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Vigilthal – Vigogne
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Vigilĭus'
Justinianus die Verdammung der sog. drei Kapitel (s.
Dreikapitelstreit
) forderte, wagte V. dies nicht und wurde 547 nach Konstantinopel berufen, wo ihm das sog.
Judicatum, eine etwas verklausulierte Verdammung der drei Kapitel, abgenötigt wurde. Weitern
Zumutungen entzog er sich 551 durch die Flucht nach Chalcedon. Als dann 553 das fünfte
allgemeine Konzil in Konstantinopel die kaiserl. Edikte einfach bestätigte, stimmte V. in
seinem sog. Constitutum zwar der Verdammung der Lehren der drei Kapitel bei, verweigerte aber
anfangs die Verurteilung ihrer Verfasser, bis er sich 554 dem Kaiser bedingungslos unterwarf.
555 starb er auf der Reise nach Rom. – Vgl. Punkes, Papst V. und der Dreikapitelstreit (Münch.
1865); Lévêque,
Étude sur le pape Vigile
(Amiens 1888).
Vigintivirāt
(lat.
vigintivirātuus
, «Zwanzigmännerschaft») oder, wie er vor Augustus hieß, Vigintiservirat
(«Sechsundzwanzigmännerschaft»), nach altröm. Staatsrecht Gesamtname einer Anzahl von
selbständigen Einzelkollegien niederer Beamten. Zu ihm gehörten die
III viri capitales. III viri aere argento auro flando feriundo
(s.
Triumvirn
)
III viri viis in urbe purgandis, III viri viis extra urbem purgandis. X
viri stlitibus iudicandis
(s.
Decemvirn
),
IIII praefecti Capuam Cumas
. Augustus hob das letzte und drittletzte Amt auf und minderte dadurch die Gesamtzahl der
Mitglieder von 26 auf 20. Zugleich bestimmte er, daß als Vorstufe der höhern Beamtenlaufbahn
(Quästur, Tribunat, Prätur, Konsulat) eines jener Ämter bekleidet werden sollte.
Vignetten
(frz., spr.
winnj-
), Figuren, kleine Verzierungen, Gruppen, Ansichten u. s. w. auf Rändern, Titeln oder
Anfangsseiten einzelner Abschnitte in den Büchern, gleichviel, ob sie durch Kupferstich,
Holzschnitt oder Lithographie hervorgebracht werden.
Joh. Veldener
oder
Valdener
wendete sie im 15. Jahrh. als der erste Buchdrucker in seinen «
Fasciculus temporum
» an. Da die V., vorzüglich am Rande, zuerst aus Weinranken bestanden, so nannte man sie in
Frankreich Vignettes und behielt dann auch in Deutschland diese Benennung bei.
Vignola
(spr. winnj-)
, Giacomo Barozzi da, ital. Baumeister, geb. 1. Okt. 1507 zu Vignola im Modenesischen,
arbeitete anfangs in Bologna, Piacenza, Assisi und Perugia, bis er unter Papst Julius
III.
als päpstl. Architekt nach Rom berufen wurde. Hier baute er für den Jesuitenorden dessen
berühmte Hauptkirche del Gesù, die nach seinem Tode Giacomo della Porta beendete, und bis 1559
für den Kardinal Farnese das prächtige Schloß Caprarela in der Nähe von Rom. Nach
Michelangelos
Tode wurde er 1564 Architekt der Peterskirche und starb 7. Juli 1573 in Rom.
Durch V. wurden die
antiken Formen in feste Regeln gebracht, so daß seine Kunstweise lange Zeit
die maßgebende in
Rom und namentlich innerhalb des Jesuitenordens blieb. V. ist der
hervorragendste Baumeister der
kath. Reformzeit, dessen strenge klassische Schulung dem
Barockstil für lange Zeit das
Gegengewicht hielt. Von seinen Schriften (gesammelt von Le
Bas und Debret, Par. 1815) sind zu
erwähnen die «
Regola delli cinque ordini d'architettura
»
(Rom 1563), in zahlreichen Ausgaben und Nachbildungen verbreitet, und
«
Regole della perspettiva pratica
» (ebd.1583).
Vignoles
(spr. winnjól)
, Charles Blacker, engl. Ingenieur, geb. 1792, diente erst unter
Wellington, ging dann nach
Nordamerika und widmete sich dem
↔
Eisenbahnwesen. V. ist besonders bekannt durch die nach ihm benannten
Vignolesschienen
(s.
Eisenbahnbau
), die er zuerst in Europa einführte. Er starb 17. Nov. 1875 auf seinem Landsitz
Hythe bei
Southampton.
Vigny
(spr. winnjih)
, Alfred Victor, Graf von, franz. Dichter, geb. 27. März 1799 auf
dem Schlosse Loches
(Touraine), trat in den Militärstand und nahm 1828 als Kapitän den
Abschied, um sich zu Paris
ganz der Dichtkunst zu widmen. V. war einer der ersten Romantiker,
aber er hielt sich von allen
Übertreibungen frei und näherte sich in knapper, ungesuchter und
formvollendeter poet. Sprache
der Kunst Chéniers. Er trat zuerst hervor mit «
Poèmes
» (1822)
und «
Poèmes antiques et modernes
» (1826), worunter die mystischen Dichtungen «
Moïse
»,
«
Éloa
», «
Le déluge
» als seine Meisterwerke galten. Lauter war der Erfolg feines durch W. Scott
inspirierten Romans
«
Cinq-Mars ou une conjuration sous Louis XIII
» (1826 u. ö.). Als
Dramatiker beförderte er den Sieg des Romantismus durch seine Übersetzung
von Shakespeares
«Othello» («
Le More de Venise
», 1830), während sein erstes histor. Schauspiel
«
La maréchale d'Anere
» (1831) bei der Aufführung kein Glück hatte. Dagegen gehörte «
Chatterton
»
(aufgeführt 1835), eine von lyrischer Stimmung durchdrungene Tragödie, die zeigen sollte,
wie
der Genius von der materialistischen Umgebung unterdrückt wird, zu den großen Erfolgen der
Romantiker. V. veröffentlichte noch die von Wehmut nnd Resignation erfüllten Erzählungen
«
Consultations du docteur noir: Stello ou les diables bleus
» (1832) und
«
Servitude et grandeur militaire
» (1835). Er wurde 1845 Mitglied der Akademie und starb 18. Sept. 1863 zu Paris. Ein
nachgelassenes
Werk sind die «
Destinées
» (Par. 1864). Seine «
Œuvres complètes
» erschienen in 8 Bänden
(Par. 1863–66). – Vgl. A. France, «
A. de V.
» (Par. 1868).
Vigo, Bezirks- und Hafenstadt der span. Provinz Pontevedra im Südteil der Westküste
Galiciens, am Südufer der mehr als 30 km tief ins Land sich erstreckenden Ria de V. sowie an
der Zweiglinie Redondela-V. (12 km) der Eisenbahn Orense-Pontevedra gelegen, besteht aus der
hübschen untern Neustadt und der hoch gelegenen Altstadt, mit engen, krummen Straßen, überragt
von den hinter der Stadt auf den Höhen gelegenen Kastellen San Sebastian und del Castello, ist
von Mauern umgeben, Sitz eines deutschen Konsuls und hat (1887) 15044 E., drei Kirchen, zwei
Klostergebäude, ein Theater und den Konstitutionsplatz; Wein- und Gartenbau, Sardinen- und
Thunfischfang und lebhaften Handel. 1896 betrug die Ausfuhr 5290800 Pesetas und bestand in
Konserven, Wein, Eiern, Sardinen, Vieh und Mineralwasser, besonders nach Frankreich, England,
Südamerika und Cuba: die Einfuhr (5674200 Pesetas) in Stockfischen, Metallwaren, Zucker,
Kohle, Wollwaren, Häuten, Petroleum, Schwefel und Baumwollwaren. Die Dampfer des Norddeutschen
Lloyd und der Messageries Maritimes laufen V. abwechselnd mit Corña an. Seit 1896 ist V.
durch ein deutsches Kabel mit Emden verbunden. – Die Engländer nahmen und zerstörten 1702 im
Hafen von V. die span. Silberflotte, sie zum Teil versenkend, und eroberten die Stadt 1719.
Vigo di Fassa
, Hauptort des Fassathals in Tirol
(s.
Fassa, Val di
).