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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wilhelm Ⅱ.; Wilhelm Ⅲ.

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Wilhelm Ⅱ. (König v. England) - Wilhelm Ⅲ. (König v. Großbritannien u. Irland)

Mann am engl. Hofe, bei einer Seereise durch einen Sturm nach der Normandie verschlagen wurde, erzwang W. von ihm eine eidliche Zusicherung, mit der er seine Aussichten auf den engl. Thron neu befestigte. Jedenfalls zieh er Harold, als dieser nach Eduards Tod 1066 den Thron bestieg, des Eidbruchs und beanspruchte die Krone für sich. Nur mit Mühe gewann W. die Hilfe seiner normann. Großen, um sein angebliches Recht in England geltend zu machen, nach allen Seiten verhandelte er, um von den übrigen Mächten keine Gegenwirkung zu erfahren, er erlangte die Zustimmung des Papstes und dessen Segen und sammelte Truppen aus Frankreich, Flandern und der Bretagne. Einen Einfall des Norwegers Harald Hardraade und eine Empörung von Harolds Bruder Tostig, die diesen nach Norden rief, benutzte W., um 28. Sept. 1066 in Sussex, westlich von Hastings, zu landen. Dem herbeieilenden Harold raubte er 14. Okt. 1066 bei Senlac, in der Nähe von Hastings (s. d.), Krone und Leben, und nur vorübergehend konnte der Versuch gemacht werden, ihm in Edgar, dem letzten Sproß des alten Königshauses, einen Gegenkönig entgegenzustellen. Am Weihnachtsfest 1066 ließ W. sich in Westminster krönen. Von einer wirklichen Eroberung war jedoch nur der erste Anfang vollendet. Nur der kleinere südöstl. Teil Englands gehorchte dem Eroberer, als er für ein halbes Jahr nach der Normandie ging. Ein Aufstand rief ihn zurück; dessen Niederwerfung benutzte er 1068 zur Befestigung und Vergrößerung seines Machtbereichs, indem er mit grausamer Erbarmungslosigkeit den Norden Englands heimsuchte, der Dänen und Schotten gegen W. zur Hilfe herbeigerufen hatte. 1070 war mit der Bezwingung Chesters das Werk vollendet, und es begann nun eine völlige Neuordnung des Staates, indem W. auf der Grundlage des alten angelsächs. Reichs ein autokratisches Königtum errichtete und ein streng durchgeführtes feudales Lehnssystem begründete. Um die gesamte Grundverteilung und damit die Leistungsfähigkeit der einzelnen Vasallen für seinen Dienst festzustellen, ließ er eine bis ins einzelne gehende Besitzaufnahme veranstalten, die in dem Domesdaybook (s. d.) niedergelegt wurde.

Die Erwartungen, die der Papst von W. gehegt hatte, erfüllte er nur zum Teil. Wohl wurde die Kirche enger an Rom gebunden, ihre Gesetze von der Ehelosigkeit der Geistlichen durchgeführt, aber weit entfernt war W., die von Gregor geforderte Huldigung für sein Reich zu leisten, oder nur die Herrschaft über Bischöfe und Klerus aus der Hand zu geben. Dennoch hatte er mit der Zulassung röm. Einflusses in sein ganzes System eine Bresche gelegt, die unter seinem gewaltigen Regiment keine weitern Folgen hatte, durch die es aber ein Jahrhundert später zu einem entscheidenden Kampf zwischen Königtum und Kirche kommen sollte.

Seine Kraft hatte W. noch öfter gegen die eigenen Barone zu erproben. In der Normandie suchte sein ältester Sohn Robert auf Anstiften König Philipps Ⅰ. von Frankreich die Herrschaft an sich zu reißen, wurde aber nach mehrjährigem Krieg 1080 besiegt. Mit Strenge hielt er die unzufriedenen Angelsachsen nieder, mit Glück focht er gegen Malcolm Ⅲ. von Schottland, wie auf dem Festland gegen Frankreich. Im franz. Kriege erlitt er durch einen Unfall mit seinem Pferde eine innere Verletzung, an der er 7. Sept. 1087 zu Rouen starb. W. war seit 1053 vermählt mit Mathilde, der Tochter Balduins von Flandern. Sein ältester Sohn Robert folgte ihm in der Normandie, der zweite, Wilhelm, in England, sein jüngster Sohn war der spätere Heinrich Ⅰ. W. war eine der hervorragendsten Erscheinungen seiner Zeit. Wie er sich in der Schlacht als Mann von hervorragender Körperkraft und wildester Tapferkeit bewies, so zeigte er sich später als staatsschaffender Genius, der seinesgleichen in der Weltgeschichte sucht.

Vgl. Freeman, History of the Norman Conquest, Bd. 4 (Lond. 1868); ders., William the Conqueror (ebd. 1888); Green, The conquest of England (ebd. 1884); Thierry, Histoire de la conquête de l’Angleterre par les Normands (4 Bde., Par. 1825 u. ö.); Lappenberg, Geschichte von England, Bd. 2 (Hamb. 1837); Pauli, Die Politik W. des Eroberers (in «Bilder aus Alt-England», 2. Aufl., Gotha 1876).

Wilhelm Ⅱ., der Rote (Rufus), König von England (1087‒1100), zweiter Sohn des vorigen, folgte diesem in England, während der älteste Sohn Robert die Normandie erbte. Die anglonormann. Großen, denen die Teilung des Reichs und besonders die Persönlichkeit des willensstarken zweiten Sohnes unwillkommen war, verbündeten sich mit Robert gegen ihn, wurden aber von W., auf dessen Seite die alte angelsächs. Bevölkerung stand, niedergehalten. Er sicherte die Grenzen gegen Schottland und Wales und warf die Empörungen im Innern nieder. Seine Tyrannei und Habgier ließ er alle Unterthanen und auch die Kirche fühlen, so daß die Erbitterung gegen ihn schließlich allgemein wurde. Am 2. Aug. 1100 fand man W. bei einer Jagd in New-Forest tot mit einem Pfeil in der Brust. Wer ihn getötet, blieb unbekannt. Im folgte sein jüngerer Bruder Heinrich Ⅰ. – Vgl. Freeman, The reign of William Rufus and the accession of Henry Ⅰ. (2 Bde., Oxf. 1882).

Wilhelm Ⅲ. von Oranien, König von Großbritannien und Irland (1689‒1702), seit 1674 Erbstatthalter der Niederlande, geb. 14. Nov. 1650 im Haag als Sohn des Statthalters Wilhelm Ⅱ. (s. d.), der kurz vor der Geburt des Sohnes starb, und der Tochter Karls Ⅰ. von England, Marie, hatte von Kindheit auf unter der Eifersucht des niederländ. Bürgeradels gegen das Haus Oranien zu leiden und wurde, seit 1661 ganz verwaist, engherzig unter strengster Aufsicht der Stände erzogen. In diesem Zwang einer freudlosen Jugend wurde er ernst, zurückhaltend, früh zum Manne gereift, dabei mit ganzer Seele dem calvinistischen Bekenntnis ergeben. Schon 1667 hatte die republikanisch-ständische Partei, an ihrer Spitze der Großpensionär de Witt, den Beschluß durchgesetzt, daß kein künftiger Generalkapitän zugleich Statthalter sein könne, wodurch der Prinz die Aussicht auf eine der beiden Würden verlor. Als jedoch 1672 die Niederlande vor der Macht des eroberungslustigen Ludwig ⅩⅣ. erlagen, da rief die Not der Zeit 4. Juli den jugendlichen Oranier als Statthalter, Generalkapitän und Großadmiral an die Spitze des Staates. Seiner Thatkraft gelang es, dem Krieg eine glückliche Wendung zu geben, so daß ihm 1674 die erbliche Statthalterwürde übertragen wurde. Von diesem ersten Augenblick seines öffentlichen Handelns an wurde er vor die Aufgabe gestellt, die er bis zu seinem Tode verfolgt hat: Europa vor der Eroberungspolitik Ludwigs ⅩⅣ. zu schützen.

Im J. 1677 weilte er in England, hier wurde seine Vermählung mit Maria, der ältesten Tochter