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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wilhelm Ⅳ.

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Wilhelm IV. (König von Großbritannien und Irland)

des Herzogs von York, des spätern Jakob Ⅱ., geschlossen. Er hoffte endlich auch England der gemeinsamen Sache zu gewinnen, als die gewandte Diplomatie Ludwigs 1678 den Frieden von Nimwegen zu stande brachte, der Hollands Bestand sicherte, aber Spanien und den Kaiser zu Abtretungen nötigte. Die Hoffnungen, die W. auf England gesetzt hatte, trogen vollständig; besonders seitdem 1685 der kath. Jakob Ⅱ. den Thron bestiegen hatte, der sich noch enger der franz. Politik anschloß. Noch brachte W. 1686 ein Verteidigungsbündnis in Augsburg gegen Ludwig ⅩⅣ. zwischen dem Kaiser, Spanien und Schweden zusammen, vor allem trat er aber, während Ludwig aufs neue rüstete, mit den Unzufriedenen in England gegen seinen Schwiegervater Jakob Ⅱ. in Verbindung. Am 5. Nov. 1688 landete er mit einem niederländ. Geschwader in Torbay und 18. Dez. zog er in London ein, worauf Jakob nach Frankreich entfloh. Die versammelten Peers übertrugen W. die vorläufige Regentschaft, und ein 22. Jan. 1689 zusammentretendes Konventionsparlament erhob 13. Febr. ihn und seine Gattin Maria zu gleichem Recht auf den für erledigt erklärten Thron. Im April geschah das Gleiche in Schottland. Die Verfassungsgrundlage des thatsächlich von W. allein vor wie nach dem Tod seiner Gattin (1694) ausgeübten Regiments war die Declaration of rights (s. d.), auf der sich fortan die Parlamentsherrschaft weiter entwickelte; der Größe des Oraniers allein ist es beizumessen, daß es ihm trotz aller Hinderungen gelang, noch einmal seine persönliche Politik zur Geltung zu bringen.

Sofort führte er England seiner großen Aufgabe in Europa zu, und durch seinen, Hollands und Savoyens Beitritt wurde das Augsburger Bündnis zu der großen Wiener Allianz von 1689 erweitert. Gegen W. unterstützte Ludwig ⅩⅣ. den von Irland aus seine Herstellung erstrebenden Jakob Ⅱ., 1690 wurde dieser jedoch an der Boyne (s. d.) geschlagen, und nach der vollen Unterwerfung Irlands trat W. 1691 in den Krieg gegen Frankreich ein. Immer war er jedoch im Felde wenig glücklich; während die engl.-niederländ. Flotte bei La Hague siegreich war, unterlag er bei Steenkerke (1692), später bei Neerwinden (1693); dennoch wußte er stets die Ausnutzung des Sieges durch den Gegner zu verhindern und sich zu behaupten. Ihm selbst brachte 1697 der Friede von Ryswijk die Anerkennung seines Königtums durch alle Mächte.

Wie W. im Anfang seiner Regierung die Erhebung Jakobs in Irland hatte niederwerfen müssen, so hatte er eine gleiche von dessen Anhängern, den Jakobiten in Schottland, zu bekämpfen, und 1696 vereitelte man eine Verschwörung in England, die W.s Ermordung zum Ziel hatte. Auch sie ging von der Umgebung Jakobs aus, der in St. Germain Hof hielt; der Erfolg war nur die engere Verbindung des engl. Königs mit Englands Volk und Parlament. Dennoch besaß W. niemals eine dauernde Volkstümlichkeit, er blieb immer ein Ausländer, dem man nie ganz vertraute und der sich in England nie ganz heimisch fühlte. Das Verhältnis zu den Parlamenten wechselte mit diesen, und immer schwieriger ward die innere Stellung zwischen den beiden hadernden Parteien der Whigs und Tories. Dennoch brachte seine Regierung auch die größten Errungenschaften im innern Staatsleben, die Regelung des Steuer- und Finanzwesens, die Unabsetzbarkeit der Richter, Regelmäßigkeit der Parlamentsberufung, die denkwürdige Gründung der Bank von England (1693) und für die Landesverfassung die Act of settlement (s. d.) von 1701, diese letzte engl. Verfassungsurkunde.

Kurz vor seinem Ende war es ihm vergönnt, noch einmal England und Europa gegen das neue Ausgreifen franz. Machtpläne in der span. Erbschaftsfrage waffnen zu können. 1698 und 1700 hatte er in den Teilungsverträgen teilweise den Ansprüchen Ludwigs auf das span. Erbe nachgeben müssen, aber als 1700 der Erbfall eintrat, nötigte er in einem meisterhaften diplomat. Feldzug von 1701 das kriegsmüde Europa zum Spanischen Erbfolgekrieg gegen die drohende ungeheure Übermacht der Bourbonen. Die letzte Hand wollte der Oranier an seine Lebensaufgabe legen, als sein immer schwächlicher und kränkelnder Körper 19. März 1702 einem tödlichen Fieber erlag. Unter W. war England mit verjüngter Verfassung und Verwaltung in eine neue Zeit eingetreten, er hat dem franz. Eroberer von Europa das entscheidende Halt zugerufen, weniger durch seine Erfolge auf dem Schlachtfelde als durch die unvergleichliche Führung der diplomat. Geschäfte und durch die meisterhafte Ausnutzung jedes Vorteils.

Vgl. Ranke, Engl. Geschichte vornehmlich im 17. Jahrh., Bd. 6 (3. Aufl., Lpz. 1878); von Noorden, Europ. Geschichte im 18. Jahrh., Bd. 1 (Düsseld. 1870); ders. in seinen «Histor. Vorträgen» (hg. von Maurenbrecher, Lpz. 1884); Macaulay, History of England, Bd. 3 (Tauchnitz edition); P. L. Müller, W. von Oranien u. s. w. (2 Bde., Haag 1873 u. 1880); Traill, William Ⅲ. (Lond. 1888).

Wilhelm Ⅳ., König von Großbritannien und Irland sowie König von Hannover (1830‒37), geb. 21. Aug. 1765 in Windsor als dritter Sohn Georgs Ⅲ., wurde 1778 Seekadett, nahm 1780 und 1781 im nordamerik. Kriege an mehrern Seegefechten teil, besuchte die westind. Gewässer, erhielt 1785 Lieutenantsrang und befehligte 1786 auf der Station der Inseln unter dem Winde die Fregatte Pegasus. Nach der Heimkehr erhielt er 1788 den Titel eines Herzogs von Clarence und Saint-Andrews und eines Grafen von Munster. Als 1789 ein Krieg mit Spanien drohte, wurde er Schiffskommandant und 3. Dez. Konteradmiral. In den Napoleonischen Kriegen erhielt er kein Kommando. Seit 1827 durch Cannings Einfluß Großadmiral des Reichs, kam er mit dem Toryministerium Wellington in Zwiespalt und nahm schon 1828 seine Entlassung. Am 26. Juni 1830 folgte er seinem Bruder Georg Ⅳ. auf dem Thron und berief im November ein Whigministerium Grey, unter dem 1832 die lange umstrittene Parlamentsreform (s. Reformbill) Gesetz wurde. Vorübergehend vertraute er 1834 den Tories unter Peel und Wellington die Staatsleitung, und zwar im ausgesprochenen Gegensatz gegen die Unterhausmehrheit, mußte aber 1835 wieder einen Whig, Melbourne, ins Amt rufen, womit der letzte Versuch gegen die Parlamentsmehrheit zu regieren, scheiterte. Die Parlamentsreform, die neue Städteordnung, die Kämpfe um die irische Kirchen-, Zehnten- und Städtebill, die Verwicklungen in Canada machten die Regierung W.s zu einer viel bewegten und bedeutungsvollen. Auch Hannover erhielt unter ihm 26. Sept. 1833 sein neues Staatsgrundgesetz. Als er 20. Juni 1837 starb, folgte ihm in Hannover sein Bruder Ernst August, in England seine Nichte Victoria. W. war seit 11. Juli 1818 vermählt mit Prinzessin Adelheid von Sachsen-Meiningen