Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

802

Thracien - Thrazien

des gezogenen Gewehrs, geb. 1791 zu Moyenvic (Depart. Meurthe), gest. 1882, schlug bereits 1810 die Anbringung eines Dorns in der Schwanzschraube des gezogenen Gewehrs vor und legte 1811 ein Dorngewehr (s. d.) mit Langgeschoß vor, das 1816 angenommen und später fast in allen Heeren als Jägerwaffe wie auch im bürgerlichen Leben als Birsch- und Scheibenbüchse Eingang fand.

Thracien (Thracia), s. Thrazien.

Thran, Fischthran, das aus dem Speck der Bartenwale oder Walfische, der Potfische, der Delphine und hauptsächlich der Flossenfüßler (Seehunde, Seelöwen, Walrosse) gewonnene flüssige, ölige Fett. Der T., der am Orte des Fanges von selbst aus dem in unten durchlöcherten Tonnen geschlagenen Speck ausfließt, ist der beste. Später wird der auf dem Transport ranzig und faulig gewordene Speck in großen Pfannen ausgesotten, der hierdurch gewonnene geringere T. durch Filtrieren und Durchgehen durch Wasser gereinigt und der dabei sich bildende Bodensatz (Prutt) als Wagenschmiere, die fleischigen und häutigen Reste aber zur Leimsiederei gebraucht. Die T. lassen sich ihrer Abstammung nach in Robbenthran (Walroß- und Robbenthran), Walthran (Potwal-, Dögling- und Walfischthran), Leberthran (s. d.) und Fischthran (Herings-, Sprotten-, Sardinen-, Sardellen-, Pilchard- und Menhadenthran) einteilen, doch sind die Unterschiede der einzelnen Sorten nicht ausgeprägt genug, um genaue Unterscheidungsmerkmale aufstellen zu können. Das spec. Gewicht schwankt zwischen 0,915-0,930, bei 0° scheidet der T. etwas festes Fett ab; er besteht aus Oleïn, Palmitin und Stearin und kleinen Mengen von Glyceriden der Valeriansäure und ähnlichen flüchtigen fetten Säuren. Alle Thransorten haben einen eigentümlichen Geruch und Fischgeschmack, brennen mit sehr leuchtender, aber rußender Flamme und werden zur Beleuchtung, Zubereitung des Leders, zur Bereitung der Schmierseife u. s. w. verwendet. Die Haupteinfuhr geht über England und Hamburg; die Zufuhr Hamburgs betrug (1896) gegen 100 000 t.

Thränen, die von der Thränendrüse (Glandula lacrymalis) abgesonderte klare Flüssigkeit, die zur Befeuchtung der vordern Augapfelfläche dient und neben Kochsalz und Phosphaten hauptsächlich (99 Proz.) Wasser enthält. Beim Menschen besteht die Thränendrüse, die sich auch bei allen Wirbeltieren mit Ausnahme der im Wasser lebenden nackten Amphibien und der Fische findet, aus zwei Partien, einer obern und einer untern, die dicht übereinander unter dem äußern Teile der obern Augenhöhlenwand liegen und ihr Sekret durch 8-12 Ausführungsgänge unter das obere Augenlid ergießen. Von dort gelangen die T. durch den Lidschlag in den innern Augenwinkel, um sich hier in dem Thränensee (Lacus lacrymarum) zu sammeln, in den die auf der Spitze der Thränenwärzchen liegenden Mündungen der Thränenkanälchen (die Thränenpunkte) eintauchen, worauf die überschüssigen T. durch den Thränensack (Saccus lacrymalis s. Dacrocystis) und den häutigen Thränennasengang (Ductus nasolacrymalis) in die Nase gelangen. (S. Auge nebst Tafel, Fig. 5.)

Thränenbeine (Ossa lacrymalis, s. Tafel: Der Schädel des Menschen, Fig. 1,8), zwei dünne Knochenplättchen, welche die Papierplatten des Riechbeins nach vorn ergänzen und am vordersten Teile der innern Augenhöhlenwand gelegen sind.

Thränendrüse, s. Thränen.

Thränenfistel, Fistel des Thränensacks, dle, meist nach Durchbruch einer eiterigen Thränensackentzündung entstanden und mit Verengerung des Thränengangs kompliziert, in der Haut unter dem innern Augenwinkel mündet und Thränen und Eiter entleert. Nach Beseitigung der Ursachen ist die T. leicht zur Verheilung zu bringen.

Thränengang, s. Thränen.

Thränengras, s. Coïx.

Thränenkanälchen, Thränennasengang, Thränenpunkt, Thränensack, s. Thränen.

Thränenschlauch, der aus Thränensack und Thränengang sich zusammensetzende Kanal, der zur Sammlung und Abführung der Thränen dient.

Thränenschwamm, s. Hausschwamm.

Thränensee, s. Thränen.

Thränenstein, s. Augenstein; T. der Hirsche, s. Bezoar.

Thränenwärzchen, s. Thränen.

Thrasaetus, Harpyie, s. Adler nebst Taf. I, Fig. 1.

Thrasybulus, der Sohn des Lykon, athen. Heerführer in der letzten Zeit des Peloponnesischen Krieges, zugleich einer der thatkräftigsten Vorkämpfer der demokratischen Partei in Athen, ging nach der Übergabe Athens an Lysander und der Einsetzung der sog. 30 Tyrannen (404 v. Chr.) in die Verbannung. Mit einer Schar entschlossener Patrioten bemächtigte er sich von Theben aus zu Anfang des J. 403 der attischen Grenzfestung Phyle. Die Zahl seiner Anhänger wuchs rasch. Bald gewann er den Peiraieus und schlug die Dreißig, die ihn zu vertreiben suchten. Auch die von diesen herbeigerufene Hilfe der Spartaner brachte den Oligarchen keinen dauernden Nutzen, da die innern spartan. Parteiverhältnisse lähmend auf die auswärtige Politik einwirkten. Gegen den Willen des streng oligarchisch gesinnten Führers des Exekutionskorps, Lysander, kam es durch Vermittelung des spartan. Königs Pausanias zur Vertreibung der Dreißig und zu einem Ausgleich der streitenden athen. Parteien (Spätsommer 403). Als dann im Korinthischen Kriege (395-386) Athen aufs neue den Kampf mit Sparta aufnahm, befehligte T. (389) die erste größere athen. Flotte und suchte mit Glück den athen. Seebund an den kleinasiat.-thraz. Küsten wieder aufzurichten. Die beitretenden Städte wurden zur Zahlung einer fünfprozentigen Steuer auf Ein- und Ausfuhr ("Das Zwanzigstel des T.") verpflichtet. Bei dieser Einrichtung wurde T., als er von dem pamphylischen Aspendos eine Kontribution gewaltsam eintrieb, durch die erbitterte Bevölkerung überfallen und erschlagen (Frühjahr 388).

Thrazien (grch. Thrake; lat. Thracia), im Altertum ein Teil der Balkanhalbinsel, doch hat der Name zu verschiedenen Zeiten verschiedene Gebiete umfaßt. In der frühesten Zeit bezeichnete man damit den ganzen Norden Europas oberhalb Griechenlands mit Einschluß von Macedonien im Süden und und ^[2. "und" überzählig] Scythien im Norden; Herodot erklärt die Thrazier für das größte Volk der Welt nächst den Indern. Im engern Sinne wurde die am nördl. Fuße des Olympos gelegene zu Macedonien gehörige Landschaft Pieria als der Wohnsitz eines thraz. Stammes, der Pierischen Thraker, bezeichnet, die von dort aus auch in verschiedene Landschaften von Hellas eingedrungen und gewisse orgiastische Kulte und den Musendienst mitgebracht haben sollen. Später beschränkte man den Namen T. aus das Land zwischen der Nordgrenze Macedoniens und