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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wetterberichte - Wetterhorn

Wetterberichte, regelmäßig erscheinende Übersichten über den gleichzeitigen Witterungszustand aus einem mehr oder weniger großen Gebiete. Hierzu sind durch internationale Vereinbarung entsprechende Einrichtungen getroffen worden. In dem europ. System werden von den «Wetterberichtsstationen», deren jeder Staat eine seiner Größe entsprechende Anzahl eingerichtet hat, früh 7 oder 8 Uhr Beobachtungen angestellt und der Centralstelle des Landes telegraphisch übermittelt. In Deutschland ist die Centralstelle für die Wettertelegraphie die kaiserl. deutsche Seewarte (s. d.) in Hamburg, für die andern Staaten sind solche in London, Paris, Rom, Wien u. s. w. Zwischen diesen Centralstellen findet ein Austausch des Beobachtungsmaterials statt. So erhält die Seewarte die engl., franz., ital. u. s. w. Beobachtungen und übermittelt dorthin die deutschen Beobachtungen. In den meisten Staaten sind kleinere Wetterberichtsdistrikte gebildet worden, denen von der Centralstelle des Staates die Beobachtungen von so viel Stationen in ganz Europa mitgeteilt werden, als sie zur Ausübung ihrer Berichterstattung für nötig erachten.

Die telegr. Übermittelung der Beobachtungen geschieht nach vereinbarten Ziffersystemen, deren Grundeinrichtung darauf beruht, daß im Tarif der Telegrammgebühren 5 Ziffern als 1 Wort gelten. In Europa unterscheidet man das kontinentale und das engl. Ziffernsystem. Ersteres beruht auf dem metrischen Maßsystem, letzteres auf dem englischen.

Die Formel für eine kontinentale Morgendepesche ist: B₁ B₁ B₁ W₁ W₁, S₁ H₁ T₁ T₁ T₁, BBBWW, SHFTF, T’T’T’RR, MMmmF.

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Es bedeuten:

BBB Den Barometerstand mit Zehnteln Millimeter unter Weglassen der 7 (700), z. B. 746,2 mm = 462.

WW Die Windrichtung, 02 = NNO, 04 = NO, 06 = ONO u. s. w. bis 32 = N.

S Die Windstärke nach Graden.

H Den Wetterzustand, und zwar: 0 = wolkenloser Himmel, 1 = ¼, 2 = ½, 3 = ¾, 4 = volle Bedeckung mit Wolken, 5 = Regen, 6 = Schnee, 7 = Dunst, 8 = Nebel, 9 = Gewitter.

TTT Die Temperatur in Celsiusgraden mit Zehntelgraden. Bei Temperaturen unter dem Eispunkte wird das Minuszeichen durch Hinzufügen von 50 zu der Ablesung ersetzt. So wird geschrieben +16°,8 C. = 168, +6°,8 C. = 068, +0°,8 C = 008, -0°,8 C. = 508, -6°,8 C. = 568, -16°,8 C. = 668 u. s. w.

T’T’T’ Die Ablesung am feuchten Thermometer des Psychrometers nach gleichen Bestimmungen.

RR Die Niederschlagsmenge der letzten 24 Stunden in ganzen Millimetern.

MM Das Temperaturmaximum der letzten 24 Stunden in ganzen Graden.

mm Das Temperaturminimum der letzten 24 Stunden in ganzen Graden.

F Die Wolkenform, 1 = Cirrus, 2 = Cirrostratus u. s. w.

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Die mit dem Index 1 versehenen ersten zwei Ziffergruppen beziehen sich auf den Abend vorher.

In Nordamerika ist ein anderes Verfahren gebräuchlich. Hier wird jeder Barometerstand, jede Temperatur u. s. w. in passenden Abstufungen durch ein Wort ausgedrückt und das Telegramm durch Aneinanderreihen der betreffenden Worte gebildet. Die Centralstellen der größern und kleinern Wetterberichtsbezirke veröffentlichen ihre Berichte in verschiedener Form. Fast alle geben autographierte oder auf irgend welche sonstige Weise hergestellte Berichte aus, auf denen der Witterungszustand graphisch dargestellt wird durch Isobaren, Isothermen, Windpfeile, meteorolog. Zeichen u. s. w. (s. Meteorologische Kartenwerke). Außerdem übergeben sie ihre Berichte telegraphisch (Isobarentelegramme) oder durch die Post größern Zeitungen zur Publikation. Die Wetterberichtserstattung verbreitet sich immer mehr. Vorzüglich ausgebildet ist sie in den Vereinigten Staaten von Amerika. Weitere Bezirke der W. findet man in Indien, Japan, dem gesamten Russischen Reiche u. s. w. Außer den täglichen W. erlassen die Centralstellen solche, die sich auf mehr oder weniger große Zeiträume beziehen. Dies geschieht namentlich vom Meteorologischen Amt in London, das Wochen-, Monats-, Quartals- und Jahresberichte veröffentlicht. Meistens beschränkt man sich auf Monats- und Jahresberichte, die in verschiedenen Formen erscheinen.

Vgl. J. von Bebber, Handbuch der ausübenden Witterungskunde (2 Bde., Stuttg. 1885‒86).

Wetterblumen, Wetterbilder, Barometerblumen, künstliche Blumen, deren ursprünglich weiße, aus Papier oder Baumwollengewebe gefertigte Blätter mit einer Lösung getränkt sind, welche ihre Farbe je nach dem Feuchtigkeitsgrad der Luft ändert. Solche Lösungen liefern die Haloidsalze des Kobalts, besonders das Kobaltchlorür (s. d.). Tränkt man die Blumen mit einer Lösung von 10 Teilen Kobaltchlorür, 5 Teilen Chlornatrium, 0,5 Teilen arab. Gummi, Glycerin oder 1‒2 Teilen Chlorcalcium in 30 Teilen Wasser, so zeigen sie folgende Skala: rosenrot: Regen; blaßrot: sehr feucht; blaurot: feucht; lavendelblau: fast trocken; violett: trocken; blau: sehr trocken. Da die W. den Feuchtigkeitsgrad der Luft und nicht den Luftdruck anzeigen, so sollten sie Hygrometerblumen statt Barometerblumen heißen. (S. Tinte.)

Wetterbüsche, abnorme Zweigbildung, s. Hexenbesen.

Wetterdisteln, s. Carlina.

Wetterdynamit, ein zu den Nobeliten gehöriges Dynamit (s. d.), das in Schächten und Stollen verwandt wird, in denen Schlagende Wetter zu befürchten sind. Ein derartiges Dynamit darf bei der Explosion keine Flamme zeigen, oder die entstehende Flamme muß sofort durch ebenfalls entstehende Wasserdämpfe wieder erstickt werden. Die W. haben meist eine geringere Sprengwirkung und explodieren schwierig. Die gebräuchlichste Sorte setzt sich aus 3 Teilen Kieselgurdynamit und 2 Teilen Soda zusammen.

Wetteren, Stadt in der belg. Provinz Ostflandern, an der Schelde und an den Bahnlinien Dendermonde-Gent, Aelst-Gent und an der Nebenbahn Gent-Hamme, hat (1897) 15426 E.; bedeutende Weberei, Pulverfabrik und Flachshandel.

Wetterfahne, s. Windmeßapparate.

Wetterfisch, Süßwasserfisch, s. Schmerlen.

Wetterfreie, s. Bauer, Bauerngut, Bauernstand.

Wetterführung, s. Bergbau.

Wetterglas, volkstümliche Bezeichnung sowohl für das Barometer (s. d.) als für das Baroskop (s. d.).

Wetterhorn, Bergstock der Finsteraarhorngruppe in den Berner Alpen im schweiz. Kanton Bern, erhebt sich südöstlich von der Großen Scheidegg und gipfelt mit drei Spitzen, der Haslejungfrau (3703 m) im NW., dem Rosenhorn (3691 m) im O. und dem Mittelhorn (3708 m); die beiden letztern bestehen aus Gneis, während die schlanke Firnpyramide der Haslejungfrau mit schroffen Kalkwänden abstürzt. Nach N. senkt sich vom W. der Schwarzwaldgletscher hinab; die Firnfelder im O. speisen den Rosenlauigletscher; zwischen W. und Schreckhorn liegt die Mulde des obern Grindelwaldgletschers. Das