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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Vischering; Vischnutherĭum; Viscīn; Visconde; Visconti

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Vischering – Visconti (Adelsfamilie)

Deutsche Nationalversammlung gewählt, wo er mit der gemäßigten Linken stimmte. 1849 folgte er dem Reste des Parlaments nach Stuttgart, wo er nun mit einer kleinen Minderheit in Opposition gegen den Plan der Majorität trat, von Württemberg aus Deutschland zu revolutionieren. Im Herbst desselben Jahres nahm er seine akademische Thätigkeit wieder auf. 1855 folgte V. einem Rufe an das Eidgenössische Polytechnikum und die kantonale Hochschule zu Zürich. 1866 kehrte er nach Württemberg zurück, wo ihm die Professur der Ästhetik und deutschen Litteratur sowohl an der Universität zu Tübingen als am Polytechnikum zu Stuttgart übertragen ward. V. lehrte anfangs abwechselnd an beiden Anstalten, beschränkte aber seit 1869 sein Wirken auf letztere. Er starb 14. Sept. 1887 in Gmunden.

V.s bedeutendstes Werk ist die «Ästhetik, oder Wissenschaft des Schönen» (3 Bde., Stuttg. 1847‒58), das die Entwicklung der spekulativen Ästhetik von Kant bis Hegel zusammenfaßt. Während seines Aufenthalts in Zürich veröffentlichte er eine neue Folge der «Kritischen Gänge» (1. bis 5. Heft, Stuttg. 1861‒66; Heft 6, ebd. 1873) und unter dem Pseudonym Deutobold Symbolizetti Allegoriowitsch Mystisizinski die Schrift «Faust. Der Tragödie dritter Teil» (Stuttg. 1862; 2. umgearbeitete und vermehrte Aufl. 1886), eine Satire auf die Ausleger des zweiten Teils von Goethes «Faust». Anonym erschienen von ihm auch «Epigramme aus Baden-Baden» (Stuttg. 1867). Ferner veröffentlichte er die vortreffliche Schrift «Über das Erhabene und Komische» (Stuttg. 1837); «Der deutsche Krieg 1870‒71, ein Heldengedicht aus dem Nachlaß des seligen Phil. Ulr. Schartenmayer» (1. bis 4. Aufl., Nördl. 1874; 5. Aufl. 1876), «Goethes Faust. Neue Beiträge zur Kritik des Gedichts» (Stuttg. 1875), den eigenartigen Roman «Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft» (7. Aufl., 2 Bde., ebd. 1897), «Lyrische Gänge» (2. Aufl., ebd. 1888), «Altes und Neues» (ebd. 1881, 1882, 1889), «Allotria» (ebd. 1892). – Vgl. Frapan, Vischer-Erinnerungen (2. Aufl., Stuttg. 1889); W. Lang, Von und aus Schwaben, Heft 6 (ebd. 1890), S. 135‒212; Kegler, Friedr. Theod. V. (ebd. 1893).

Sein Sohn Robert, geb. 22. Febr. 1847 in Tübingen, 1882 außerord. Professor der Kunstgeschichte in Breslau, 1885 ord. Professor in Aachen, seit 1893 Professor der Kunstgeschichte an der Universität Göttingen, schrieb «Über das optische Formgefühl» (Lpz. 1872), «Luca Signorelli und die ital. Renaissance» (ebd. 1875), «Kunstgeschichte und Humanismus» (Stuttg. 1880), «Studien zur Kunstgeschichte» (ebd. 1886).

Vischering, Freiherr von Droste zu, Erzbischof von Köln, s. Droste zu Vischering.

Vischnutherĭum, s. Sivatherium.

Viscīn, s. Vogelleim.

Visconde, Visconte, s. Vicomte.

Visconti, (lat. Vicecomites), eine bereits im 11. Jahrh. genannte lombard. Adelsfamilie, seit 1277 Herren von Mailand, seit 1395 dessen Herzöge; ihr Name weist darauf bin, daß sie früher mit kaiserl. Befugnissen ausgestattete Grafen waren.

Ottone V., geb. 1208, wurde 1263 Erzbischof von Mailand, drang aber erst 1277 an der Spitze der Gibellinen gegen die della Torre durch, welche sich nach Auflösung des lombard. Städtebundes zu Herren der Stadt aufgeworfen hatten und die V., ihre Nebenbuhler, aus derselben zu verdrängen suchten.

Matteo V., geb. 1250, Neffe des vorigen, übernahm nach dessen Tode (1295) die Herrschaft über Mailand, nachdem er schon 1294 von Adolf von Nassau zum Reichsvikar ernannt worden war, ward aber 1302 von Guido della Torre verjagt und kam erst 1311 wieder in den Besitz der Macht, gestützt auf Kaiser Heinrich Ⅶ.

Galeazzo V., geb. 1277, Sohn des vorigen, nach dessen Tode (24. Juni 1322) er die Regierung von Mailand übernahm, war schon 1313 von Heinrich Ⅶ. zum Statthalter von Piacenza ernannt worden. Er starb 6. Aug. 1328.

Azzo V., Nachfolger und Sohn des vorigen, geb. 1302, gest. 14. Aug. 1339, dehnte Mailands Herrschaft fast über die ganze Lombardei aus. Von Ludwig dem Bayern 1328 zum Statthalter in Mailand ernannt, trat er später auf die päpstl. Seite über.

Lucchino V., Nachfolger des vorigen, Sohn des Matteo V., geb. um 1287, ermordet 24. Jan. 1349, herrschte mit Strenge, aber auch mit Glück über Mailand, das er verschönerte und dessen Macht er namentlich über Piemont und die Lunigiana ausdehnte; ihm verdankt die Stadt die Einführung der Seidenindustrie. Dichter und Gelehrte hatten an ihm und seinem Nachfolger einen eifrigen Gönner, namentlich Petrarca.

Giovanni V., geb. 1290, Bruder des vorigen, regierte, seit 1342 Erzbischof von Mailand, gemeinsam mit seinen drei Neffen die Stadt; er gewann Bologna durch Kauf und vorübergehend auch Genua (1353). Nach seinem Tode (5. Okt. 1354) teilten sich jene, Matteo V. Ⅱ. (gest. 1355), Galeazzo V. Ⅱ. (gest. 1378) und Bernabò (gest. 1385), in die Herrschaft. Letztere beiden zeichneten sich als tapfere Krieger aus, doch gingen Genua und Bologna unter ihnen verloren.

Gian (Johann) Galeazzo V., Sohn des Galeazzo Ⅱ., Gemahl Isabellas von Valois, Graf von Vertus, geb. um 1347, unterwarf sich Pisa, Siena, Perugia, Padua und Bologna, schmälerte Besitz und Macht fast sämtlicher Herren von Oberitalien, erkaufte 1. Mai 1395 von Wenzel den Herzogstitel, schlug einen Angriff Ruprechts auf Mailand 1401 ab und wollte sich zum König von Italien aufwerfen, als er 3. Sept. 1402 zu Melegnano an der Pest starb. Er förderte Kunst und Wissenschaft, begann den Bau des Mailänder Doms sowie der Kartause und der Tessinbrücke bei Pavia, stiftete die reiche Bibliothek, eine Bau- und Malerakademie zu Mailand, stellte die Universität zu Piacenza wieder her und hob die von Galeazzo Ⅱ. 1361 zu Pavia gegründete; seinen Hof verherrlichten die berühmtesten Männer seiner Zeit. – Vgl. C. Belgiojoso, Il conte di Virtù, storia italiana del secolo ⅩⅣ (Mail. 1861); P. Ghinzoni (im «Arch. storico lombardo», 1882); G. Romano, Giangaleazzo V. e gli eredi di Bernabò (Mail. 1891).

Seine Tochter Valentine (gest. 1408) heiratete 1389 den Herzog Ludwig von Orléans; hierauf gründete Frankreich seine schon 1447 und dann mit Erfolg von Ludwig ⅩⅡ. geltend gemachten Ansprüche auf Mailand. – Vgl. Mary Robinson, The end of the Middle Ages (Lond. 1888); M. Faucon, Le mariage de Louis d’Orléans et de Valentine V. (im «Arch. des missions» , Par. 1882); Jarry, La vie politique de Louis de France, duc d’Orléans 1372‒1407 (ebd. 1890).

Seine drei Söhne Giammaria (geb. 1388, ermordet 16. Mai 1412), Filippo Maria (geb. 1391,