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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Thymus - Tiara

leicht dagegen in Alkohol und in Glycerin lösen. Es ist isomer mit dem Carvol und findet namentlich als Mundwasser (Lösung 1:1000) und bei antiseptischer Behandlung von Wunden Verwendung.

Thymus L., Thymian, Pflanzengattung aus der Familie der Labiaten (s. d.) mit gegen 60 meist mediterranen Arten, niedrige Halbsträucher und Kräuter, mit zweilippigem, an dem Schlunde inwendig mit einem Haarring ausgekleidetem Kelch, einer fast flachen, ausgerandeten Oberlippe der Blumenkrone und vier nach oben auseinander gehenden Staubgefäßen. Sie sind sämtlich sehr aromatische Pflanzen mit kleinen, drüsig punktierten, ganzrandigen Blättern und in Quirlen geordneten Blüten, die oft zu Köpfchen oder Ähren vereinigt erscheinen. Der Gartenthymian (T. vulgaris L.) wird 15-20 cm hoch, hat schmale, fast lineale, am Rande fast zurückgerollte Blätter und weißliche oder rötliche Blüten. Dieser kleine Halbstrauch ist im südl. Europa auf dürren Hügeln gemein und wird in Gärten als Gewürzpflanze und Küchenkraut gezogen. Der Feldthymian oder Quendel, auch Feldkümmel (T. serpyllum L.), hat einen niederliegenden Stengel mit vielen, 60-90 cm langen Ästen, ovale, flache oder auch am Rande umgerollte Blätter und purpurrote, in kopfig gestellten Wirteln vereinigte Blüten. Er findet sich häufig auf Bergen in ganz Europa und Nordasien. Beide Arten enthalten ein gewürzhaftes ätherisches Öl. Deshalb sind die blühenden Äste (Herba Thymi und Herba Serpylli) als kräftiges Reizmittel offizinell. Einige buntblätterige Formen des in Südeuropa heimischen T. citriodorus Schreb. (Citronenthymian) werden als Teppichpflanzen verwendet und durch Stecklinge, alle übrigen durch Samen vermehrt.

Thymusdrüse (Glandula thymus), eine lange und schmale, traubenförmig gebaute Drüse, die in der Mittellinie des Körpers hinter dem Brustbein liegt und sich von der Herzbasis bis gegen den Hals hin erstreckt, bei Embryonen und Kindern in den ersten zwei Jahren selbst bis über das Brustbein hinaus. Im spätern Alter nimmt diese Drüse an Größe allmählich ab, und beim reifen Menschen ist sie völlig verkümmert, so daß sich von ihr meist nur geringe Spuren finden. Ihrer Funktion nach scheint sie gleich der Milz (s. d.) in naher Beziehung zur Blutbildung zu stehen. Die T. des Kalbes bildet als Kalbsmilch, Milchfleisch, Briesel oder Broschen ein beliebtes Nahrungsmittel.

Thynnus, s. Thunfisch und Tafel: Fische III, Fig. 5; T. pelămys, der echte Bonite (s. d.).

Thyone, s. Semele.

Thyra, der 115. Planetoid.

Thyraden, mit Milchzucker eingetrocknetes Extrakt der Schilddrüse des Schafes.

Thyreoidea oder Glandula thyroidea, s. Schilddrüse.

Thyreoïdektomie (grch.), die operative Entfernung der Schilddrüse.

Thyreoïdin, die getrocknete, pulverisierte Schilddrüse des Schafes. Die Organotherapie braucht sie gegen Kropf, Fettsucht und Basedowsche Krankheit. (S. Schilddrüsenfütterung, Bd. 17.) Ihre Wirkung beruht auf dem Gehalt an einer jodhaltigen organischen Verbindung, dem Thyrojodin.

Thyreoïditis (grch.), die Entzündung der Schilddrüse, der entzündliche Kropf.

Thyreotomie (grch.), die Spaltung des Schildknorpels behufs Eröffnung der Kehlkopfhöhle.

Thyrojodin, s. Thyreoidin.

Thyrsus (grch.), der in einen Fichtenzapfen auslaufende, mit Epheu und Weinlaub, worunter öfter eine Lanzenspitze verborgen war, umwundene Stab (Thyrsusstab) der Mainaden oder Bacchantinnen. - T. ist auch der alte Name des Flusses Tirso (s. d.).

Thysanuren (Thysanura), eine Insektengruppe, früher gewöhnlich als Unterordnung zu den Geradflüglern gestellt, jetzt meist als selbständige Ordnung aufgefaßt. Die T. sind stets ungeflügelt, mit einem eigentümlichen Schuppen- oder Haarkleid, am Ende des Hinterleibes mit besondern Anhängen; sie haben kauende Mundteile, durchlaufen keine Verwandlung, leben an feuchten, modrigen Orten und ernähren sich von allerlei verwesenden organischen Stoffen. Sie sind als älteste lebende Formen der Insekten anzusehen und verbinden diese in gewissem Sinne mit den Tausendfüßern, namentlich gewisse Campodeïden, die an einigen Hinterleibsringen noch Reste anderweitiger Extremitäten in Gestalt kleiner Fußstummel tragen. Man teilt die T. in die Borstenschwänze (Lepismatidae), Springschwänze (Poduridae), denen der Gletscherfloh (s. d., Desoria glacialis Desor, s. Tafel: Insekten III, Fig. 16) angehört, und Campodeidae. (S. die betreffenden Artikel.)

Ti, chem. Zeichen für Titan (s. d.).

Tiahuanaco, berühmte Ruinenstätte auf dem Hochlande im Süden des Titicacasees in Peru, in einem Gebiet, das von den Colla, die heutzutage fälschlich Aymara genannt werden, bewohnt war. Außer mehrern Haufen von rätselhaft gearbeiteten Werkstücken aus Trachyt und rotem Sandstein ist besonders bemerkenswert eine große monolithische Pforte, die auf der Vorderseite mit Reliefs sehr eigenartigen Stils bedeckt ist, eine Gottheit mit weinenden Augen, das viereckige Haupt von einem Strahlenkranz umgeben, die Strahlen in Schlangen- oder Kondorköpfe auslaufend, und knieende geflügelte Gestalten, teils mit Menschen-, teils mit Kondorköpfen. Es scheint eine Darstellung der Sonnengottheit zu sein. Von menschlichen Behausungen ist in der Nähe keine Spur zu sehen. Vielleicht war es nur eine Kultusstätte und keine menschliche Ansiedelung. - Vgl. Stübel und Uhle, Die Ruinenstätte von T. (Bresl. 1892).

Tian, Pseudonym der Dichterin Karoline von Gunderode (s. d.).

Tiara (grch.), eine Kopfbedeckung, die in Form eines abgestumpften Kegels bereits auf assyr. Denkmälern als Abzeichen der königl. Würde vorkommt (s. Tafel: Babylonisch-Assyrische Altertümer, Fig. 8-10, beim Artikel Babylonien). Auch die pers. Achämeniden trugen sie und zwar mit einem darum gewundenen Bund (Kidaris). Als Zeichen der Machtstellung findet sie sich ferner bei den Magiern der Neuperser. Hauptsächlich bekannt ist sie als Krone des Papstes (s. Tafel: Kronen I, Fig. 27). Als solche ist sie ein zuckerhutähnlicher Spitzhut, anfangs aus weißem Stoff gleichsam flechtwerkartig gebildet und mit einem goldenen Stirnreifen geziert. An die Kopfbedeckung des levitischen Hohenpriesters angeknüpft, hat sich diese Form bis jetzt bei den Bischöfen der griech. Kirche erhalten. Für den Papst wird sie auf Nikolaus I. (858-867) zurückgeführt, dürfte aber älter sein. Alexander II. schmückte gegen 1065 die päpstliche T. mit einem zweiten Kronringe (regnum); der eine von den zweien trug die Inschrift: Corona regni de manu Dei, der andere: Diadema imperii de manu Petri. Diese Veränderung wird aber auch erst dem