Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

864

Tirpitz – Tischbein

stammt aus dem 8. bis 10. Jahrh. n. Chr. Die Zeichen waren Teilzüge der großen lat. Buchstaben (s. Tafel: Stenographie Ⅰ, 1); es wurden nur die für das Gehör wahrnehmbarsten Laute geschrieben, die Beugungssilben wurden als besondere kleinere Zeichen über oder unter der Note beigefügt (2); die verschiedene Bedeutung derselben Note wurde erkannt an einem rechts oder links, oben oder unten beigefügten Punkte oder einer derartig gestellten Endung (3). Es gab auch Noten für ganze Redensarten, so QPN für den Anfang der ersten Catilinarischen Rede «Quousque tandem abutere Catilina patientia nostra». Von den T. N. hat sich nur der erste Zug der Abkürzung für etc. = ^[img] in unsere Schrift gerettet. Das Studium der T. N. führte Gabelsberger (s. Stenographie) auf sein System der Satzkürzung. – Vgl. Schmitz: Beiträge zur lat. Sprach- und Litteraturkunde (Lpz. 1877), über lat. Tachygraphie, in den «Verhandlungen der Philologen-Versammlung zu Trier 1879» (ebd. 1880), Studien zur lat. Tachygraphie (Köln 1880), Monumenta tachygraphica (2 Bde., Hannov. 1882‒83) und Tironiana: commentarii notarum Tironianarum (Lpz. 1893); Miscellanea Tironiana emit 32 Lichtdrucktafeln, ebd. 1896); ferner Rueß, Die Tachygraphie der Römer (Münch. 1879).

Tirpitz, Alfred, Staatssekretär des Reichsmarineamtes, geb. 19. März 1849 in Cüstrin, wurde 1865 als Kadett in die Marine eingestellt, besuchte 1874‒76 die Marineakademie, war dann zur Torpedoversuchs- und Prüfungskommission und zur frühern Admiralität kommandiert, wurde darauf zum Inspecteur des Torpedowesens, zum Chef des Stabes des Kommandos der Marinestation in der Ostsee und des Oberkommandos der Marine ernannt, machte längere Seereisen und avancierte allmählich bis zum Kapitän zur See, worauf er 1895 zum Konteradmiral befördert wurde. Von 1896‒97 kommandierte er die Kreuzerdivision in Ostasien, wurde im Juni 1897 zum Staatssekretär des Reichsmarineamtes und im Juli zum Bevollmächtigten zum Bundesrat ernannt.

Tirschenreuth. 1) Bezirksamt im bayr. Reg.-Bez. Oberpfalz, hat 718,63 qkm und (1895) 32111 (15458 männl., 16653 weibl.) E., 49 Gemeinden mit 251 Ortschaften, darunter 2 Städte. – 2) Bezirksstadt im Bezirksamt T., rechts an der Waldnaab, in 500 m Höhe, zwischen dem Fichtelgebirge und dem Böhmer Wald, an der Nebenlinie Wiesau-T. (11 km) der Bayr. Staatsbahnen, Sitz des Bezirksamtes und eines Amtsgerichts (Landgericht Weiden), hat (1895) 3613 E., darunter 206 Evangelische und 36 Israeliten, Postexpedition, Telegraph, Denkmal des hier geborenen Sprachforschers Schmeller (s. d.), 4 kath., 1 evang. Kirche, Wasserleitung, Kanalisation, Krankenhaus, kath. Waisenhaus, 2 Sparkassen; Fabrikation von Porzellan, Glas, Tuch, Rauchfleisch, Brauerei und Dampfsägewerk.

Tirschtiegel, poln. Trzciel, Stadt im Kreis Meseritz des preuß. Reg.-Bez. Posen, an der Obra, zwischen zwei Seen, zerfällt in die Altstadt rechts und in die Neustadt links von der Obra (beide seit 1888 vereinigt), ist Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Meseritz), hat (1895) 2476 E., darunter 941 Katholiken und 90 Israeliten, Post, Telegraph, Kaiser-Wilhelm- und Friedrich-Denkmal, evang., kath. Kirche, Synagoge, Rektoratsschule, städtische Sparkasse; Korbflechterei, Brauereien, Torfstecherei, Fischerei und Hopfenbau. Nahebei Rittergut Schloß T. mit 148 E. Neu-Tirschtiegel ist im Dreißigjährigen Kriege von flüchtigen Protestanten angelegt.

Tirso (lat. Thyrsus), der größte Fluß auf Sardinien, entsteht im Ostteil der Provinz Sassari, zwischen Monte-Acuto und Monte-Alvo, westlich vom Kap Comino, fließt südwestlich und mündet nach 135 km Lauf in den Golf von Oristano.

Tirunēlwēli, engl. Tinnevelly, Hauptstadt des Distrikts T. der indobrit. Präsidentschaft Madras, ein Hauptort des prot. Missionswesens in Südindien, zählt (1891) 24768 E., meist Hindu. Mit Tutikorin (ind. Tuttukudi) an der Küste und den Hauptorten Südindiens ist es durch Eisenbahn verbunden. Die Stadt liegt am linken Ufer der Tambraparni, südlich die Stadt Palamkotta (mit 18686 E.), die eigentliche Hauptstadt und der Sitz der Behörden.

Tiruschilapalli, ind. Name für Trichinopoly.

Tiruwānkōdu, Tiruwanantāpuarm, Tirūwidānkōdu, s. Trawankur.

Tiryns (Tirynth), altgriech. Stadt, schon in der Ilias wegen ihrer mächtigen, der Sage nach von den lycischen Kyklopen für den König Prötos erbauten Mauern als das «wohlummauerte» bezeichnet, lag in Argolis, 2 km nördlich von Nauplia auf einer Felshöhe, welche die Akropolis bildete, unterhalb der sich in der Ebene noch eine Unterstadt ausdehnte. 468 v. Chr. wurde die Stadt, gleich Mykenä, von den Argivern zerstört. Bis auf die Gegenwart sind ansehnliche Ruinen von der alten Burgstadt erhalten: sog. kyklopische Mauern mit oben spitzbogig abschließenden Thoren und innern Gängen oder Galerien von gleicher Konstruktion. Die von Schliemann 1884 und 1885 unter Mitwirkung von W. Dörpfeld unternommenen Ausgrabungen haben auf der nördl. höhern Hälfte des Hügels die Fundamente eines großartigen Palastes bloßgelegt. Er besteht aus einem ganzen Komplex von Gebäuden. Aus dem von Säulenhallen umgebenen Hof gelangt man durch zwei Vorhallen in den großen Männersaal, in dessen Mitte der Herd steht. Um den Männersaal herum führt, zwischen Seitengemächern hindurch, ein verschlungener Gang in das Badezimmer und weiter in die Frauenwohnung. – Vgl. Schliemann, Tiryns (Lpz. 1886); Schuchhardt, Schliemanns Ausgrabungen (2. Aufl., ebd. 1891); Perrot und Chipiez, Histoire de l’art dans l’antiquité, Bd. 6 (Par. 1894).

Tirza, der 267. Planetoid.

Tisa, Fluß, s. Theiß.

Tisá, Dorf, s. Tyssa.

Tisane (frz.), s. Ptisane.

Tischbein, deutsche Künstlerfamilie.

Johann Heinrich T., der Ältere, geb. 3. Okt. 1722 zu Haina in Hessen, wo sein Vater Klosterbäcker war, wurde von seinem ältern Bruder Johann Valentin T. (gest. 1767 als Hofmaler in Hildburghausen) zu einem Tapetenmaler in Cassel in die Lehre gegeben. Hier war er zugleich Schüler des Hofmalers von Freese, dann 1743‒48 des Charles van Loo zu Paris, in Venedig des Piazzetta. Nachdem er von Rom zurückgekehrt war, wurde er 1752 Kabinettsmaler des Landgrafen von Hessen-Cassel und lebte fortan rastlos thätig in Cassel, wo er als leitender Professor der Kunstakademie 22. Aug. 1789 starb. Seine Bilder sind antikisierend streng in Komposition und Faltenwurf; sie verraten das allerdings nicht sehr erfolgreiche Streben nach venet. Farbengebung. Er schuf namentlich Bildnisse und Historienbilder (30 Bilder in der Casseler Galerie,