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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Welcker (Karl Theod.) - Welden

studierte 1841-50 zu Gießen und Bonn Medizin und Naturwissenschaften, wurde 1850 Assistenzarzt an der mediz. Klinik, 1853 Privatdocent für Anatomie, 1856 Prosektor am Anatomischen Institut zu Gießen, 1859 Professor der Anatomie in Halle und war 1876-93 daselbst Direktor des Anatomischen Instituts. W. starb 12. Sept. 1897 in Winterstein in Thüringen. In seiner Inauguralschrift über Irradiation (Gieß. 1852) wies W. nach, daß die Irradiation, entgegen der Lehre Plateaus, eine rein physik. Erscheinung sei. Die von Vierordt begründete Methode der Blutkörperchenzählung verbesserte W. und machte umfassende Zählungen bei Tieren und Menschen. Mittels der von ihm eingeführten kolorimetrischen Methode bestimmte W. die Blutmenge zahlreicher Tiere und stellte fest, daß die Blutmenge des Menschen nicht, wie seither angenommen 25, sondern nur 9-10 Pfd. beträgt. Durch sein Schriftchen "Über Aufbewahrung mikroskopischer Präparate" (Gieß. 1856) führte W. das später von Gudden verbesserte Mikrotom in die anatom. Technik ein. Behufs seiner kraniologischen Studien besuchte W. 1860-65 fast sämtliche Schädelsammlungen Deutschlands und Hollands und untersuchte deren Inhalt mittels eines einheitlichen, in seinem Werke "Untersuchungen über Wachstum und Bau des menschlichen Schädels" (Lpz. 1862) beschriebenen Messungssystems. In "Schillers Schädel und Totenmaske" (Braunschw. 1883) sowie in der Abhandlung "Der Schädel Raffaels und die Raffaelporträte" bildete W. ein Verfahren aus, durch das über das Zusammengehören eines Schädels und eines Kopfprofils ziemlich sicher entschieden werden kann. Als eine Frucht seiner ethnolog. Studien erschien: "Die deutschen Mundarten im Liede" (Lpz. 1875; 2. Aufl. u. d. T. "Dialektgedichte", 1889).

Welcker, Karl Theod., liberaler Publizist, Politiker und Staatsrechtslehrer, Bruder von Friedrich Gottl. W., geb. 29. März 1790 zu Oberosleiden in Oberhessen, studierte in Gießen und Heidelberg die Rechte, habilitierte sich 1813 in Gießen, wurde 1813 außerord. Professor, noch in demselben Jahre Professor der Rechte in Kiel und schrieb hier mit Falck, Dahlmann, Twesten u. a. die "Kieler Blätter". 1816 folgte er einem Rufe an die Universität zu Heidelberg, von wo er 1819 nach Bonn ging. Dort wurde er wegen demagogischer Umtriebe angeklagt, aber freigesprochen. (Vgl. W.s "Aktenmäßige Verteidigung gegen die Verdächtigung der Teilnahme an demagogischen Umtrieben", Stuttg. 1823.) 1823 wurde W. Professor der Rechte in Freiburg i. B. 1830 übersandte er dem Bundestage seine Aufsehen erregende Petition "Die vollkommene und ganze Preßfreiheit u. s. w." (Freiburg 1830). 1831 wurde er in die bad. Kammer gewählt und gründete mit Rotteck und Dettinger das erste censurfreie Zeitblatt, "Der Freisinnige". Das Blatt wurde aber vom Bundestage unterdrückt und W. und Rotteck in Ruhestand versetzt. In dem darauffolgenden Prozeß wegen verdächtiger Verbindung wurde W. freigesprochen. 1840 wurde er wieder in sein Amt eingesetzt, 1841 jedoch abermals suspendiert. Er zog nun nach Heidelberg, wo er regen Anteil an den Kammerverhandlungen nahm. Aus Prozessen, die ihm die Schriften "Wichtige Urkunden über den Rechtszustand der deutschen Nation" (Mannh. 1844) und "Die geheime Inquisition, die Censur und Kabinettsjustiz im verderblichen Bunde" (mit V. Schulz, Karlsr. 1845) zuzogen, ging er siegreich hervor. 1848 nahm W. am Siebener-Ausschuß zu Heidelberg teil, welcher den Zusammentritt des Vorparlaments in Frankfurt vorbereitete, und ward zugleich von der bad. Regierung als Bundestagsgesandter nach Frankfurt geschickt. Die Stadt Durlach wählte ihn zum Abgeordneten in die Nationalversammlung, wo er Vorkämpfer der Großdeutschen Partei war. Im Aug. 1848 ging er im Auftrag der Centralgewalt in diplomat. Mission nach Stockholm und übernahm auch im Oktober mit Oberst Mosle die Sendung nach Österreich. W. schied im Juni 1849 aus der Nationalversammlung, nahm auch als Bevollmächtigter der bad. Regierung bei der Centralgewalt seine Entlassung, wurde zwar 1850 wieder in die bad. Kammer gewählt, zog sich aber bald vom polit. Schauplatz völlig zurück. Er wirkte nun als Schriftsteller, als Mitglied des Nationalvereins und der Abgeordnetenversammlungen. Nach dem Kriege von 1866 wirkte er für Bildung einer "Deutschen Partei" aus Mitgliedern aller vier Südstaaten, bei deren Zusammentritt in Stuttgart er zum Vorsitzenden erwählt ward. Er starb 10. März 1869 zu Heidelberg. Mit K. von Rotteck gab er das "Staatslexikon" (15 Bde. und 4 Supplementbände, Altona 1834-49; 3. Aufl., 14 Bde., Lpz. l856-66) heraus. Er schrieb besonders noch: "Die letzten Gründe von Recht, Staat und Strafe" (Gieß. 1813), "Das innere und äußere System der natürlichen und röm.-christl.-german. Rechts-, Staats- und Gesetzgebungslehre" (Stuttg. 1829), "Die rechtliche Begründung unserer Reform" (Frankf. 1861) und "Der preuß. Verfassungskampf" (ebd. 1863).

Welden, Franz, Freiherr von, österr. Feldzeugmeister, geb. 16. Juni 1782 zu Laupheim in Württemberg, trat 1798 in württemb. Dienste, nahm an den Feldzügen 1799-1800 gegen Frankreich teil, trat 1802 in österr. Dienste und wurde als Hauptmann des Generalquartiermeisterstabes bei topogr. Aufnahmen beschäftigt. Als Major wurde er 1809 dem Hauptquartier des Erzherzogs Karl zugeteilt, 1812 war er im Stabe des Fürsten Schwarzenberg während des russ. Feldzugs, kämpfte als Oberst 1813 und 1814 in Italien, 1815 iu Südfrankreich und wurde 1816 Brigadier des Pionierkorps. Hierauf stand er eine Zeit lang dem Topographischen Bureau vor und leitete später, nachdem er 1821 den kurzen Feldzug gegen die piemont. Aufständischen mitgemacht hatte, die militär. Landesbeschreibung. W. wurde 1828 zum Generalmajor, 1832 zum Bevollmächtigten bei der Militärkommission des Deutschen Bundes und 1836 zum Feldmarschalllieutenant ernannt. 1838 erhielt er das Divisionskommando in Graz, 1843 das Generalkommando in Tirol. Beim Aufstande der Lombardei 1848 sicherte er die Verbindung des Feldmarschalls Radetzky mit den Erblanden, unterwarf Treviso, wurde Feldzeugmeister, schloß Venedig ein und rückte in die Romagna vor, wurde aber durch seine Ernennung zum Militär- und Civilgouverneur von Dalmatien im September abberufen. Nach den Oktoberereignissen und der Einnahme von Wien vertraute ihm der Kaiser das Gouvernement der Hauptstadt. Vom April bis Juni 1849 führte er den Oberbefehl gegen die Aufständischen in Ungarn und übernahm dann wieder das Gouvernement von Wien, das er bis zu seinem Rücktritt aus dem Dienste Juni 1851 behielt. W. zog sich nach Graz zurück, wo er 7. Aug. 1853 starb. Als Militärschriftsteller hat er sich besonders bekannt gemacht durch "Episoden aus meinem Leben. Beiträge zur Geschichte der Feldzüge der