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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Warschau-Wiener Eisenbahn; Warsing-Fehnkanal; Warstein; Wartabieds; Wartburg

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Warschau-Wiener Eisenbahn – Wartburg

und von dessen Beziehungen zu Rußland und dem Auslande. Den Handel unterstützen eine Hauptstelle der Russischen Reichsbank, die Warschauer Handelsbank, die Diskontobank, die Kreditgesellschaft, Versicherungs- und andere Anstalten. Deutschland, Österreich-Ungarn, England, Frankreich, Belgien und Persien sind in W. durch Generalkonsuln, viele andere Staaten durch Konsuln vertreten.

Umgebung. Bemerkenswert sind: im N. Marymont (ehemals Schloß und Park), die Dörfer Bielany (mit schönem Wald und Manöverfeld) und Jablonna (mit Schloß und Park), das Militärlager bei Dorf Powonski (Powązki); im W. das Dorf Wola (s. d.) sowie zwischen diesem und W. das Wahlfeld, auf dem die Könige von Polen gewählt wurden; im S. Willanow (mit Schloß und Kunstsammlungen), die Królikarnia (d. i. Kaninchengarten), die Dörfer Mokotow, Wierzbno; im O. bei Praga die durch Schlachten bekannten Orte Bialolenka, Grochow und Wawer.

Geschichte. W. wird 1224 urkundlich erwähnt und war meist die Residenz der Herzöge von Masowien bis zu deren Erlöschen 1526. Um 1550 nahm es König Sigismund Ⅱ. August zu seiner Residenz, und seit 1573 wurden auf der Ebene bei Wola die Könige von Polen erwählt. Im Aug. 1655 ergab es sich an Karl Ⅹ. Gustav von Schweden, wurde 1656 von König Johann Kasimir wiedererobert, ergab sich aber zum zweitenmal durch Kapitulation infolge der Niederlage dieses Königs in der 28. bis 30. Juli 1656 vor W. gelieferten großen dreitägigen Schlacht gegen Karl Ⅹ. und dessen Bundesgenossen, den Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg. W. litt während des Nordischen Krieges ungemein. 1764‒74 und wiederum 1793 wurde es von den Russen besetzt. In dem Aufstand vom 17. bis 18. April 1794 wurde die russ. Besatzung niedergemetzelt; vom 9. Juli bis 6. Sept. 1794 wurde die Stadt von den Preußen vergeblich belagert; sie kapitulierte aber 5. Nov. nach der Erstürmung von Praga (s. d.) an die Russen unter Suworow. Durch die dritte Teilung Polens ward W. preußisch und blieb es bis 1806, wo es 28. Nov. die Franzosen besetzten. 1807 wurde es die Hauptstadt des Großherzogtums W. (S. den vorhergehenden Artikel.) Am 8. Febr. 1813 nahmen es die Russen in Besitz. Die poln. Revolution begann mit dem Aufstand von W. 29. Nov. 1830, endete mit der Bestürmung der Stadt am 6. und 7. und mit der Kapitulation 8. Sept. 1831 an Paskewitsch. In der neuern Zeit wurden zu W. mehrere diplomat. Konferenzen gehalten. – Vgl. Artikel Warszawa in «Słownik geograficzny królestwa Polskiego», hg. von B. Chlebowski, 13. Bd. (Warsch. 1893).

Warschau-Wiener Eisenbahn, s. Russische Eisenbahnen (Übersicht A, Ⅱ).

Warsing-Fehnkanal, s. Tabelle zum Artikel Fehn- und Moorkolonien.

Warstein, Flecken im preuß. Reg.-Bez. und Kreis Arnsberg, am Wester- und Rangebach, in schönem Thal, an der W.-Lippstadter Eisenbahn, (30,7 km, Nebenbahn), Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Arnsberg), hat (1895) 3265 E., darunter etwa 130 Evangelische und 40 Israeliten, Post, Telegraph, zwei kath., eine evang. Kirche, höhere Stadtschule, Hospital, Sparkasse; Fabrikation von Wassergasapparaten, Gasöfen und ‑Herden, Wagenachsen, Werkzeugen (Hämmer), Schaufeln und Gabeln und in der Nähe Eisensteingruben. Im nahen Hochwald die 1887 entdeckte Warsteiner Höhle, eine Tropfsteinhöhle von 400 m Ausdehnung, in der Menschenschädel und Knochen von vorweltlichen Tieren gefunden wurden.

Wartabieds, Geistliche der Armenischen Kirche (s. d.).

Wartburg, Burg und Bergschloß im Verwaltungsbezirk Eisenach des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach, in 426 m Höhe, 173 m über Eisenach, am Nordwestrand des Thüringer Waldes, auf einem nach allen Seiten steil abfallenden Bergrücken. Die W. war einst Residenz der Landgrafen von Thüringen und wird jetzt zeitweise vom Großherzog von Weimar bewohnt. Die Burg wurde in ihren ältern Teilen wahrscheinlich um 1070 von Ludwig dem Springer erbaut. (S. Tafel: Burgen Ⅱ, Fig. 4.) Sie besteht aus der Vorburg und der Haupt- oder Hofburg. Zur Vorburg gehört das Ritterhaus mit seinen Wachträumen und den Wohnräumen der fremden Ritter, von denen die berühmte Lutherstube unverändert erhalten wird, wie sie Martin Luther vom 4. Mai 1521 bis 6. März 1522 bewohnte. Vom Ritterhaus links und rechts zieht sich die Ringmauer südwärts bis zu den drei Gebäuden hin, die den Abschluß der Vorburg bilden. Auch diese Ringmauer war ursprünglich nur mit Zinnen und einem Zinnengang versehen, der jedoch seit Erfindung der Feuerwaffen überdacht wurde und den Namen Letze erhielt; jetzt heißt der westl. Gang (mit dem Eseltreiberstübchen) Margaretengang und der östliche Elisabethengang; beide stellen eine Verbindung mit der Hofburg her.

In der Hofburg steht vor allem das großartige Landgrafenhaus, auch Palas, Muishaus oder Hohes Haus genannt, welches teilweise zur Wohnung des Fürsten, hauptsächlich aber zur Hofhaltung bestimmt war und daher in dem untern Stock Keller, Küche und Speiseraum, in dem zweiten einen großen Saal (Söller oder Rittersaal) enthielt. Dies war die ursprüngliche Anlage und Einrichtung im Rundbogenstil des 11. Jahrh. Ludwig Ⅰ. (1123‒40) ließ auf dem Landgrafenhaus ein drittes Stockwerk als großen Fest- und Waffensaal errichten. An das Landgrafenhaus schließt sich die Kemenate der Landgräfinnen nebst dem Bergfried (dem Hauptturm, Wartturm) an. Dem Palas gegenüber liegt ein ursprünglich einstöckiges Gebäude, der Marstall. Zu diesen Hauptteilen der Hofburg gelangt man durch eine mächtige, feste Thorhalle, welche östlich mit der Kemenate, westlich mit der Dirnitz, einem durch Öfen heizbaren zweiten Palas vom J. 1319, in Verbindung steht. An der Südseite liegt der Zwinger und darin der zweite Turm, ferner ein Wachhaus und ein Bad.

Bis zum Tode Heinrich Raspes (1247) war die W. Residenz der Landgrafen, die hier einen glänzenden Hof hielten; der kunstliebende Landgraf Hermann Ⅰ. (1190‒1217) versammelte auf der W. die berühmtesten Sänger und gab dadurch Anlaß zur Sage vom Sängerkrieg (s. Wartburgkrieg). Nach Beendigung des Thüringischen Erbfolgekrieges nahm Albrecht der Entartete aus dem Hause Wettin 1265 seinen Sitz wieder auf der W. Da nach dem Tode Friedrichs des Friedfertigen 1440 Thüringen an die Meißener Linie des Hauses Wettin zurückfiel, hörte die W. auf, Residenz zu sein und ging ihrem Verfall entgegen, bis 1790 Herzog Karl August an Stelle der baufälligen Kemenate ein steinernes Gebäude errichten ließ. 1817 war die W. der Schauplatz des Wartburgfestes (s. d.) der deutschen Burschenschaft.

Auf Veranlassung des damaligen Erbgroßherzogs, spätern Großherzogs Karl Alexander von Sachsen-Weimar, wurde seit 1847 die Burg nach