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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Turpins Sprengstoffe - Turuchansk

sondern diesen nur gelegentlich erwähnt, nach 1131 geschrieben wurden, um die Pilgerfahrten nach Compostela zu befördern. Daran fügte ein Späterer um 1220 eine Fortsetzung von etwa 20 Kapiteln, worin er als angeblicher Augenzeuge von einem zweiten span. Heerzug Karls gegen Aigoland berichtet. Früher gedruckt in Reubers «Scriptores» (Frankf. 1584), wurde die Chronik besonders beransgegeben von Ciampi (Flor. 1822) und von F. Castets (T. Historia Caroli M. et Rotholandi, Montpellier 1880). Eine deutsche Übersetzung lieferte Hufnagel im «Rhein. Taschenbuch» (1822). In Romanzen bearbeitet ward die Chronik von F. Schlegel im «Poet. Taschenbuch für 1806»; im Auszuge mit kritischen Beigaben veröffentlichte sie F. W. V. Schmidt, Über die ital. Heldengedichte aus dem Sagenkreis Karls d. Gr. (Berl. und Lpz. 1820). – Vgl. G. Paris, De Pseudo-Turpino (Par. 1865).

Turpins Sprengstoffe, 1885 vom franz. Chemiker Turpin (spr. türpäng) erfundene, zu den Pikratpulvern (s. d.) gehörende Sprengstoffe. Sie bestehen aus reiner Pikrinsäure in Körnerform, deren einzelne Körner mit einer dünnen Schicht von Nitrocellulose umhüllt sind. Letzteres wird dadurch erzielt, daß die Nitrocellulose in Äther gelöst und die Körner der Pikrinsäure in diese Lösung eingetaucht werden. Nach dem Verdunsten des Äthers bleibt die Nitrocellulose als feiner Überzug zurück. T. S. bilden die Grundlage des Melinits (s. d.) und sind identisch mit Lyddit (s. d.).

Turpitūdo (lat.), s. Bescholtenheit und Ehre.

Turranĭus, Kirchenschriftsteller, s. Rufinus.

Turretīni, Genfer Theologenfamilie:

Benedikt T., geb. 1588 in Genf, 1618 Professor der Theologie daselbst, gest. 1631, schrieb eine «Verteidigung der genferischen Bibelübersetzung» (2. Bde., Genf 1618‒20) gegen P. Cottons «Genève plagiaire». – Vgl. F. Turretini, Notice biographique sur Bénédict T. (Genf 1871).

Sein Sohn Franz T., geb. 1623 in Genf, 1653 Professor daselbst, gest. 1687, war Vertreter der streng orthodoxen reformierten Dogmatik, Gegner der freiern Theologie von Amyraut (Amyraldus) und der Theologen von Saumur und einer der Urheber der helvet. Konsensusformel. Sein Hauptwerk ist die «Institutio theologiae eleneticae» (Genf 1679‒85; 2. Aufl. 1688). - Vgl. Budé, Vie de François T. (Genf 1871).

Dessen Sohn Johann Alfons T., geb. 1671 in Genf, 1697 Professor daselbst, gest. 1. Mai 1737, war im Gegensatz zu seinem Vater erfolgreich bemüht um Abschaffung der helvet. Konsensusformel und bestrebt, alle Protestanten auf Grund weniger gemeinsamer Fundamentalartikel zu vereinen. Sein Hauptwerk sind seine «Cogitationes et dissertationes theologicae» (2 Bde., Genf 1711‒37), die Vernet in seinem «Traité de la vérité de la religion chrétienne» (1735‒40) ins Französische übersetzte. – Vgl. Budé, Vie de Jean Alphonse T. (Genf 1880); ders., Lettres inédites à Jean Alphonse T. (3 Bde., ebd. 1887‒88).

Turrilīten (Turrilites Lk.), die geologisch am spätesten zur Entwicklung gelangten Arten der Ammoniten (s. d.) mit turmförmig gewundenen Schalen. Sie sind mit den nahe verwandten Helicoceras, Heteroceras u. s. w. namentlich in den obern Stufen der Kreide als Leitfossilien wichtig.

Turritellen (Turitella Lk.), Turmschnecken, eine noch jetzt in allen Meeren äußerst verbreitete Schneckengattung von spitzer Gestalt, die in den geolog. Ablagerungen bis zu den triasischen hinab häufig und namentlich im Tertiär oft als Leitschnecke (s. z. B. Tafel: Petrefakten der Känozoischen Formationsgruppe Ⅰ, Fig. 5; Ⅱ, Fig. 6, Bd. 10, S. 98) fossile Gehäuse zurückgelassen hat; die letztern sind im Gestein zuweilen weggeätzt und haben dann (gleich andern ähnlichen Schneckenhäusern) sog. Schraubensteine (s. d.) als Kerne zurückgelassen.

Türschmann, Richard, Recitator, geb. 26. Mai 1831 in Penig, besuchte die Thomasschule und die Universität in Leipzig, wurde dann Schauspieler und zuletzt am Hoftheater in Braunschweig als erster Charakterdarsteller angestellt. Seit 1872 trat er, fast gänzlich erblindet, mit großem Erfolg als Recitator auf. Sein Repertoire umfaßt die Meisterwerke des Sophokles, Shakespeares, Goethes, Lessings, die er frei aus dem Gedächtnis vorträgt.

Turteltauben (Turtur), eine kosmopolitische Taubengattung, meist durch schwarze Halsringe oder kurze schwarze Binden unter der Ohrgegend kenntlich. Der bekannteste Vertreter ist die europäische Turteltaube (Turtur auritus Gray), eine 30 cm lange, oben rotgraue, auf dem Rücken schwarz und aschgrau gefleckte Taube, die an den Seiten des mattroten Halses einen schwarzen, weiß gebänderten Fleck hat. Sie findet sich in Asien, Nordafrika, Mittel- und Südeuropa. Auch die Lachtaube (s. d.) gehört dieser Gattung an.

Turtledeck (spr. törtl-), soviel wie Schildkrötendeck (s. Deck).

Turtmann, frz. Tourtemagne, Dorf im Bezirk Leuk des schweiz. Kantons Wallis, in 646 m Höhe, an der Mündung des Turtmannthals in das Rhônethal, 14 km westlich von Visp, auf der linken Seite des Rhônethals, an der Linie Lausanne-Brig der Jura-Simplon-Bahn, hat (1888) 548 kath. E. und ist nach einem alten Kastell, Turris magna, benannt, an dessen Stelle jetzt eine Kapelle steht. Das Thal, links durch die Kette der Bella Tola (2975 m) vom Eifischthal, rechts durch diejenige des Schwarzhorns (3207 m) vom Nikolaithal geschieden, ist ein wildes Hochthal, reich an Alpweiden und Waldungen und erstreckt sich vom Turtmanngletscher bis zum Dorfe, wo der Turtmannbach mit prächtigem Wasserfall in das Hauptthal des Wallis hinaustritt, um 1 km nördlich nach 16 km in die Rhône zu münden. Die einzige größere Ansiedelung im Thale ist das Dörfchen Gruben oder Zmeiden (1847 m).

Turtsch., s. Turez.

Turtukai, bulgar. Tutrakan, Stadt im bulgar. Kreis Rustschuk (Ruščuk), rechts an der Donau, der Mündung des Arschis gegenüber, hat (1888) 7926 E., Bulgaren, Rumänen und Türken, und ein Kloster. T. ist das röm. Transmarisca in Niedermösien.

Turtur (lat.), Turteltaube; T. risorus, Lachtaube (s. d.).

Turuchánsk. 1) Kreis im nördl. Teil des russ.-sibir. Gouvernements Jenisseisk, zwischen dem Nördlichen Eismeer und der Mittlern Tunguska, hat 1845908 qkm, darunter 9623 qkm Inseln im Meer (die Tajmyr-, die Sibiriakow-Insel u. a.) und 13861 qkm Landseen, 10925 E., darunter 2579 Russen, das übrige Ostjaken, Tungusen, Samojeden, Dolganen, Jakuten u. a.; im Süden etwas Ackerbau, im Westen Fischerei, Jagd, Renntierzucht. – 2) Kreisstadt im Kreis T., unweit der Mündung des Turuchan (510 km) in den Jenissei, hat (1892)