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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wartburgfest; Wartburgkrieg; Warte; Wartegeld; Wartenberg

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Wartburgfest – Wartenberg (Standesherrschaft)

Entwürfen von Ritgen (s. d.) treu der ursprünglichen Anlage wiederhergestellt, und auch bei der Ausschmückung durch Malerei und Ausstattung mit Möbeln und Geräten ist der Stil der damaligen Zeit größtenteils streng festgehalten. Die Hofburg ist möglichst treu in ihrer Gestalt zur Zeit ihres Glanzes im 12. Jahrh. erneuert, während der Vorburg die Eigenart des 16. Jahrh. bewahrt geblieben ist. Wandgemälde hervorragender Meister (Moritz von Schwind [Detail s. Tafel: Deutsche Kunst Ⅶ, Fig. 4], Rud. Hofmann u. a.) führen in Hofburg und Vorburg das Leben, das sich in vergangener Zeit in der W. abspielte, vor Augen. An besonders reich geschmückten Räumen sind zu erwähnen im Landgrafenhaus: der große Fest- und Waffensaal, das Landgrafenzimmer, der Sängersaal, in dem nach der Sage 1207 der Sängerkrieg stattfand, und die Elisabethgalerie, die in die Kapelle führt. Die Kemenate ist zu Wohnräumen für die großherzogl. Familie eingerichtet. Die Dirnitz wurde 1867 neu aufgeführt und enthält im Erdgeschoß den Waffensaal mit einer sehr wertvollen Sammlung von Rüstungen aus dem 12. bis 17. Jahrh. Im Ritterhaus der Vorburg ist die Wohnung des Kommandanten im spätgot. Stil eingerichtet, in dem obern Stockwerk schließt sich an das Lutherstübchen das Pirkheimer Stübchen (aus Nürnberg 1872 dahin versetzt). Im Nordwesten neben der Burg befindet sich die Gastwirtschaft, ein Holzbau im mittelalterlichen Stil.

Vgl. Polack, Die Landgrafen von Thüringen. Zur Geschichte der W. (Gotha 1865); Schwerdt und Jäger, Eisenach und die W. (2. Aufl., Eisenach 1871); von Ritgen, Der Führer auf der W. (3. Aufl., Lpz. 1876); von Arnswald und Schmidt, Zur Geschichte der W. und der Stadt Eisenach (Weim. 1882); von Scheffel und von Arnswald, Wartburg-Sprüche, hg. von Lechleitner (ebd. 1892).

Wartburgfest, das 18. Okt. 1817 auf der Wartburg (s. d.) gefeierte Fest, das durch eine Aufforderung der Burschenschaft zu Jena an die Studenten aller deutschen Hochschulen zur Beteiligung an der dritten Säkularfeier der Reformation und der Jahresfeier der Schlacht bei Leipzig veranlaßt worden war. Fast 500 Studenten, wie auch die Professoren Fries, Oken, Kieser und Schweitzer von Jena, nebst vielen ehemaligen akademischen Bürgern beteiligten sich bei dem Feste, das von dem Großherzog Karl August in jeder Weise gefördert wurde. Es erschienen dabei die später verbotenen burschenschaftlichen Farben Schwarz-Rot-Gold zum erstenmal als Symbol deutscher Volkseinheit. Die Festrede auf die Jubelfeier der Reformation hielt im Rittersaale der Jenenser Student der Theologie und ehemalige Lützower Riemann aus Ratzeburg. An einem Siegesfeuer zur Erinnerung an die Schlacht von Leipzig, das man am Abend auf dem nahe gelegenen Wartenberge angezündet hatte, wurden, nachdem schon die Mehrzahl der Beteiligten sich entfernt hatten, ohne Wissen des Ausschusses verschiedene Schriften (von Kotzebue, Kamptz, Haller, Schmalz u. a.), die mit der allgemeinen Volksstimmung im Widerspruch standen, symbolisch den Flammen übergeben, indem die Titel von 28 Schriften verlesen und an ihrer Stelle Makulaturbogen verbrannt wurden, ferner ein Zopf, eine Schnürbrust, ein Korporalstock u. dgl., als Zeichen einer veralteten Zeit. Das praktische Ergebnis der 19. Okt. folgenden Verhandlungen war die Gründung einer allgemeinen deutschen Burschenschaft (s. d.). Die Reaktion säumte indessen nicht, die Vorgänge beim W. für ihre Zwecke auszubeuten. Namentlich wurden nicht lange danach alle deutschen Hochschulen durch Bundesbeschluß unter polizeiliche Aufsicht gestellt und die Teilnahme an der Burschenschaft als strafbar untersagt. Am 18. Okt. 1867 fand die 50jährige Jubilarfeier des W. in Eisenach statt. – Vgl. Kurze und wahrhaftige Beschreibung des großen Burschenfestes auf der Wartburg bei Eisenach am 18. und 19. des Siegesmonds 1817 (Gedruckt in diesem Jahre [1819]); Kieser, Das W. am 18. Okt. 1817 in seiner Entstehung, Ausführung und Folgen (Jena 1818); Rob. und Rich. Keil, Die burschenschaftlichen W. von 1817 und 1867 (Jena 1868).

Wartburgkrieg oder Sängerkrieg auf der Wartburg, ein sagenhafter Dichterwettkampf, der sich 1207 auf der Wartburg abgespielt haben soll und der in einem halbdramat. Streit- und Rätselgedicht des 13. Jahrh., das aus zwei ursprünglich selbständigen Dichtungen verschiedener Verfasser zusammengewachsen ist, geschildert wird. Die erste, das sog. Fürstenlob, im Thüringer Herrenton, ist ein um 1250 zu Ehren des damaligen Landgrafen von Thüringen, Heinrich von Meißen, verfaßtes Festspiel, in dem sich berühmte Dichter, die in Thüringen zu Hause waren oder einst unter dem kunstliebenden Hermann Ⅰ. von Thüringen in Eisenach geweilt hatten (Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach, Biterolf, Reinmar von Zweter, Heinrich von Ofterdingen), streiten, wem mehr Lob gebühre, Hermann von Thüringen oder Leopold von Österreich; natürlich besiegt der Vorfechter des Thüringers, Walther, seinen Gegner Heinrich von Ofterdingen, den die Landgräfin vor dem Henker rettet. – An dies Gedicht wurde unter der Annahme, daß der Besiegte den Zauberer Klingsor aus Ungerland (s. Klinschor) zu Hilfe rief, einer der beliebten Rätselwettstreite angefügt, vielleicht schon vor 1250 in Mainz entstanden. Der unheimliche Büchergelehrte Klingsor streitet nicht mit Walther, dem Sieger des ersten Teils, sondern mit dem gottseligen Laien Wolfram, der nicht nur ihn und seine schwarze Kunst, sondern sogar auch den Teufel Nasion besiegt. Schon um 1280 haben thüring. Chroniken das so kompilierte Gedicht als histor. Quelle angesehen. Neuerdings ist derselbe Stoff von Novalis in seinem «Heinrich von Ofterdingen», von E. T. A. Hoffmann in seinem «Kampf der Sänger» benutzt, und von Richard Wagner, mit der Sage von Tannhäuser verbunden, seiner Oper dieses Namens zu Grunde gelegt worden. Den W. gab Simrock (Stuttg. 1858) heraus.

Warte, ein erhabener Ort, von welchem man eine freie Aussicht auf die umliegende Gegend hat. Bei den Burgen hießen W. oder Hochwacht die Schau- oder Warttürme. Im modernen Sinn zeichnet W. auch ein wissenschaftliches Institut zur Beobachtung von Vorgängen und Erscheinungen des Himmels (Sternwarte, s. d.), der Atmosphäre (Wetterwarte, soviel wie Meteorologische Station, s. d.) und des Meers (Seewarte, s. d.).

Warte, Fluß, s. Warthe.

Wartegeld, s. Gehalt.

Wartenberg, Berg bei Geisingen (s. d.)

Wartenberg, eine 160 qkm umfassende Standesherrschaft des Prinzen von Kurland, an der Grenze der preuß. Provinz Posen gelegen, gehört zum Kreis Groß-Wartenberg (s. d.) des preuß.