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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wachstaffet; Wachstuch; Wachstum

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Wachstaffet - Wachstum

Wohlfeilheit wegen) Talg, Fichtenharz, Terpentinöl zusetzt, oder auch ganz aus Erdwachs durch Ziehen hergestellt und gewöhnlich in cylindrischer Form aufgewickelt wird.

Wachstaffet, s. Wachstuch.

Wachstuch, ein Zeug, welches mit Leinölfirnis überzogen ist, der zunächst dazu dienen soll, den Stoff wasserdicht zu machen, dann aber auch, in sehr vielen Fällen, ihn zu verzieren. Die Erfindung dieses Stoffs ist ziemlich alt, indem man denselben schon zu Anfang des 14. Jahrh. erwähnt findet. Nach dem Stoff unterscheidet man gegenwärtig W., Wachsleinwand, Wachskattun, Wachstaffet, Wachsbarchent und selbst Wachstuchpapier (s. unten). Hinsichtlich der Dekoration wird der Firnis entweder mit einer Farbe versetzt, oder der Firnisauftrag marmoriert, gemasert, oder endlich werden mit Formen Muster aufgedruckt, oder mit dem Pinsel darauf gemalt. Soll das W. zu Tischdecken, Teppichen u. dgl. dienen, so wird auf die Grundfarbe entweder mit dem Pinsel gemalt, oder mit Formen nach Art des Tapeten- und Zeugdruckes gedruckt, entweder mit der Hand oder mittels der Maschine. In neuester Zeit hat man auch Letterndruck in der Buchdruckpresse und Lithographien auf das W. abgedruckt, sogar Photographien darauf angebracht. Eine besondere Art dieses Fabrikats ist das Ledertuch (s. d.).

Das Wachstuchpapier (Wachspackpapier), welches man anstatt des W. zum Einpacken verwendet, wird durch Überpinseln eines zähen Packpapiers mit einer Farbe aus Kienruß und Leinölfirnis oder mit einem Firnis aus Asphalt, Leinölfirnis und Terpentinöl und nachheriges Trocknen des Papiers dargestellt.

Wachstum, die Fähigkeit organischer Körper, nach ihrer Entwicklung noch eine weitere Ausbildung und Veredelung zu erlangen, die nicht bloß in einer Zunahme des Umfangs und Gewichts, sondern auch in einer gleichzeitigen innern Veränderung besteht. Das W. geschieht durch Ansatz neuer Masse, die sich, wie die ersten Bildungen, aus schon vorhandenen Zellen (Mutterzellen) und durch Fortbildung dieser Zellen zu Geweben erzeugt. Sowie die verschiedenen Organe des Körpers nicht gleichzeitig entstehen, sondern nacheinander, ebenso wenig wachsen die einzelnen Teile des Organismus in gleichem Verhältnisse, vielmehr sind schon manche ausgebildet, während andere erst zu wachsen beginnen. Manche Organe verschwinden schon wieder oder nehmen wenigstens ab, während andere noch lange fortwachsen. Einige Teile (wie Haare, Nägel) wachsen ununterbrochen fast bis zum Tode.

Das W. steht mit dem Zeugungsprozeß in einem gewissen Zusammenhange; es ist nämlich vollendet, wenn dieser Prozeß vollständig ausgebildet, und steht still, sobald die Zeugungsorgane früher in Thätigkeit versetzt werden. So wachsen Frauen, deren Entwicklung noch nicht vollendet, während der Schwangerschaft nicht fort; Stiere und Hengste, die man bis zur erlangten Zeugungsreife von der Begattung zurückhält, erlangen eine bedeutendere Größe, wachsen also längere Zeit als andere, denen man sie gestattet. Von der Zeit der vollendeten Entwicklung an können der Mensch und die Tiere wohl noch an Umfang und Gewicht zunehmen; allein diese Zunahme besteht nicht in proportionierter Vergrößerung aller Organe, sondern nur in vermehrter Ablagerung von Fett oder in abnormer (pathol.) Vergrößerung einzelner Organe. Im allgemeinen läßt sich übrigens die Regel aufstellen, daß das Leben eines Tiers um so länger dauert, je mehr Zeit sein W. erfordert. Die räumliche Grenze des W. richtet sich wieder nach den unendlich verschiedenen Klassen der Geschöpfe und wird in diesen selbst wieder bei den einzelnen Individuen von mannigfaltigen Umständen vielfach modifiziert. Beim Menschen veranlaßt ein zu schnelles W. nicht selten Wachstumskrankheiten, besonders im Blut- und Nervensystem; im erstern kommen am häufigsten Bleichsucht und Blutarmut, im letztern Krampfkrankheiten zu stande. (S. Kind, Kinderkrankheiten.) Ein Wachsen über das gewöhnliche Maß hinaus pflegt man als Riesenwuchs (s. Riesen), eine vorzeitige Unterbrechung des W. als Zwergbildung (s. Zwerg) zu bezeichnen.

Auch bei den Pflanzen beruht das W. auf Neubildung oder Vergrößerung einzelner Zellen. Sowohl Neubildung, d. h. Teilung, als auch Vergrößerung dieser Elemente werden, wenigstens bei mehrzelligen Pflanzen, sich vereinigen, um die Erscheinungen des W. hervorzubringen. Bei einzelligen Pflanzen kann allerdings das W. eines Individuums nur durch Zellvergrößerung eintreten, jede Teilung wird hierbei nicht als W. angesehen, sondern gehört in das Gebiet der Fortpflanzungserscheinungen.

Je nach Ort und Richtung der einzelnen Wachstumserscheinungen unterscheidet man Scheitelwachstum, interkalares W. und Dickenwachstum. Durch das Scheitelwachstum wird die Verlängerung der Organe oder ihrer Teile an bestimmten peripherisch liegenden Stellen, die man als Vegetationspunkte bezeichnet, bewirkt. (S. Scheitelzelle.) Das interkalare W. dagegen findet an den jungen noch wachstumsfähigen Partien statt, die nicht direkt an den Scheitelpunkten, sondern weiter rückwärts liegen. Dadurch wird gewissermaßen das durch Scheitelwachstum gewonnene Material zur weitern Ausbildung und zur Fertigstellung der Form benutzt, mag das betreffende Organ nun eine flächenartige, cylindrische, kugelige oder irgend welche andere Gestalt besitzen. Aber das interkalare W. reicht in vielen Fällen noch nicht hin, um diese endgültige Ausbildung zu bewirken, es muß noch das Dickenwachstum hinzukommen, und dies kann entweder durch einfache Vergrößerung der Zellen, verbunden mit lebhaften, nicht auf bestimmte Orte beschränkten Teilungen, oder durch Bildung sog. Meristeme und Cambien erfolgen. (S. Meristem und Cambium.) Jenes ist der Fall bei der Mehrzahl der Monokotyledonen und Gefäßkryptogamen, dieses bei den Stamm- und Wurzelorganen der meisten Dikotyledonen und der Gymnospermen.

Es ist natürlich, daß bei all diesen verschiedenen Wachstumsprozessen, besonders bei den auf bestimmte zwischen andern Geweben liegende Zellkomplexe beschränkten, Spannungen im Innern der Organe hervorgerufen werden, die wiederum, falls sie eine gewisse Höhe erreichen, die äußere Form der Organe verändern, oder indirekt Veranlassung zu erneutem W. werden können. Man hat diese Spannungen allgemein unter dem Namen Gewebespannungen (s. Spannungserscheinungen der Pflanzen) zusammengefaßt. Aber nicht bloß bei diesen Formen des W. treten Spannungen auf, sondern auch beim Dickenwachstum der einzelnen Zellmembran sowie insbesondere bei dem W. der Stärkekörner. Hier erfahren die einzelnen Schichten nicht eine ganz gleichmäßige Vergrößerung durch Einlage-^[folgende Seite]