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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Vernet-les-Bains; Verneville; Vernickeln; Vernier; Vernieten; Vernon; Vernon (Louis de); Vernunft

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Vernet-les-Bains – Vernunft

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Vernet (Emile Jean Horace)'

Reiz einer ethnogr. Richtigkeit verleihen (1838–42). V. hatte zugleich Deckenbilder in einem Saal der Deputiertenkammer zu malen begonnen, mußte aber diese Arbeit einstellen, da ihn Ludwig Philipp beauftragte, die Überrumpelung der Smala Abd el-Kaders durch den Herzog von Aumale 1843 in einem 22 m langen Gemälde darzustellen. Das Überstürzen, die Hast, die Angst, das Auseinanderstieben der Menschen und Tiere ist in diesem kolossalen Bilde (1845; Museum zu Versailles) mit großer Lebendigkeit geschildert. Studien für die Beschießung von Tanger und die Besetzung von Mogador führten ihn nach Marokko. Infolge der hier gemachten Kostümstudien veröffentlichte er nach der Rückkehr die Denkschrift «Des rapports qui existent entre le costume des Hébreux et celui des Arabes moderne» (in «L’Illustration», 1848), welche viel dazu beitrug, daß in der Folgezeit von ihm und andern, trotz heftiger Gegnerschaft der dem überlieferten Kostüm Anhängenden, vielfach für die biblische Historienmalerei das arab. Kostüm verwendet wurde. Von seinen Schlachtenbildern sind zu nennen: Sieg Philipps II. August von Frankreich bei Bouvines 1214, Schlacht von Valmy 1792 (1826), Ansprache Napoleons an die Garde vor der Schlacht bei Jena 1806, Napoleon in der Schlacht bei Friedland 1807 (1836; s. Tafel: Französische Kunst V, Fig. 12), Schlacht bei Wagram 1809, Belagerung und Einnahme von Konstantine 1837 (1838), Schlacht bei Isly 1844 (1846); diese sämtlich in der Galerie zu Versailles. Ferner: Die Barriere von Clichy 1814 (1820; im Louvre), Einnahme des Malakow 1855 (Museum in Autun). Von Kompositionen aus andern Gebieten sind hervorzuheben: Judith mit dem Haupt des Holofernes (1830; im Louvre), Sklavenmarkt (1836; Nationalgalerie zu Berlin), Verstoßung der Hagar (1837; Museum in Nantes). Die Werke seiner letzten Zeit, welcher die lebensgroßen Bildnisse Napoleons III., der Generale Cavaignac, Canrobert und Bosquet, die Schlacht an der Alma u. a. angehören, zeigen eine merkliche Abnahme seiner Kräfte. Er starb 17. Jan. 1863 zu Paris. Außer der Menge von Bildern, Aquarellen und Handzeichnungen hat man von V. auch mehr als 200 lithographierte Blätter und an 500 nach seinen Zeichnungen gefertigte Holzschnitte für die Prachtausgabe von Laurents «Histoire de Napoléon» – Vgl. Jouy und Jay, Salon d‘Horace V. (1822); Bruzard, Catalogue de l’œuvre lithographique d’Horace V. (1826); Beulé, Éloge d’Horace V. (1863); Lagrange, Les V. (Bd. 2, 1864); Durande, Joseph, Carle et Horace V., correspondance et biographies (1865); Runtz Rees, Horace V. (1880).

Vernet-les-Bains (spr. wärrneh lä bang), Badeort im Arrondissement und Kanton Prades des franz. Depart. Pyrénées-Orientales (Roussillon), 12 km südlich von Prades (an der Eisenbahn nach Perpignan), im tiefen Thale eines reißenden Bergstroms, 620 m ü. d. M., am Nordwestfuß des Mont-Canigou (2785 m) gelegen, hat (1896) 1112 E., Weinbau, zahlreiche Schwefelquellen (8–65° C.), Badeanstalt, monumentales Kasino, Hotels, Park, Sanatorium; mildes Winterklima.

Vernéville (spr. wärrnewil), Dorf im Kanton Gorze, Landkreis Metz des Bezirks Lothringen, 17 km westnordwestlich von Metz, im N., W. und S. von Waldungen umgeben, hat (1895) 496 kath. E., Postagentur, Fernsprechverbindung, kath. Kirche und Schloß. Die Höhen nördlich von V. bildeten 18. Aug. ↔ 1870 in der Schlacht von Gravelotte-St. Privat die Stellung des franz. Centrums.

Vernickeln, das Überziehen von Metallgegenständen (von Schmiedeeisen, Kupfer, Messing und Bronze) mit Nickel. Es geschieht durchweg auf galvanischem Wege, und zwar durch elektrolytische Zersetzung eines Bades aus schwefelsaurem Nickeloxydul-Ammoniak. Das V. soll die damit überzogenen Metalle nicht nur vor der Oxydation (dem Rosten) schützen, sondern auch ein schöneres, an Silber erinnerndes Ansehen geben und weichere Metalle widerstandsfähiger machen. Man vernickelt alle dem Anlaufen und Rosten ausgesetzten Maschinenteile, insbesondere bei Feuerspritzen und Pumpen, ferner die Wagenbeschläge, Fahrräder, Schlittschuhe, Schlösser, Schlüssel, Schießwaffen, Korkzieher, Werkzeuge, chirurg. Instrumente, Sporen, Tischmesser u.s.w.; vernickelte Kochgeschirre sind stets den verzinnten vorzuziehen. Das V., bereits 1843 von Böttger beschrieben, wurde im großen zuerst in Amerika durch Adam betrieben und 1877 in Deutschland von Schladitz (Dresden) eingeführt.

Vernier (spr. wärrnĭeh), Pierre, franz. Mathematiker, geb. um 1580 zu Ornans in der Franche-Comte, war Generaldirektor der Münzen der Grafschaft Burgund, Kommandant des Schlosses Ornans und Rat des Königs von Spanien; er starb 14. Sept. 1637 zu Ornans. Er erfand 1631 den Nonius (s. d.).

Vernieten, s. Nieten.

Vernon (spr. wärrnóng), Stadt im Arrondissement Evreux des franz. Depart. Eure in der Normandie, links an der Seine, über die eine Brücke (22 Bogen) nach der Vorstadt Vernonnet und zum Walde von V. führt, an den Linien Paris-Le Havre und Pacy-sur-Eure-Gisors der Westbahn, hat (1896) 6951, als Gemeinde 8492 E., in Garnison die 3. Traineskadron, Kirche Notre-Dame aus dem 12. bis 15. Jahrh, mit Kunstschätzen, ein Monument der Mobilgarden von Ardèche (1870), ein Artilleriearsenal, Bürger- und Militärkrankenbaus; Hüttenwerke, Quadersteinbrüche, Brauerei, Briquettfabrik, Tuchmacherei, Lohgerberei und Handel.

Vernon (spr. wärrnóng), Louis de, Pseudonym des franz. Schriftstellers Louis Enault (s. d.).

Vernunft, der Ableitung nach gleichbedeutend mit Verstand (s. d.), wird im Sprachgebrauch meist davon unterschieden; doch ist die Unterscheidung selbst keine konstante. Früher nahm die V. (ratio) einen niedern Rang ein gegenüber dem Verstand (intellectus); seit Kant wird ihr meist der höhere Rang angewiesen. Bei Kant selbst bedeutet V. in weiterm Sinne das ganze Erkenntnisvermögen oder den Inbegriff der Erkenntnisse a priori, der theoretischen wie der praktischen (daher theoretische, praktische V.; s. auch Kritik); in engerm Sinne bezeichnet sie eine dritte und höchste Stufe der Erkenntnis gegenüber Sinnlichkeit und Verstand; der Verstand wird dann, zunächst in logischer Hinsicht, als Vermögen der Begriffe, die V. als Schlußvermögen aufgefaßt, und ein analoger Unterschied auch in transcendentaler Hinsicht, d. h. in Bezug auf das Verhältnis der Erkenntnis zum Gegenstande, eingeführt. Verstand bezeichnet danach die Wirksamkeit der synthetischen Funktion im Erfahrungsgebiet, während die V., auf Grund weitergehender Schlüsse, bis zu den Grenzen der Erfahrung, ja bis zu dem Gedanken des Übersinnlichen (Unbedingten) sich erhebt. Daher sind die Ideen des Unbedingten Vernunftbegriffe, nicht Verstandesbegriffe. Sofern

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 281.