, daher weniger von Frost leidet wie die hier heimische Art; Abies Pichta Forb. vom Ural; Abies sibirica Turtsch. von der Wolga bis Kamtschatka; Abies pinsapo Boiss. in Spanien und Nordafrika, mit sehr starren, sperrig abstehenden, stumpf dreikantigen Nadeln; Abies balsamea L., die Balsamtanne, weit verbreitet in Nordamerika, von Canada bis zu den Alleghanies, vielfach bei uns in Gärten angepflanzt, wird selten über 15 m hoch und über 30 J. alt, trägt früh und häufig Zapfen, ihre Nadeln sind wohlriechend, aus den Harzbeulen der Rinde wird in Amerika sehr feiner Terpentin, der sog. Canadabalsam, gewonnen. Über die Hemlockstannen s. d.

Tannenberg, Dorf im Kreis Osterode des preuß. Reg.-Bez. Königsberg, hat (1895) 1389 E., Rittergut und ist bekannt durch die Niederlage der Deutschen Ritter (80000 Mann) unter dem Hochmeister Ulrich von Jungingen, 15. Juli 1410, durch das fast doppelt so starke poln.-litauische Heer.

Tannenberg, Ritter von, s. Wurzbach, Constant.

Tannenborkenkäfer, zwei Arten Borkenkäfer (s. d., Bostrichus curvidens Germ., s. beistehende Abbildung, und abietis Ratz.), die man auf deutsch als kleinen und als gekörnten T. unterscheidet. Die Larven werden meist der Weißtanne, seltener andern Nadelhölzern schädlich.

^[Abb.]

Tannenburg, Schloß bei Hohenems (s. d.).

Tannenfalke, soviel wie Wanderfalke, s. Falken.

Tannenheher, Nußheher oder Bergheher (Nucifraga caryocatactes Briss.), ein 36 cm langer, dunkelbrauner, weiß getropfter Rabenvogel mit