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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wiesdorf; Wiese

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Wiesdorf - Wiese

berg, 1853‒55 von Hoffmann aus hellgrauem Sandstein erbaut, mit fünf vergoldeten Kuppeln und dem Grabdenkmal der Herzogin Elisabeth Michailowna (gest. 1845) von Hopfgarten; die Synagoge in maur. Stil (1869) von Hoffmann.

Weltliche Gebäude. Das königl. Residenzschloß, bis 1866 Residenz der Herzöge von Nassau, 1837‒40 unter Herzog Wilhelm von Görz erbaut, 1883 renoviert, mit Standbildern von Schwanthaler und Fresken von Pose; das Palais Pauline im Alhambrastil von Götz (1841‒43), früher herzogl. Witwenresidenz, jetzt im Privatbesitz; das königl. Hoftheater, 1892‒94 von Fellner und Helmer erbaut (s. Tafel: Theater Ⅱ, Fig. 4); das Kurhaus, 1808‒10 von Zais erbaut, mit prächtigem Hauptsaal (40 m lang, 19 m breit); vor demselben die beiden 1825 und 1839 von Zengerle erbauten Kolonnaden, die neuere nach dem Brande 1877 verschönert, mit schönen Kaufläden; das Regierungsgebäude in florentin. Palaststil (1838‒42); das Rathaus (s. Tafel: Rathäuser Ⅰ, Fig. 3) im Spätrenaissancestil (1884‒87) von Hauberrisser, mit Ratskeller (Gemälde von Kögler und Schlitt); das Museum, 1812 von Zais erbaut; die Trinkhalle am Kochbrunnen (1888‒90); das neue Justizgebäude (1894‒96).

Unterrichts- und Bildungsanstalten. Das Gymnasium, Realgymnasium, die Oberrealschule, je zwei höhere Mädchen- und Musikschulen, Gewerbe-, Landwirtschafts-, Blindenschule und mehrere Privatlehranstalten; ferner das Museum, mit röm. und german. Funden (Glasgefäße, Steinbildwerke u. a.), naturhistor. Sammlungen, der Gemäldegalerie des Nassauischen Kunstvereins, der königl. Gemäldesammlung und der königl. Landesbibliothek (90000 Bände); ein Staatsarchiv und ein chem. Laboratorium (Dr. Fresenius).

Die Stadt besitzt ein städtisches Krankenhaus (1882), Feuerwehr, Wasserleitung, Kanalisation (1886‒97), Gasanstalt und Schlachtbank mit Viehhof. Fabrikthätigkeit ist wenig vorhanden. Es bestehen Metallkapselfabrikation, Brauereien und bedeutender Weinhandel. W. ist Sitz der 12. Sektion der Ziegelei-, der 3. der Hessen-Nassauischen Baugewerks- und der 10. der Berufsgenossenschaft der Schornsteinfegermeister des Deutschen Reichs.

Das rasche Aufblühen verdankt die Stadt ihren 30 Mineralquellen; sie haben mit Ausnahme des schwefelwasserstoffhaltigen Faulbrunnens eine Temperatur von 49 bis 69° C. und gehören zu den alkalischen Kochsalzthermen. Sie werden sowohl zum Baden wie zum Trinken, besonders bei Gicht, Rheumatismen, Skrofeln, chronischen Hautausschlägen, Frauenleiden u. s. w. benutzt. Hauptquellen sind der Kochbrunnen (69° C.), der Adlerbrunnen (62°) und die Schützenhofquelle (städtisch, 50°), von welcher der Wilhelmsbrunnen ein Ableger ist. Die Kursaison dauert von April bis Oktober, doch werden die Quellen durch das ganze Jahr gebraucht, und W. wird von vielen Gästen als Winterkurort benutzt (1896: 106511 Kurgäste). Öffentliche Badeanstalten sind die Wilhelmsheilanstalt (1868‒71) für verwundete und erkrankte Krieger, das neue Gemeindebad und das Volksbrausebad. Das großartigste ist das Augusta-Victoria-Bad (1895 eröffnet); ferner bestehen die Kaltwasserheilanstalten Nerothal und Dietenmühle, mehrere heilgymnastische, elektrotherapeutische Anstalten sowie solche für Naturheilmethode und mehrere berühmte Augenheilanstalten.

Umgebung. 3 km nordwestlich von W. der Neroberg (245 m), ein Aussichtspunkt, auf den von der Endstation Beausite der Dampfstraßenbahn eine Drahtseilbahn führt, und 4 km weiter das 1824 erbaute Jagdschloß Platte (501 m), jetzt Eigentum des Großherzogs von Luxemburg, und westlich von W. die Hohe Wurzel (618 m) mit Aussichtsturm.

Geschichte. W. wird schon in röm. Zeit als Mattiacum, seine Quellen als Aquae Mattiaci erwähnt. Ein Rest altröm. Befestigung ist die sog. Heidenmauer (s. d.). Um 1150 kamen Stadt und Gau W. an die Grafen von Nassau, bei der nassauischen Landesteilung von 1255 an die Walramische Linie; 1355 wurde W. mit Idstein Hauptort der Grafschaft Nassau-Idstein. Die Stadt brannte 1547 und 1561 fast ganz ab, hatte im Dreißigjährigen Kriege viel zu leiden und wurde 1644 ganz zerstört. Fürst Georg August von Nassau-Idstein stellte sie 1690 wieder her und befestigte sie. Seit 1744 war sie Regierungssitz des Fürstentums Nassau-Usingen, von 1806‒66 Hauptstadt des Herzogtums Nassau, mit dem sie an Preußen kam.

Vgl. Pagenstecher, W. in mediz.-topogr. Beziehung (Wiesb. 1870); Heyman, Mineralquellen und Winteraufenthalt in W. (ebd. 1875); Otto, Geschichte der Stadt W. (ebd. 1877); ders., Merkerbuch der Stadt W. (ebd. 1882); Roth, Geschichte und histor. Topographie der Stadt W. (ebd. 1883); Kranz, W. und seine Thermen (Lpz. 1884); Ziemssen, Wiesbadener Kurerfolge (ebd. 1885); Spielmann, Waldwanderungen, Führer durch W.s Umgebung (Wiesb. 1890); Pfeiffer, Die Trinkkur in W. (2. Aufl., ebd. 1893); ders., W. als Kurort (4. Aufl., ebd. 1893); Heyl, W. und seine Umgebungen (18. Aufl., ebd. 1895); ders., Wiesbadener Fremdenführer (ebd. 1895); Bossong, Illustrierter Fremdenführer durch W. (3. Aufl., ebd. 1895).

Wiesdorf, preuß. Dorf, s. Bd. 17.

Wiese (Grundstück), s. Wiesen.

Wiese, rechter Nebenfluß des Rheins, entspringt südöstlich vom Feldberge im Schwarzwalde, nimmt rechts die Kleine W. auf, umfließt nördlich und westlich das Hochplateau Dinkelberg, berührt Lörrach, erreicht das Gebiet des Schweizer Kantons Basel-Stadt und mündet zwischen Basel und Hüningen nach 82 km langem Laufe.

Wiese, Ludw., Pädagog, geb. 30. Dez. 1806 zu Herford in Westfalen, studierte zu Berlin Theologie, Philosophie und Philologie, wurde 1829 Lehrer am Friedrich-Wilhelms-Gymnasium zu Berlin, 1831 Konrektor am Gymnasium zu Clausthal, 1833 Prorektor an dem zu Prenzlau, 1838 Professor am Joachimsthalschen Gymnasium zu Berlin, 1845 zugleich Leiter des mit diesem verbundenen Alumnats. 1852 ward er durch Minister von Raumer als Referent für das evang. Gymnasial- und Realschulwesen in das preuß. Unterrichtsministerium berufen; 1867 erhielt er die Aufgabe, das höhere Schulwesen der neuen preuß. Landesteile mit dem der alten Provinzen in organische Verbindung zu setzen. Nachdem 1868 eine Bundesschulkommission bezüglich der an Schulzeugnisse geknüpften Berechtigungen gebildet worden war, wurde W. zu deren Vorsitzendem ernannt, was er auch nach ihrer Erweiterung zur Reichsschulkommission (1871) blieb. Längere Zeit war er auch Mitglied der Militärstudien- und der Oberexaminationskommission für höhere Verwaltungsbeamte. 1875 schied W. mit dem Charakter als Wirkl. Geh. Oberregierungsrat aus dem Staats- ^[folgende Seite]