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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Villeneuve (in der Schweiz) - Villers

Handelsgericht, Ackerbaukammer, Reste von Befestigungswerken (2 Thore), um den Platz an der got. Kirche Arkaden aus dem 13. Jahrh., seit 1891 eine Statue von Palissy nach Barrias, eine Büste des Dichters Daubasse von Amy; ein Collège, Bibliothek, Hospital, Theater, Sparkasse, Gestüt; Fabrikation von Pflügen und Leinwand; Hüttenwerke, Lohgerberei, Brauerei, Ziegelei und lebhaften Handel mit Getreide, Leder, Branntwein und besonders Export von Pflaumen. - 3) Villeneuve-lès- Avignon, Stadt im Arrondissement Uzès des Depart. Gard, rechts an der Rhône gegenüber Avignon, an der Linie Le Teil-Nimes der Mittelmeerbahn, hat (1896) 2426, als Gemeinde 2735 E.; Fabrikation und Handel von Seide, Olivenöl, Leim und Branntwein, auf der Höhe das Fort St. André (alte Abtei) mit Mauer aus dem 14. Jahrh., bei der Brücke von St. Bénezet Turm und Reste von Befestigungen des 14. Jahrh., Pfarrkirche (14. Jahrh.). Das Hospice-Hópital enthält das Grabmal von Innocenz VI. und gehörte zu der berühmten, von diesem Papst gegründeten Kartause vom Val de Bénédiction, deren Reste zum Teil bewohnt sind. - 4) Villeneuve-sur -Yonne, früher Villenenve-le-Roi, Stadt im Arrondissement Joigny im Depart. Yonne, rechts an der Yonne und an der Linie Sens-Auxerre der Mittelmeerbahn, hat (1896) 3035, als Gemeinde 4877 E., Krankenhaus; Lohgerberei, Strumpfwirkerei, Handel mit Getreide, Wein und Burgundischem Weinbeermus, eine got. Kirche (13. Jahrh.) sowie einen schönen Turm und zwei Thore der alten Mauer.

Villeneuve (spr. wil'nöhw), deutsch Neustadt, Stadt im Bezirk Aigle des schweiz. Kantons Waadt, 9 km südöstlich von Vevey am obern Ende des Genfer Sees, in 380 m Höhe, an der Linie Lausanne-St. Maurice-Brig der Jura-Simplon-Bahn und der Dampferlinie Villeneuve-Genf, hat (1888) 1456 franz. E. (123 Deutsche, 33 Italiener), darunter 231 Katholiken, Post, Telegraph; Landwirtschaft, Viehzucht und Weinbau. Die bemerkenswertesten Punkte der Umgebung sind die kleine künstliche Ile de la Pair und das Schloß Chillon (s. d.).

Villeroi (spr. wil'rŏá), franz., im 16. Jahrh. geadelte Familie mit mehrern geschichtlichen Personen. - Nicolas de Neufville, Seigneur de V., geb. 1542, war Minister unter den Königen Karl IX., Heinrich III., Heinrich IV., Ludwig XIII.; seine Glanzzeit fällt unter Heinrich IV., dessen auswärtiger Politik er wertvolle Dienste leistete. Er starb 12. Nov. 1617 zu Rouen und hinterließ die berühmte Apologie in der Aktensammlung seiner "Mémoires d'État depuis 1567 jusqu'en 1604" (Par. 1622; mit einer Fortsetzung bis 1620, ebd. 1634; neue Aufl., ebd. 1834-36). - Sein Enkel Nicolas de Neufville, Marquis, dann Herzog von V., geb. 14. Okt. 1598, zeichnete sich als Krieger aus und wurde 1646 Marschall und zugleich Gouverneur des jungen Ludwig XIV. Nachdem er 1661 Chef des Finanzrats geworden war, erhielt er 1663 die Würde eines Pairs und Herzogs. Er starb 22. Nov. 1685.

Dessen Sohn François de Neufville, Herzog von V., Marschall und Pair, geb. 7. April 1643 und mit Ludwig XIV. erzogen, galt als das Muster der Eleganz und der Mode. Wiewohl stets der Günstling Ludwigs XIV., mußte er später Liebesintriguen halber den Hof meiden und mehrere Jahre zu Lyon verweilen, wo sein Vater das Gouvernement hatte. 1694 erhielt er den Marschallsstab und übernahm, obwohl ein vollkommen unfähiger Feldherr, 1695 in den Niederlanden als Nachfolger des Marschalls von Luxembourg den Oberbefehl, versuchte vergebens Namur zu entsetzen und rückte vor Brüssel, das er durch eine Beschießung fast ganz einäscherte. Ludwig XIV. schickte ihn 1701 bei Eröffnung des Spanischen Erbfolgekrieges nach Italien, wo der siegreiche Catinat und der Herzog von Savoyen unter seine Befehle treten mnßten. Gegen Catinats Rat griff V. 1. Sept. 1701 das Lager des Prinzen Eugen bei Chiari an und erlitt eine arge Niederlage. Sodann wurde er Anfang 1702 nachts zu Cremona von Eugen überfallen und gefangen genommen, erhielt aber in kurzer Zeit die Freiheit zurück. V. übernahm Anfang 1706 den Oberbefehl über die Armee in den Niederlanden und drang im Mai mit dem Kurfürsten von Bayern über die Dyle vor. Marlborough rückte ihm entgegen, bei Ramillies kam es 23. Mai 1706 zu einer mörderischen Schlacht, die V., nicht ohne eigene Schuld, verlor. Brabant, Flandern und selbst ein Strich der franz. Grenze fielen in die Hände der Verbündeten. Ludwig XIV. bewahrte seinem Günstling trotz alledem ein von Frau von Maintenon befördertes unwandelbares Vertrauen. Noch sein Testament setzte ihn zum Erzieher Ludwigs XV. ein sowie zum Mitglied des Regentschaftsrates. Dieses Testament wurde aufgehoben, V. wurde nur jene Erzieherwürde übertragen, aber 1722, als er sich oppositionell geäußert hatte, wurde er vom Hofe verbannt. Er starb 18. Juli 1730.

Villers (spr. willähr), häufiger Ortsname in Frankreich, darunter: 1) Villers-Bretonneux (spr. -nöh), Stadt im Arrondissement Amiens und Kanton Corbie des Depart. Somme in der Picardie, an der Linie Amiens-Tergnier der Nordbahn, hat (1896) 5104, als Gemeinde 5173 E., schöne got. Kirche; Wollspinnerei, Strumpfwirkerei und Handel. - 2) Villers-Cotteréts (spr. kéott'reh), Stadt im Arrondissement Soissons des Depart. Aisne in der Isle-de-France, unweit der Quelle der Authonne, im 125 qkm großen Walde von Villers-Cotteréts, an den Linien Paris-Soissons und Compiégne-La Ferte-Milon der Nordbahn, hat (1896) 3208, als Gemeinde 4772 E., Oberforstinspektion, ein von Franz I. erbautes Schloß, darin eine große Versorgungsanstalt; Töpferei, Bienen- und Seidenraupenzucht, Fabrikation von Kämmen, Gemäßen, Sieben und Kinderspielzeug, Getreide- und Ölmühlen.

Villers (spr. willärß), Charles François Dominique de, franz. Schriftsteller, geb. 4. Nov. 1765 zu Bolchen (Boulay) in Lothringen, wurde 1782 Artillerieoffizier in Straßburg, floh bei dem Ausbruch des Revolutionskrieges 1793 nach Deutschland, wo er bei Condé Dienste nahm. Nach dem unglücklichen Ausgang des ersten Feldzugs kehrte er auf kurze Zeit in seine Vaterstadt zurück. Später ging er nach Deutschland und wurde 1797 besonders durch die Freundschaft mit Frau Rodde an Lübeck gefesselt. Seine Reisen nach Paris, seine Verbindung mit franz. Gelehrten trugen ebensoviel als seine Schriften dazu bei, deutschem Wesen und deutscher Litteratur, besonders der Kantschen Philosophie, in Frankreich Anerkennung zu verschaffen. Das größte Aufsehen machte sein vom franz. Nationalinstitut gekrönter "Essai sur l'esprit et l'influence de la reformation de Luther, etc." (Par. 1804; 4. Aufl. 1820; deutsch von Cramer, Hamb. 1805; 2. Aufl. 1817). Durch seine "Lettre