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Tarnowitzit – Tarquinius Priscus
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Tarnowitz'

Textfigur:
unter 1924 Evangelische und 506 Israeliten, Postamt erster Klasse, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, Denkmäler des Freiherrn vom Stein, des Herzogs Johann
von Oppeln und der Markgrafen Georg und Georg Friedrich von Brandenburg, zwei kath., eine evang. Kirche, Synagoge, Realgymnasium, Bergschule, höhere
Mädchenschule, gewerbliche und kaufmännische Fortbildungsschule, Josephstift der Borromäerinnen, Kreiskranken-, Kreiswaisenhaus, Knappschaftslazarett,
städtisches Hospital und Rettungshaus, ehemalige bergfiskalische Wasserleitung, 1835 von der Stadt übernommen, Schlachthof, Gasbeleuchtung,
Kreissparkasse und Vorschußverein. Bedeutend ist der Bergbau auf Eisenerze (Tarnowitzer Aktiengesellschaft für Bergbau und Hüttenbetrieb, Oberschlesische
Eisenindustrie-Aktiengesellschaft, Oberschlesische Eisenbahnbedarfs-Aktiengesellschaft); ferner bestehen ein Eisenhüttenwerk, die königl. Friedrichshütte
(6 km von T.), Seifen-, Tütenfabrik, Dampftischlereien, Dampfsägewerke, Kalkbrennerei, Brauereien, Holz und Kohlenhandel. T. ist Sitz des Vorstandes des
Oberschlesischen Knappschaftsvereins und der 6. Sektion der Knappschafts-Berufsgenossenschaft.
Tarnowski, Stanislaw, Graf, poln. Großgrundbesitzer und Literarhistoriker, geb. 7. Nov. 1837 in Dzikow in Galizien, studierte in
Krakau und Wien, und mußte, polit. Vergehen verdächtig, nach 1863 fast zwei Jahre im Gefängnis zubringen. Darauf wurde er 1867 Mitglied des galiz.
Landtags und des österr. Reichsrates, 1871 Professor der poln. Litteraturgeschichte in Krakau und 1885 lebenslängliches Mitglied des österr. Herrenhauses.
Zugleich ist er seit 1890 Präsident der Krakauer Akademie der Wissenschaften, nachdem er schon seit 1883 ihr Generalsekretär gewesen war. In der von ihm
begründeten Zeitschrift «Przeglad polski» und in gesonderten Schriften veröffentlichte T. eine große Anzahl
litterarhistor. Monographien (auch über Shakespeare, Schillers Dramen u.a.), darunter die «Studien zur Geschichte der poln. Litteratur» (polnisch, 4 Bde.,
Krak. 1886–92). In polit. Beziehung ist er einer der Hauptvertreter der konservativen weißen oder Stanczykenpartei in Galizien.
Tarók, eins der anziehendsten, aber auch der schwierigsten Kartenspiele, das von drei Personen mit der Tarokkarte
(s. Spielkarten) gespielt wird. Es läßt sich nur an der Hand einer ausführlichen Anleitung erlernen und hat wenig gemein mit dem
leichten Spiel gleichen Namens, das auch unter der Bezeichnung Tarok-Tapp oder Tapp (s. d.) bekannt ist. – Vgl. Werner, Das moderne
Tarokspiel (Wien 1883); Ulmann, Illustriertes Wiener Tarokbuch (ebd. 1887); F. Anton, Encyklopädie der Spiele (5. Aufl., Lpz. 1889); Bermann, Der praktische
Tarokspieler (Wien 1894).
Tarotiert (frz.), mit Untergrund nach dem Muster der Tarokkarte (frz. tarots) versehen.
Tarpawlings (engl., spr. -pahl-), s. Jute.
Tarpēja, nach einer in der röm. Litteratur vielfach behandelten Sage die Tochter des
Tarpejus, dem Romulus im Kriege mit den Sabinern unter Titus Tatius (s. d.) den Befehl der Burg in
↔ Rom anvertraut hatte. Sie ließ sich durch die Begierde nach den goldenen Armspangen und Ringen der Sabiner verlocken, um den Preis
dessen, was diese am linken Arme trügen, ein Thor der Festung dem Feinde zu öffnen. Die Sabiner benutzten den Verrat, warfen aber statt der Ringe und
Armspangen ihre Schilde auf die Verräterin und töteten sie so. Zum Andenken an sie wurde der westl. Abhang der Burg auf dem Kapitol, wo auch ihr Grab
war und ihr alljährlich Totenopfer gebracht wurden, Tarpejischer Felsen genannt. Bei bestimmten Verbrechen
(Meineid, Verletzung der Volkstribunen u.a.) wurde seit ältester Zeit, vereinzelt noch in der Kaiserzeit, die Hinrichtung durch Herabstürzen vom Tarpejischen
Felsen vollzogen.
Tarquinĭi, alte Stadt im südl. Etrurien, etwa 65 km von Rom entfernt, lag am Flusse Marta unweit des Meers. Als
Hafen gehörte dazu Graviscä. Solange Etrurien mit Griechenland in lebhaftem Seeverkehr stand, spielte T. eine hervorragende Rolle im etrurischen
Zwölfstädtebunde; später aber zog sich dessen Schwerpunkt mehr den Binnenstädten zu. Nach der Tradition soll T. Rom die Dynastie der Tarquinier gegeben
haben. Der röm. Republik, die nach dem Falle Vejis weiter in Etrurien vordrang, suchte sich T. mit seinen Nachbarstädten im Kriege von 358 v.Chr. zu
widersetzen, mußte aber 351 und wieder 308, nachdem die Etrusker infolge der Kriege der Römer mit den Samniten aufs neue sich erhoben hatten, jetzt mit
vollständiger Unterwerfung, Frieden schließen. Trotzdem blühte T. bis in die Kaiserzeit fort, seine völlige Zerstörung und Verödung fällt erst in das spätere
Mittelalter. Von der alten Stadt mit einst 8 km Umfang sind nur noch geringe Reste erhalten. Dagegen hat sich in dem gegenüber liegenden Felsenrücken, auf
dem Corneto liegt, die Begräbnisstätte des alten T. mit höchst interessanten Grabdarstellungen erhalten. (S. Corneto Tarquinia.) – Vgl.
Stackelberg, Älteste Denkmäler der Malerei aus den Hypogäen von T. (Stuttg. 1827); Abeken, Mittelitalien nach seinen Denkmalen (ebd. 1843); Canina,
L'antica Etruria marittima (2 Bde., Rom 1846–51); Dennis,
The cities and cemeteries of Etruria (Lond. 1849; deutsch Lpz. 1852); Dasti,
Corneto-Tarquinia (Rom 1878).
Tarquinĭus Priscus, der Sage nach der fünfte röm. König (angeblich 616–579 v.Chr.), hieß ursprünglich
Lucumo und war der Sohn eines reichen Korinthers, Demaratus (s.d.), der innerer Unruhen wegen
seine Vaterstadt verlassen hatte und nach Tarquinii in Etrurien geflohen war. Von hier siedelte Lucumo mit seiner Gemahlin Tanaquil nach Rom über, wo er
sich Lucius Tarquinius nannte, bald Einfluß gewann und vom König Ancus Marcius zum Vormund von dessen Söhnen bestellt wurde. Er ließ sich aber selbst
zum König wählen, kämpfte glücklich gegen Sabiner und Etrusker, die ihn als Oberkönig anerkannten und die seitdem von den röm. Königen geführten
Insignien (s. Rex) übersendeten. Eine von ihm geplante Neueinteilung des Volks scheiterte an dem
Widerspruche des Augurs Attus Navius, doch vermehrte T. P. den Senat und die Ritterschaft. Ferner soll er durch gewaltige Kloaken die tiefer gelegenen
Stadtteile entwässert, das Forum und den Cirkus angelegt, den kapitolinischen Jupitertempel begonnen haben. Im hohen Alter soll er von den Söhnen des
Ancus Marcius beseitigt worden sein.